Folia Canonica 3. (2000)

STUDIES - Peter Landau: Die Canones Apostolorum im Abendländischen Kirchenrecht, insbesondere bei Gratian

36 PETER LANDAU wie bei seinen übrigen im Dekretbuch verarbeiteten Texten auf dieselben Sammlungen zurückgriff, die er auch sonst zugrundelegte. Es sind dies nach einer von mir zuerst 1984 entwickelten These fünf Sammlungen: Panormie, Tripartita, Anselm von Lucca, Polykarp, die Drei-Bücher-Sammlung.48 Konnte Gratian bei Benutzung dieser Sammlungen alle 50 Apostelkanones finden? Diese Frage führt zu der Untersuchung, inwieweit die bei Dionysius Exiguus und bei Pseudoisidor vollständige Serie der 50 Kanones auch noch in den Kanonessammlungen nach 850 zu finden ist. Bereits die Collectio Anselmo dedicata vom Ende des 9.Jahrhunderts lässt vier Kanones aus der Serie von 50 weg,49 während bei Burchard von Worms zu Beginn des 11.Jahrhunderts sich die Übernahmen auf 19 Kanones beschränken.50 Burchard hat also aus dem Material der Kanones kaum mehr als Gratian übernommen. Burchards Über­nahmen sind aber keineswegs deckungsgleich mit denen Gratians - nur 8 Kanones haben beide Sammler gemeinsam.51 In den genannten Sammlungen, die als unmittelbare Quellen Gratians nach heutigem Forschungsstand gesichert sind, können die 17 Gratiankapitel aus den Canones apostolorum sämtlich nachgewiesen werden. Die Collectio Tripartita kommt für kein Kapitel als Quelle in Frage, so dass nur vier Sammlungen in diesem Bereich als Textlieferanten Gratians übrigbleiben. Ivos Panormie hat Gratian drei Apostelkanones geliefert.52 Drei Kapitel mit dem Text von vier Apostelkanones hat Gratian aus der Sammlung Polykarp bezogen,53 während für drei Kapitel wohl die Drei-Bücher-Sammlung als Quelle in Frage kommt.54 48 Cf. MEINE Arbeit ‘Neue Forschungen zu vorgratianischen Kanonessammlungen und den Quellendes gratianischen Dekrets’, in lus commune 11 (1984) 1-29-auch in P. Landau, Kanones und Dekretalen (Bibliotheca Eruditorum 2), Goldbach 1997,177-205; ferner meine Studie ‘Gratians Arbeitsplan’ (Anm. 44). 49 Cf. die Übersicht bei J. C. Besse, Collectio Anselmo dedicata. Etude et Texte, Paris 1960, 71. Von den Canones apostolorum fehlen hier c.1,5,20 und 45. 50 Cf. H. Hoffmann-R. Pokorny, Das Dekret des Bischofs Burchard von Worms (MGH Hilfsmittel 12), München 1991, 248f. Burchard rezipiert die c.3, 4, 6, 9, 10, 11, 13, 14, 20, 25, 31, 37, 39, 42^14, 47, 49, 50. 51 Es sind die c.6, 10, 25, 31, 42-44, 50. 52 1) Canones apostolorum c.6 = Pan. 3.113 = D.28, c. 14. Der Kanon erscheint bei Gratian erheblich umgeformt - er beginnt mit “Si quis docuerit“. Die Veränderung scheint auf Gratian zurückzugehen. Kanon c.6 findet sich auch im Polycarp (Pol. 4.6.3) - hier aber erweitert; ferner in der Drei-Bücher-Sammlung (3L S7.186, MS Pistoja fol.282vb) - dort jedoch nur bis .abiiciat’ Folglich ist Pan.3.113 hier wahrscheinlich Gratians Quelle gewesen. 2) c.44 = Pan.3.157 = D.47,c.l. Gratian verändert den Schluss ‘et communione privetur’ in: ‘aut certe deponatur’. 3) c.50 = Pan. 1.158 = D.4, c.79 de cons. Das Kapitel steht bei Gratian in einer Serie von Übernahmen aus der Panormie. 53 1) C.18 = Pol.2.31.2 = D.34, c.15. 2) c.28 = Pol.4.10.1 =D.45, c.7. 3) c.43 und 42 = Pol.6.16.6 = D.35, c.l, auch Pan.3.170, jedoch verkürzt. Einen Überblick über den Inhalt der bisher nicht edierten Sammlung Polycarp mit vergleichenden Tabellen findet man bei U. Horst, Die Kanonessammlung Polycarpus des Gregor von S.Grisogono (MGH. Hilfmittel 5), München 1980. 54 1) C.21 = 3L 2.16.6 (MS Pistoja fol. 75 va) = D.55, c.8; 2) c. 17 = 3L 2.14.43 (MS Pistoja

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