Folia Canonica 2. (1999)

STUDIES - Péter Szabó: Oriantalisches Kirchenrecht in Ungarn im XX. Jahrhundert (1) Kirchenrechtliche Tätigkeit von György Papp

272 PÉTER SZABÓ Identität hinwies — entstanden jetzt sich mehr und mehr differenzierende Gruppen, die sich auf Grund einer nationalen Identität bildeten. In Folge des damals natürlichen und wegen der Veränderung der Auslegung des Begriffs „Ritus” auch begründeten, heute allerdings ein wenig ambivalenten Vorgangs, wurde auch die Selbständigkeit des ungarischen griechisch-katholischen Ritus anerkannt. Zieht man Betracht, daß das Aufzeigen einer eigenständigen partiku­laren Disziplinarordnung25 schon immer grundlegend war für die rechtliche Begründung der ritualen Selbständigkeit, bedarf es keiner weiteren Erläuterung, welche Bedeutung die Sammlung des partikularen Rechts der ungarischen griechisch-katholischen Gemeinde aus Sicht der römischen Anerkennung des selbständigen ungarischen griechisch-katholischen Ritus hatte. Durch die Quellensammlung von Papp wurde auch in Kreisen der oriental­ischen Kodifizierung bewußt, daß, nachdem sich bereits andere griechisch- katholische Kirchen der Region auf Grund nationaler Identität bestimmten, die griechisch-katholischen Gläubigen ungarischer Identität — die sich keiner dieser nationalen Gruppen anschließen wollten — auch den Weg der ritualen Verselbstständigung wählten und deren offizielle Anerkennung bean­spruchten.26 Als weiteres Ergebnis seines systematischen Studiums der Quellen wurde György Papp allerdings schon Ende der dreißiger Jahre sehr klar bewußt, daß sich das ungarische griechisch-katholische Kirchenrecht in einem unzuläs­sigen Maße latinisiert hatte.27 Der kirchenrechtliche Nachlaß von György Papp besteht zum größten Teil aus unpublizierten Manuskripten im Archiv der Hajdüdoroger Eparchie, die 25 Es ist erwähnenswert, daß in dieser frühen Phase der Kodifizierung das Wesen des „Ritus” noch die selbständige liturgische Ordnung und Disziplinarordnung war; vgl. etwa die — später von diesem selbst revidierte — Hermansche Defnition : „Ritus est ordo iuris...” (E. Herman, De «Ritu» in iure canonico, in Orientalia Christiana 32 [1933], 105 [Hervor­hebungen von uns]). 26 Noch 1945 hielt es Papp für angebracht, zu schreiben: „Welche orientalischen Riten gibt es auf dem Gebiet Ungarns? Heute wäre die allgemeine Antwort noch: Kirchen des lateinischen, griechischen und armenischen Ritus. Dieser allgemeinen Überzeugung entgegengesetzt muß auf Grund unbestreitbarer Tatsachen festgestellt werden, daß in unserer Heimat neben dem lateinischen und dem armenischen Ritus der ungarische, der rumänische und den ruthenische Ritus existiert, der griechische Ritus ist nur Sammelbegriff der letzt­genannten drei Riten” (Gy. Papp, A magyar görögkatolikus szórványok egyházjogi helyzete, Nyíregyháza 1945, 38). 27 Papp, A magyar (nt. 13), 6-7. Mit leichter Ironie stellte: ” ...neben stolzer Treue zu allen alten Traditionen der byzantinischen Zeremonien sind wir die «graecorum latinissimi»”: Gy. Papp, A magyarországi gör. kath. Püspökségek s a relatio dioecesana kötelezettsége, Nyíregyháza 1942,4. Diese wohl negative Erscheinung war in beinahe allen zeitgenössischen Disziplinarordnungen der orientalischen katholischen Kirchen ein schweres Problem; vgl. I. Zuzek, Common Canons and Ecclésial Experience in the oriental Catholic Churches, in Atti del Congresso Internazionale «Incontro fra canoni d’Oriente e d’Occidente, R. COPPOLA (a cura di), Bari 1994, vol. I, 42-43.

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