Tátrai Vilmos szerk.: A Szépművészeti Múzeum közleményei 95. (Budapest, 2001)
KOVÁCS, ZOLTÁN: Ein unbekanntes Werk von Füger in einer ungarischen Privatsammlung
Die zum Gebet gefalteten Hände der Dame im blauen Mantel verleihen der Gestalt einen christlich-religiösen Charakter, was in diesem Kontext einerseits die christliche Tugend der Nächstenliebe ausdrückt, andererseits auf das religiöse Ethos der romantischen Freundschaften hindeuten könnte. 20 Wie populär diese Komposition zu Fügers Zeiten war, zeigt eine vor kurzem im ungarischen Kunsthandel aufgetauchte Variante, die allerdings von bescheidenerer Qualität ist (Abb. 90). 21 Hier entdecken wir keine Spur des christlich-religiösen Charakters. Die zum Betrachter näher stehende Gestalt erscheint hier mit unbedeckter Brust, wobei die Handhaltung ihrer Partnerin der Einstellung der Damenfigur im rosa Mantel auf unserem Bild folgt. Im Fall dieser Variation ist es noch eindeutiger, dass es sich um ein „Freundschaftsbild" handelt, da unbedeckte linke Schulter und Busen traditioneller Freundschaftsverweis sind. 22 Das Lebenswerk von Füger, dem die moderne Kunstgeschichte bis jetzt unbegründet geringe Aufmerksamkeit gewidmet hat, 23 zeigt, dass der Meister von dem dargestellten Thema, dessen Stimmung usw. abhängig in verschiedenen malerischen Manieren arbeitete. Während seine Porträts durch frische und leichte Pinselführung - die gelegentlich sogar skizzenhaft anmutet - gekennzeichnet sind, verwendet er mit Vorliebe auf seinen Werken mit religiösen, bzw. mythologischen Themen klassizisierende Figurentypen in antikisierender Bekleidung, die er mit äußerster Präzision, mit weichen und feinen Pinselstrichen wiedergibt. Da er die unterschiedlichen Maltechniken parallel in seinen Werken anwendete, kann man sie keiner Periode zuordnen. Das in ungarischen Privatbesitz gelangte Gemälde ist von außerordentlich hoher künstlerischer Qualität, die Detailformen des Gesichts und die Falten der Draperie sind besonders schön. Die Oberfläche des Bildes ist jüngst von der verschmutzten und vergilbten Lackschicht befreit worden. Auf der in relativ gutem Zustand erhaltenen originalen Farbschicht waren nur einige ästhetische Retusche nötig. Der vergoldete Rahmen mit dem vertieften Profil und Akanthusblattornament ist ebenso alt wie das Bild, so dass es sich wahrscheinlich um den originalen Rahmen des Gemäldes handeln dürfte. ZOLTÁN KOVÁCS 20 Nach Klaus Lankheit, der auch den sozialen Hintergrund des Bildtyps analysierte, wurde die romantische Freundschaft letztlich als eine Art von religiöser Verbindung, bzw. als „Religionsersatz" betrachtet. Lankheit, a.a.O. (Anm. 17) 89-97. 21 Galerie und Auktionshaus Nagyházi, 18. Versteigerung von Gemälden, 2. Dezember 1997, Nr. 89. Das Werk des unbekannten österreichischen Meisters vom Anfang des 19. Jahrhunderts weicht von unserem Bild in einigen Detailen ab, kompositionell ist die Verwandtschaft aber offensichtlich. 22 „Er zeigt den unbedeckten Schulter und Brust, ... denn der wahre Freund, ob nah oder weit von der geliebten Person, trennt sich im Herzen nie von ihr." - lesen wir in einer Empfehlung Ripas hinsichtlich der allegorischen Darstellung der Freundschaft (Amicitia). Ripa, a.a.O. (Anm. 19) 34-35. 23 Abgesehen von den frühen Werken von Karl Wilczek (H. F. Füger, seine Gemälde und Zeichnungen, 2 Bde., Phil. Diss., Wien 1925; Fügers künstlerischer Entwicklungsgang, Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien N.F. II. [ 1928j 329-54.) ist das zitierte Werk von Alfred Stix (Anm. 5) der einzige Forschungsbeitrag monographischer Art, der sich vor allem mit Fügers Porträtsdarstellungen beschäftigt. Die an der Wiener Universität 1974 geschriebene Dissertation von Anna Maria Schwarzenberg hat die Aufarbeitung der Kunst Fügers als Zeichner übernommen {Studien zu Friedrich Heinrich Füger. Seine Bedeutung als Zeichner, Phil. Diss., Wien 1974).