Folia Canonica 6. (2003)
STUDIES - Rita Ferenczy - Szabolcs Anzelm Szuromi: Die kirchliche Ehe als staatlich anerkannter Ehebund? - Kritische Bemerkungen aus rechtgeschichtlicher, zivil- und kirchenrechtlicher Sicht
106 RITA FERENCZY - SZABOLCS ANZELM SZUROMI 4. Was können wir in Kenntnis des rechtgescliichtlichen Hintergrundes über die heutige Rechtssituation in Ungarn sagen? Im gültigen ungarischen Recht, dem IV. Gesetz vom 1952 über die Ehe, die Familie und Vormundschaft sagt dessen § 2 über die Eheschließung folgendes: “(1) Die Ehe kommt zustande, wenn die gemeinsam anwesenden Ehe- schliessenden vor dem Personenstandsbeamten persönlich aussagen, daß sie miteinander Ehe schliessen. (2) Der Personenstandsbeamte schreibt nach der Proklamation die Eheschließung in das Eheregister ein“. Die Eheschließung geschieht also in der Weise, wie es das eherechtliche Denken immer gefordert und wie es das Konzil von Trient 1563 geregelt hat. Es sind die Parteien selbst, die die familienrechtliche Rechtsbeziehung ins Leben rufen, vor einem qualifizierten (vom Staat bestimmten) und zwei von ihnen selbst gewählten Zeugen. Es ist also im rechtlichen Sinn nicht davon die Rede, daß die Eheparteien in der zivilen Ehe vonjemandem uniert werden, sondern die Parteien selbst schließea miteinander die Ehe. Der Personenstandsbeamte ist als amtlicherZeuge und als Notar beim Zustandekommen des rechtlichen Aktes anwesend. Selbst das Familienrechtgesetz und dessen aktuell gültiger Text spricht kein Wort über die kirchliche Ehe, es kennt keine Rangfolge zwischen der zwei Zele- brationen, gegen den ursprünglichen Text der rechtskräftigen Verordnung in Gesetzesrang, dessen Art. 1 § 48 Geistlichen (oder jegliche andere ähnliche Rechte inhabende Person) wegen Übertretung mit 6 Monaten Gefängnis bedroht hatte, der ohne Nachweis der vor Personenstandsbeamten zustandekommenen Ehe bei einer kirchlichen Eheschließung mitwirkt (was eine strengere Strafe ist als die Geldstrafe nach HT, oder 2 Monate Gefängnis für Wiederholungstäter). Die einzige Ausnahme von der Regelung gab es im Fall einer eine der Parteien bedrohenden tödlichen Krankheit. Diese Verordnung war bis 1. VII. 1962 gültig, das 10. Gesetz vom Jahre 1962 hat sie außer Gültigkeit gesetzt. 5. Das staatliche Recht attribuiert seit 1894 der nach religiöser Feier geschlossenen Ehe im wesentlichen keine rechtliche Wirkung: solch eine Beziehung gilt nach Standpunkt des Staates höchstens als Lebensgemeinschaft, nicht als Ehe. Warum? Nach § 1 des Familiengesetzes ist es “das Ziel des Gesetzes über die Ehe, die Familie und Vormundschaft, die Institutionen der Familie und der Ehe gemäss der Verfassung der Ungarischen Republik zu regeln und zu schützen, in der Ehe und im Familienleben die Gleichberechtigung der Eheleute zu sichern, die Verantwortung für die Kinder zu fordern, bei der Entwicklung und Erziehung der Jugend zu helfen“ Der Hinweis auf die Verfassung bedeutet hier nicht nur die Paragraphen, die sich ausgesprochen mit der Ehe und der Institution der Familie beschäftigen (§ 15; Art. 2 § 66; § 67), sondern alle Punkte der Konstitution. So
