Folia Canonica 5. (2002)
BOOK REVIEWS
308 BOOK REVIEWS überzeugt sein, daß sie ihre rechtmäßigen liturgischen Bräuche und die ihnen eigene Ordnung bewahren dürfen und müssen, es sei denn, daß aus eigenständigem und organischem Fortschritt Änderungen eingeführt werden sollten. Über das alles sollen also die Orientalen selbst mit größter Gewissenhaftigkeit wachen.“ Artikel 9 betont: „Die Patriarchen bilden mit ihren Synoden die Oberbehörde für alle Angelegenheiten des Patriarchates“ und bestimmt, „daß ihre Rechte und Privilegien nach den alten Traditionen einer jeden Kirche und nach den Beschlüssen der Ökumenischen Konzilien wiederhergestellt werden sollen.“ P. Dietmar Schon untersucht in seiner Dissertation Der CCEO und das authentische Recht im christlichen Orient von 1998 das den katholischen Ostkirchen gemeinsame Recht des CCEO in Hinblick auf die Vorgaben des II. Vaticanums und überprüft die Stimmigkeit anhand der Traditionen von sechs katholischen Ostkirchen. „Keine Rechtsreform beginnt mit einem leeren Blatt Papier. Vielmehr bestimmt die zu reformierende Rechtslage die Reformarbeit immer mit, weil die Maßstäbe einer Erneuerung aus den Unzulänglichkeiten der bisherigen, gewachsenen Ordnung gewonnen.werden.“ (S. 19) Mit dieser rhetorisch gelungenen Einleitung beginnt P. Dietmar Schon sein erstes Kapitel, in dem er die historischen Entwicklungslinien auf dem Weg zum CCEO - beginnend mit dem Vorfeld des I. Vaticanum über vier einschlägige Motu Proprio Pius XII. bis zur Zeit nach dem II. Vaticanum - zeichnet. Dabei streicht er heraus, daß die Diskussion, die schon im Vorfeld des I. Vaticanums geführt wurde - nämlich ob ein gemeinsamer Kodex für Ost und West oder je ein Kodex für Ost und West oder gar so viele Kodizes wie Kirchen geschaffen werden sollen - auch nach dem II. Vaticanum geführt wurde. Durch den Nachweis der Ähnlichkeit in der Argumentation vor und nach den Vorgaben des II. Vaticanums läßt P. Dietmar Schon seine Leser bereits im ersten Kapitel vermuten, daß er zu dem Schluß kommen wird, der CCEO werde den Vorgaben des Konzils nicht voll umfänglich gerecht und stelle daher auch keineswegs authentisches Recht des christlichen Orients dar. Die nachvollziehbare Beweisführung wird mit Spannung erwartet. Das zweite Kapitel beschäftigt sich mit der Frage der Annahme einer Rechtsgemeinsamkeit aller katholischen Ostkirchen. Diese Annahme wurde im Lauf der Kodifizierungsarbeiten dahingehend entfaltet, ein gemeinsames Substrat der Rechtsquellen stelle dar, was im can. 1 des II. Nizänums - unter Berufung auf can. 2 des Quinisextums - aufgelistet ist. Wurzeln zum Gedanken dieser Rechtsgemeinsamkeit weist P. Dietmar Schon in das Vaticanum I. vorbereitenden Materialien nach, differenziert wird aufgezeigt, daß es - ungeachtet der Grundsätze des II. Vaticanums zur Vielfalt der (Rechts-)überlieferungen und ungeachtet der Zweifel an einer Rechtsgemeinsamkeit, die P. Dietmar Schon aus verschiedenen Beiträgen zitierend darstellt - zu einer Kontinuitätsbildung der Idee einer Rechtsgemeinsamkeit gekommen ist.