Folia Canonica 4. (2001)
STUDIES - Helmut Pree: Nichtterritoriale Strukturen der hierarchischen Kirchenverfassung
NICHTTERRITORIALE STRUKTUREN 23 heiten. Als Beispiele seien genannt:10 Die Jurisdiktionsvollmachten bestimmter Orden bzw. Ordensoberer etwa auf Grund von Exemtionsprivilegien oder kraft allgemeinen Rechts (vgl. c. 615 C/C/1917); die Vollmachten von Militärseelsorgern11 und später (ab Beginn des 20. Jh.) von Militärvikariaten bzw. Militärordinariaten als eigengeprägter, stabiler kirchlicher Strukturen - zunächst in Form päpstlichen Partikularrechts (jeweils mit ordentlicher bischöflicher Jurisdiktion, kumulativ zu jener der Ortsordinarien), ab der Instruktion der S. C. Consistorialis Sollemne semper vom 23.4.1951 in universalrechtlicher Form.11 12 Darüber hinaus sei auf die außerhalb des C/C/1917 entwickelten besonderen Seelsorgeformen für verschiedene Migrationsphänomene, namentlich Tourismus, Luft- und Seefahrt, Studenten, Verkehr, Flüchtlinge, Emigranten, Nomaden, Zirkusleute und Schausteller, hingewiesen - exemplarisch auf die Ap. Konst. Apostolatus Maris (1922) sowie auf die Ap. Konst. Pius’ XII. Exsul Familia (1952),13 welche besonders auf unterdiözesaner Ebene zur Ausbildung von Ämtern, aber auch seelsorglich-jurisdiktioneller Einheiten geführt haben. Nicht zuletzt verdienen die überwiegend auf teilkirchlicher Ebene eingerichteten personal orientierten lateinischen Ordinariate für Gläubige eines orientalischen Ritus ohne eigene Hierarchie im betreffenden Gebiet Erwähnung, deren Rechtsform aus der Rechtspraxis des Ap. Stuhles (Kongregation für die orientalischen Kirchen) ab Beginn des 20. Jahrhunderts neben dem C/C/1917 erwachsen ist.14 Alle diese neben dem Territorialitätsprinzip entstandenen Sonderformen kirchlicher Gliederung stehen in kontinuierlicher Weiterentwicklung. Fasst man nur die personalbestimmten Sonderformen ins Auge, so bestehen derzeit in der Weltkirche: 20 Apostolische Exarchate und Ordinariate für Gläubige eines orientalischen Ritus; 1 Personalprälatur; 33 Militärordinariate; 0 (keine) Personaldiözese.15 11 Die Vollmachten waren durchwegs vom Papst gewährte Fakultäten. Als ältestes einschlägiges Dokument gilt das Breve Innozenz' X. (1645) Cum sicut maiestatis tuae. Ausführlich hierzu und zur rechtshistorischen Entwicklung der Militärseelsorge: T. Olsen, Die Natur des Militärordinariats. Eine geschichtlich-juridische Untersuchung mit Blick auf die Apostolische Konstitution „Spirituali Militum Curae”, Berlin 1998, hier: 37-71. 12 E. Baura, Legislazione sugli Ordinariati Castrensi, Milano 1992, 3 f. 13 Vgl. G. HOLKENBRINK, Die rechtlichen Strukturen für eine Migrantenpastoral. Eine rechtshistorische und rechtssystematische Untersuchung, Vatikanstadt 1995; S. J. Leder- HILGER, „Es gibt in der Kirche keine Fremden”. Die Seelsorge an Menschen unterwegs aus der Sicht des Kirchenrechts, in C. MlRABELLI u.a. (Hg.), Winfried Schulz in memoriam. Schriften aus Kanonistik und Staatskirchenrecht, Frankfurt am Main 1999, 435—453 ; V. De Paolis, La pastorale dei migranti nelle direttive della Chiesa: percorsi di comunione interculturale, in Monitor Ecclesiasticus 116 (1991) 195-225. 14 Vgl. J. I. Arrieta, Diritto dell' organizzazione ecclesiastica, Milano 1997, 365 f. F. J. Ramos weist darauf hin, dass im Zuge der Schaffung seelsorglicher Sonderformen in Amerika in der 2. Hälfte des 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts nur Personalpfarreien, nicht jedoch Personaldiözesen errichtet worden sind: F. J. Ramos, La delimitazione delle Chiese particolari (can. 372), 'm Angelicum 77 (2000) 299-336, 304. 15 Annuario Pontificio 2000, 1044-1058. Vgl. Anm. 53.