Folia Canonica 6. (2003)

STUDIES - Helmuth Pree: Die politische und gewerkschaftliche Betätigung geistlicher Personen im CIC (1983) und im CCEO (1990)

26 HELMUTH PREE eine Teilhabe an der Ausübung weltlicher Gewalt mit sich bringen59. Die Norm erfasst außerdem alle Religiösen60 als solche sowie die Mitglieder von Gesell­schaften des apostolischen Lebens, welche ja an die allgemeinen Klerikerpflich­ten gebunden sind, „nisi ex natura rei vel ex contextu sermonis aliud constet” (can. 739 CIC).61 Säkularinstitute sind von ihrer Stellung „in saeculo” her von der Pflicht nicht erfasst.62 Die Pflicht (Verbot) wendet sich an die Kleriker und Ordensangehörigen im umschriebenen Umfange unabhängig von ihrem konkreten Einsatzgebiet und Charisma (Seelsorge, Apostolat, kontemplatives Leben usf.). So wie die priesterli- che Existenz unteilbar ist, da sie den ganzen Menschen erfasst, so dass nicht etwa zwischen Beruf und Privatsphäre getrennt werden darf63, so trifft dies analog auf die Lebensweihe der Religiösen zu.64 Deshalb können sie derartige Ämter gemäß can. 285 §3 CICI can. 381,1° CCEO nicht unter Berufung auf ihre Privatsphäre oder ihre zivilen Rechte gemäß can. 227 CICI402 CCEO beanspruchen.65 b) Inhalt und Reichweite der Pflicht Das generalklauselartig umschriebene Verbot erstreckt sich auf alle öffentli­chen66 Ämter nichtkirchlicher Art, die mit weltlicher, d. h. staatlicher (ein­schließlich der kommunalen und sonstigen Selbstverwaltungskörperschaften) und überstaatlicher67 Hoheitsgewalt ausgestattet sind, sei es, dass es sich um ge­setzgebende, um verwaltende oder richterliche Funktionen handelt.68 59 „Officia publica, quae participationem in exercitio civilis potestatis secum ferunt, clerici assumere vetantur” (can. 285 §3 CIC). Can. 381,1° CCEO ist inhaltlich identisch. 60 Can. 672 CIO can. 427 CCEO. 61 Im CCEO wird diese Frage von vornherein dem ius particulare überlassen: can. 572 CCEO. 62 Vgl. can. 711 CICI cm. 563 §1,4° CIC. 63 Vgl. Bischofssynode 1971 über das Amtspriestertum (Anm. 35)913. 64 Vgl. can. 607 §§1 und 3 C/C; Vat II PC passim; LG 43-47; Nachsynodales Apostolisches Schreiben „Vita consecrata” vom 25.3.1996 über das geweihte Leben und seine Sendung in Kirche und Welt (passim); vgl. B. Prtmetshofer, Ordensrecht, Freiburg i.B. 42003,26 f. 65 Dadurch wird die Privatsphäre und die Zivilsphäre der betroffenen Personen nicht unge­bührlich oder unverhältnismäßig beschränkt. Vielmehr handelt es sich um eine sachlich mit der Berufung verbundene, theologisch fundierte Konsequenz. In ähnlicher Weise unterliegen auch im staatlichen Recht Angehörige bestimmter Berufsgruppen wie z. B. Beamte, analogen Beschränkungen. 66 publica” ist hier weder im Sinne von faktischer Öffentlichkeit als Gegenbegriff zu „ge­heim” bzw. „unbeweisbar” (wie etwa in can. 1073 CIC) noch im Sinne von gesellschaftlicher Öffentlichkeit (im Unterschied zur staatlichen Öffentlichkeit), sondern im Sinne von „staat­lich” (einschließlich der Sphäre des Völkerrechts bzw. internationalen Rechts) zu verstehen. 67 Auch das internationale Recht kennt ähnliche Funktionen. Ganz besonders trifft dies auf supranationale Organisationen zu, in denen Einzelstaaten auch ohne deren Zustimmung ver­pflichtetwerden können. So sindz. B. der Rat und die Kommission gemäß EU-Recht Hoheits­träger mit bestimmten Anordnungs- und Entscheidungsbefugnissen, mit entweder unmittel­barer Bindewirkung für die EU-Bürger (Verordnungen) oder für die betroffenen Mitglieds-

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