Folia Canonica 6. (2003)

STUDIES - Rita Ferenczy - Szabolcs Anzelm Szuromi: Die kirchliche Ehe als staatlich anerkannter Ehebund? - Kritische Bemerkungen aus rechtgeschichtlicher, zivil- und kirchenrechtlicher Sicht

108 RITA FERENCZY - SZABOLCS ANZELM SZUROMI Der am 25. Januar 1983 promulgierte Codex Iuris Canonici enthält in mehre­ren Teilen Regeln über die Familie, z.B. über die Macht der Eltern oder der Vor­munde über die Kinder (das entspricht der gesetzlichen Vertretung im Zivilrecht und wird im Teil der Personenrechte behandelt); über die Pflichte der in der Ehe lebenden, besonders über die Erziehung der Kinder als Recht und schwerwie­gende Verpflichtung; die Lehre des Lehramtes über die Einheit, Beständigkeit und die Aufgaben der Familie; über die Pflichten der Eltern im Zusammenhang mit der Taufe der Kinder; als Spezifisches über die Vertretung der Kinder im Pro­zess; über die Wirkungen des Ehebruches auf das Zusammenleben in der Ehe. Das Kirchenrecht aber beschäftigt sich mit der Familie nicht in einer einheitli­chen Konzeption, sondern innerhalb seines eigenen Systems, im Bezug auf die einzelnen geregelten Gebiete (z.B. das Pflicht und Recht der Eltern auf die ange­messene Erziehung der Kinder im Teil der Regeln über die Christgläubigen, über die gesetzliche Vertretung der Kinder vor dem Gesetz unter den allgemeinen Normen bei den Rechten der Personen, ihre Vertretung im Prozess im Prozess­recht u.s.w.) Die fundamentalen Eigenschaften der katholischen Ehe sind die Einheit und die Unauflösbarkeit28, sowohl äusserlich als innerlich. Das bedeutet, daß die Parteien aus ihrem eigenen Willen nicht fähig sind, die Ehe aufzulösen, aber sie kann auch von keiner menschlichen Autorität gelöst werden.29 Eben darum ge­nießt die Ehe Rechtsbegünstigung, das bedeutet, daß man sie für gültig hält, bis das Gegenteil bewiesen wird. Die kirchliche Ehe kommt durch die in der gesetz­lichen Form geäußerten Zustimmung der dazu fähigen Parteien zustande30. Das Recht zur Ehe ist vom Naturrecht abgeleitet, aber kann durch das positive Gesetz begrenzt werden (z.B. Ehehindemisse rein kirchenrechtlicher Natur), dafür ist in der Kirche die oberste kirchliche Autorität zuständig. Die Ehe der Katholiken wird, auch wenn nur eine der Parteien katholisch ist, außer vom göttlichen Recht auch vom Kirchenrecht geregelt, und in Hinsicht auf die rein zivilen Folgen der Ehe von der zivilen Behörden. Das Kirchenrecht betrachtet die Ehe von Katholi­ken, die zur kirchlichen Eheschließungform verpflichtet sind und nur eine zivile Ehe schließen, als nicht existierend, wobei auch der äußere Schein der Gültigkeit fehlt. Als“in kanonischer Form geschlossene Ehe“ wird diejenige Ehe bezeich­net (nach C. 1108 § 1), die unter Mitwirkung des teritorrial zuständigen Ordina­rius (im allgemeinen des Diözesanbischofs)31 oder des Pfarrers geschlossen 28 C. 1056. vgl. V. Fagiolo, Le proprietà essenziali dei matrimonio in Monitor Ecc­lesiasticus 117 (1993) 144-178. 29 Die konsummierte sakramentale Ehe ist im strengsten Sinne äusserlich unauflösbar. 30 C. 1057. 31 Nach dem Kirchenrecht ist Ordinarius, wer mindestens gewöhnliche exekutive Autorität hat.

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