Circulares litterae dioecesanae anno 1889. ad clerum archi-dioecesis strigoniensis a Joanne Cardinale Simor principe primate regni Hungariae et archi-episcopo dimissae
XVIII.
156 und dass dort, von wo her der Erdkreis die unverfälschten Lehren des Evangeliums und Rathschläge des Heiles zu hoffen pflegt, in ruchloser Verkehrung der Dinge schändliche Irrthümer und selbst die Häresie ungestraft durch Denkmäler verherrlicht werden. Soweit haben uns die Zeiten gebracht, dass wir „den Gräuel der Verwüstung an heiliger Stätte“ sahen. Weil Uns aber die Leitung der christlichen Angelegenheiten und Vertheidi- gung und der Schutz der Religion übertragen ist, so bezeugen Wir angesichts dieses unwürdigen Standes der Dinge, dass mit jener Unbill die Stadt Rom beleidigt und die Heiligkeit des christlichen Glaubens auf’s schändlichste verletzt worden ist, und Wir verkündigen klagend und mit Entrüstung dem ganzen katholischen Erdkreis diese sakrilegische That. Doch mögen aus den Kränkungen nützliche Lehren geschöpft werden. — Es wird nämlich hiedurch immer mehr ersichtlich, ob sich die Feinde der Kirche mit dem Umstürze der weltlichen Herrschaft des Papstes begnügen, oder ob sie nicht vielmehr dahin streben, die heilige Autorität der Päpste gänzlich zu vernichten und den christlichen Glauben mit der Wurzel auszurotten. Und es erhellt daraus auch, ob Wir, in dem wir die Rechte des apostolischen Stuhles fordern, von irgend welcher menschlichen Rücksicht oder nicht vielmehr von der blossen Rücksicht auf die Freiheit des apostolischen Amtes, die Würde des Papstes und das wahre Wohl Italiens geleitet werden. Endlich kann man aus diesem Gange der Dinge nur zu sehr erkennen, was die so vielen und weitgehenden Zusagen, die man Anfangs machen zu können meinte, werth seien und was aus ihnen geworden. Denn den Ehrenbezeugungen, welche man dem römischen Papste so bereitwillig entgegenbringen zu wollen versprach, sind allmälig Unbilden und Schmähungen der gröbsten Art gefolgt, deren grösste und vor aller Welt dauernden Bestand habende nun darin besteht, das man einem lasterhaften Auswürfling ein Denkmal errichtet. Sie wollen, dass diese Stadt, welche, wie sie behaupten, immer der sichere und glorreiche Sitz des römischen Papstes sein werde, das Haupt neuer Gottlosigkeit sei, wo der menschlichen, gleichsam auf den göttlichen Thron gesetzten Vernunft ein abgeschmackter und frecher Kultus erwiesen wird. Urtheilet daher selbst, ehrwürdige Brüder, welche Freiheit und welches Ansehen Uns noch für die Ausübung Unseres apostolischen Amtes verblieben ist. Nicht einmal unsere Person selbst ist frei von Furcht und Gefahr. Jedermann weiss, wohin die Angehörigen der schlimmsten Parteien zielen und was sie anstreben; und Niemanden ist es unbekannt, dass dieselben, in dem sie die günstigen Verhältnisse ausnützen und von Tag zu Tag an Zahl und Schamlosigkeit zunehmen, beschlossen haben, nicht eher zu ruhen, bis sie die Dinge zum Äussersten getrieben haben. Wenn ihnen nun in der Sache, über die Wir klagen, einzig darum, weil ein Nützlichkeitsgrund davon abhält, noch nicht so viel Freiheit gegeben ist, dass sie ihre Pläne mit offener Gewalt verfolgen können, so wird sich doch nicht leicht Jemand einreden lassen, dass sie nicht einst, sobald ihnen die Gelegenheit günstig scheint, auch zu diesem Frevel schreiten werden, namentlich da Wir in der Macht derer sind, die sich nicht einmal scheuen Uns öffentlich beschuldigen, als ob Wir von Feindschaft gegen Italien erfüllt wären. Insbesondere muss aber gefürchtet