AZ ORSZÁGOS SZÉCHÉNYI KÖNYVTÁR ÉVKÖNYVE 1994-1998. Budapest (2000)
II. Az OSZK történetéből és munkájából - Somkuti Gabriella: Szervezet, igazgatás és személyzet a Széchényi Könyvtárban 1867-1875 - Organisation, Verwaltung und Personalsituation in der Széchényi-Natio-nalbibliothek 1867-1875
ORGANISATION, VERWALTUNG UND PERSONALSITUATION IN DER SZÉCHÉNYI-NATIONALBIBLIOTHEK 1867-1875 G. SOMKUTI Die Grundlage für die ungarische Nationalbibliothek bildete die Hungarika-Sammlung von Graf Ferenc Széchényi (1754-1820), die ihr Begründer, der Graf, im Jahre 1802 der Nation gestiftet hat. Die Tatsache, dass der früher unabhängige ungarische Staat zu dieser Zeit Teil des österreichischen Reiches war, hatte auch auf die rechtliche Stellung der Einrichtung eine bestimmende Wirkung. Sie funktionierte als eine Stiftungseinrichtung, bei einer lockeren staatlichen Kontrolle, unter der Aufsicht des höchsten staatlichen Würdenträgers, des Palatins, der wiederum der Mann des kaiserlichen und königlichen Hofes in Wien war. Nach dem Freiheitskampf von 1848 modifizierte sich die Form und die Art der österreichischen Leitung, aber die Eigenschaft als Stiftung blieb weiterhin bestehen. Dies bedeutete, dass die Bibliothek keine regelmäßige finanzielle Versorgung erfuhr, von Zeit zu Zeit gewährte staatliche Hilfen und an Wert immer mehr verlierende Stiftungsmittel sorgten für die Trägerschaft soweit es gerade reichte. Die Institution wurde inzwischen - neben der Sammlung der Bibliothek auch mit historischen und naturwissenschaftlichen Sammlungen erweitert - zum Ungarischen Nationalmuseum. Nach dem Österreichsich-Ungarischen Ausgleich im Jahre 1867 wurde die verfassungsmäßige Ordnung wiederhergestellt, es entstand die Österreichisch-Ungarische Monarchie, und das Land wurde von dem Zeitpunkt an von den dem Parlament verantwortlichen Ministerien geführt. Zwei hervorragende Kultusminister, Baron József Eötvös (1813-1871) und Ágoston Trefort (1817-1888), wandelten innerhalb einiger Jahre das Nationalmuseum aus einer Stiftungseinrichtung in eine staatliche Institution um, wobei sie sie mit regelmäßigen jährlichen Zuwendungen versorgten. Das Museum, das zu dieser Zeit noch die gegenständlichen und die schriftlichen Dokumente sowohl der Literatur als auch der Gesellschafts- und Naturwissenschaften gleichfalls enthielt, wurde als herausragende Institution gehandhabt und großzügig entwickelt,. Neben den musealen Sammlungen bildete die Bibliothek nur eine Abteilung des Nationalmuseums, und dies schränkte zwar gewissermaßen ihren Spielraum ein, gleichzeitig erhöhte aber die Zugehörigkeit zum Museum auch das institutionelle Gewicht. Das Land betrat zu dieser Zeit den Weg der bürgerlichen Entwicklung, und beide Minister sahen in der öffentlichen Bildung ein wichtiges Kettenglied dieser Entwicklung, dementsprechend vertraten sie diese auch in der Regierungsarbeit, mit großem Erfolg. Die Bibliothek machte eine grundlegende Reform durch: ihr Material wurde zeitgemäß bearbeitet und mit den entsprechenden personellen Änderungen wurde erreicht, dass sowohl das Museum als auch die Bibliothek den Sprung aus dem Zustand der patriarchalen Schwerfälligkeit und Unordnung in den der als modern gesehenen Ordnung und Organisiertheit, aus der Welt der auch von Dillettantismus nicht verschonten Tätigkeit in die der streng wissenschaftlichen Fachmäßigkeit schaffte. Entscheidend war in dieser Hinsicht die Person des an die Spitze des Museums neu berufenen Direktors, Ferenc Pulszkys (1814-1897), unter dessen Leitung das Museum mit Erfolg den Anschluss an das wissenschaftliche Niveau ähnlicher westeuropäischer Institutionen bewerkstelligt hat. Die Studie beschäftigt sich detailliert mit dem Personal der Bibliothek, wobei die biographischen Daten ehemaliger Bibliothekare erforscht und ihre Lebens- und Arbeitsbedingungen dargestellt werden. Es wird festgestellt, dass der niedrigen finanziellen Anerkennung der Bibliothekare ein verhältnismäßig hohes Anforderungssystem gegenüberstand, das außer den Fachkenntnissen eines Bibliothekars eine allgemeine wissenschaftliche Versiertheit, die Kenntnis mehrerer Sprachen und auch aktive wissenschaftliche Tätigkeit verlangt hat. * * * 255