Folia Canonica 8. (2005)

STUDIES - Matthias Pulte: Die Instruktion des päpstlichen Rates zur Interpretation der Gesetzestexte, Dignitas Connubii vom 25.1.2005 - die neue EPO zum CIC/1983

DIGNITAS CONNUBII 133 sierung fehlen auch. Muss also der diözesane Richter die veröffentlichten Urtei­le der Rota Romana auf solche Regeln durchforsten? Kann da überhaupt eine si­chere und umfassende Erkenntnis aus der Spruchpraxis dieses Gerichts gewon­nen werden, da ja gar nicht alle Urteile veröffentlicht sind? Damit bleibt offen, ob die traditionellen Regulae hiris in Sexto auch weiterhin als vertretbare Bei­spiele für Rechtsvermutungen in Ehesachen taugen.28 Außerdem bleibt unklar, ob bei Zuwiderhandlung das Urteil an einer Nichtigkeit leidet oder welche Rechtsfolge das Verbot überhaupt nach sich zieht. Die in den cc. 1620 und 1622 enthaltenen Nichtigkeitsgründe decken dieses Vetitum jedenfalls nicht. So bleibt Art. 216 § 2 DC ein zahnloser Tiger. 3. Der Instanzenzug In der Erwartung der nun vorliegenden Instruktion ist viel über den Instan­zenzug spekuliert worden. Wird die römische Kurie vor allem dem aus den jun­gen Kirchen und den amerikanischen Diözesen vorgetragenen Wunsch auf Ver­zicht nach der Pflichtberufung Rechnung tragen und die Sondemormen für eini­ge Teilkirchen aus den 1970er Jahren wieder in Kraft setzen? Unter besonderer Bezugnahme auf die aequitas canonica (c. 221 § 2) bleibt DIGNITAS CONNUBII zur Enttäuschung einiger Kanonisten und zur Erleichterung der anderen in den Artt. 263-289 DC sowohl bei der kollegialen Besetzung der Spruchkörper als auch beim zweifachen Instanzenzug und in den Artt. 290-294 DC beim Grund­satz der duplex sententia conformis. Beides erscheint der Bedeutung des zu judi- zierenden Gegenstandes zu entsprechen, den ihr die Kirche zuerkennt. Rechtst­heoretisch weniger klar ist das aber bezüglich der Entscheidung, ordentliche Eheverfahren immer von Kollegialgerichten entscheiden zu lassen. 4. Die Dekretbesläligung Dabei reicht nach Art. 291 § 2 DC in der 2. Instanz eine Urteilsbestätigung durch äquivalente Konformität aus, wenn es lediglich hinsichtlich der rechtli­chen Bewertung des Sachverhaltes aufgrund desselben Beweismaterials zwi­schen den Instanzen unterschiedliche Wertungen gibt. Das ist z.B. der Fall, wenn die 1. Instanz bei einer Partialsimulation gern. c. 1101 § 2 auf Ausschluss derUn- auflöslichkeit, die 2. Instanz aber auf Ausschluss der ehelichen Treue erkennt. 28 Cf. K. Lüdicke, in MKCIC, c. 1586, Rdn. 5. Cf. z.B. VIII. Semel malus semper praesu­mitur esse malu (Wer einmal schlecht ist, dem ist zu unterstellen, dass er auch weiter schlecht sei). XX. Nullus pluribus uti defensionibus prohibetur. (Niemand ist es verboten, sich zu ver­teidigen, c. 1482 § 2). XXI. Quod semel placuit amplius displicere non potest. (Was einmal gefallt, kann später nicht missfallen). XLIII. Qui tacet consentire videtur. (Wer schweigt, stimmt zu). XLIV. Is qui tacet non fatetur sed nec utique negare videtur. (Wer schweigt ge­steht nicht, aber bestreitet auch nicht.)

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