Csánky Dénes szerk.: Az Országos Magyar Szépművészeti Múzeum Évkönyvei 10. 1940 (Budapest, 1941)
Zoltán Oroszlán: Tanagrafiguren und ihre Genossen
genössischen Malerschulen von Thebai (BoioAristides, Euphranor, Nikias, Philoxenos, tien), von grosser Bedeutung. Die Werke des hauptsächlich aber die des Nikomachos, und ihre Neuerungen, die künstlerische Bearbeitung der kleinen Ereignisse des Alltags, mussten schon ihrer geographischen Nähe wegen von richtunggebender Wirkung auf die Koroplasten von Tanagra sein. Wir wissen, dass zwischen den „Tanagras" und dem Figuren der unter demselben Einfluss dieser Schule stehenden pompejanischen Wandmalerei heute richtige und erfolgreiche Parallelen gezogen werden. 15 Neben dem Einfluss der sich an das reale Leben annähernden grossen Kunst war der unmittelbarste Antrieb zur Kristallisation des Tanagrastils, die Einsicht und Erkenntnis dessen, dass die Terrakotten ausnehmend geeignet waren für die Darstellung der Figuren des Alltaglebens. (Die Koroplastik von Tanagra konnte so schon gegen Ende des 6. Jh. v. Chr. und in der ersten Hälfte des 5. Jh.-s in grossen Mengen die verschiedensten Genrefiguren im Stile des bekannten Haarschneiders oder Bäckers produzieren.) 16 Der oben erwähnte Herakleides schildert die Schönheit der Frauen von Thebai in eindrucksvollen Worten. 17 Die Frauen sind dort von hochgewachsener Gestalt, ihre Bewegung, ihr Gang ist der schönste, und ihre Schönheit, ihr Äusseres das Vollenderste unter den Frauen von Hellas. Sie umhüllen ihr Haupt mit Tüchern wie mit einer Maske, nur ihre Augen sind zu sehen; die übrigen Teile des Gesichts sind bedeckt; das Kopftuch ist weiss. Die Haarfarbe ist blond, und sie tragen es auf den Kopf hochgebunden und nennen diese Haartracht „lampadion". Ihre Sandalen sind einfach, nicht hoch, rotfärbig und lassen den ganzen Fuss fast unbedeckt zu sehen. Auch ihre Sprechart ist freundlich und lebhaft, in Gesellschaft benehmen sich die Frauen von Theba keineswegs wie die von Boiotien, ihr leichtes, ungehemmtes Benehmen erinnere viel15 Siehe „Oroszlán-Katalog", S. 14, wo wir die sichtbaren Einflüsse auf die Tanagrakunst eingehend erörtert haben. Siehe neben den bereits zitierten, von diesem Standpunkt aus für Tanagrakunst wichtigen Werken von Kekulé und Walters noch Furtwängler: Die Sammlung Sabouroff II. Berlin 1883—87, Einleitung. — Pottier: Les statuettes der terrecuite dans l'antiquité. Paris 1890. — Pottier: Diphilos et les modelleurs de terres-cuites grecques. Paris. 1909. — Köster: Die griechischen Terrakotten, Berlin, 1926. 18 S. Winter, I. S. 32 ff. 17 Müller, a. a. O. II. p. 259. $. 17. mehr an die Frauen von Sykion. Wenn wir nun die lobende Anerkennung unserer Quelle auf die Frauen von Tanagra beziehen, so begreifen wir mit einmal die Anmut, Schönheit und unmittelbare Harmonie der Tanagrafiguren. Unter dem Einfluss des gerade sich umwandelnden grossen Kunst modellierten ihre Meister sie nach dem Leben, deswegen wirken sie heute noch lebensvoll und blutvoll. Sie bewahrten die Schönheit ihrer Modellen vollkommen. Neben den Frauenstatuetten sind die der Knaben von ähnlicher Grazie und Anmut. Die Vasenmalerei, die zur Zeit des Erscheinens der Tanagrafiguren bereits ihre Blütezeit hinter sich hatte, konnte die Beziehung zur Koroplastik durch Anlehnung an Motive und hauptsächlich durch Kolorieren der Figuren aufrecht erhalten, doch übte sie keinen entscheidenden Einfluss. Starke Beziehungen sehen wir zwischen der Reliefplastik der kleineren Meister der ,.grossen" Kunst und den Tanagrafiguren. Die Gewandstatuen des 4. Jh. v. Chr. auf Grabmälern zeigen viele verwandten Züge mit unseren Tanagrastatuetten. Dies Übereinstimmen bezieht sich nicht auf die Kleidertracht, was selbstverständlich wäre, sondern erscheint auch in der bildlichen Einstellung der einzelnen Figuren. Ebenso finden wir viel Ähnlichkeit zwischen den „Tanagras" und den kleinen Figuren der Votivtafeln und der Vertragsstellen. Doch muss man viel von dieser Ähnlichkeit auf Rechnung der gemeinsamen Quelle, der Meister der Grossplastik schreiben. 18 Obwohl wir keine literarischen Beweise besitzen, setzen wir voraus, dass die TanagraWerkstätten grossen Erfolg mit ihren Figuren gewannen. Diese kleinen Statuetten tauchen im 4. Jh. v. Chr. auf und ihre Fabrikation dauert etwa anderthalb Jahrhunderte hindurch bis zu Beginn des 2. Jh. v. Chr. 19 In dieser Zeit wurden sie nicht nur in Boiotien und in dessen Nähe bekannt, sondern man exportierte sie auch häufig. So erreichten sie Kleinasien, Graecia Magna, Sizilien, Ägypten und die Ufer des Mittelmeeres, sowie des schwarzen Meers. Ein besonderes Zeichen ihres Erfolges ist es, dass man sie sehr bald nachzuahmen beginnt. Diese Nachahmungen beweisen am 18 Bei der Betrachtung einzelner Stücke gehen wir noch auf die Parallelen näher ein. 18 Nach Furtwängler pflegt man diese Zeitepoche der Tanagrafiguren zu nennen. S. Sabouroff II. S. 17. Vergl. H. B. Walters a. a. O. p. XL.