Petrovics Elek szerk.: Az Országos Magyar Szépművészeti Múzeum Évkönyvei 9. 1937-1939 (Budapest, 1940)

Erwin v. Ybl: Das Portrait der Königin Anna

DAS PORTRAIT DER KONIGIN ANNA EIN UNBEKANNTES WERK JAKOB SEISENEGGERS IM MUSEUM DER BILDENDEN KÜNSTE Der Wiener Hof der Habsburger sicherte sich auch in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts nicht immer die Dienste her­vorragendster Künstler. Das Kaiserhaus, das sich damals am Zenith seiner weltlichen Macht befand, begnügte sich mit zweitrangi­gen Malern und nahm nur auf italienischem, spanischem und flandrischem Boden erst­klassige Meister in Anspruch. Die kaiserliche Familie pflegte nur die Traditionen der ver­gangenen Gothik weiter, und es fand sich in diesem Geschlecht im 15. Jahrhundert keine einzige Persönlichkeit, die — wie etwa Mathias Corvinus — die Tore Wiens der fortgeschritteneren italienischen Kunst voll geöffnet hätte. Die bürgerlichen Handels­städte, die Patrizier Nürnbergs und Augs­burgs waren für diese neuen Bestrebungen viel empfänglicher als der unzugängliche kaiserliche Hof, der nur die Traditionen be­schützte. Die beiden genannten Städte ha­ben an der Entwicklung der deutschen Renaissance unter italienischem Einfluss einen grösseren Anteil als Wien, wo sich die Renaissance eigentlich nie wirklich ver­wurzeln konnte und wo noch am Ende des 17. Jahrhunderts auch im gotischen Stil ge­baut wurde. Die bedeutendsten deutschen Maler wirkten gleichfalls in anderen Städ­ten des Reiches, in denen eine freiere Auf­fassung herrschte. Pacher, Dürer, Holbein und Grünewald arbeiten ferne von Wien für fremde oder deutsche Bürger, ja der konservative Cranach d. Alt. gehört auch nicht dem kaiserlichen Hofe an, sondern zählt zum Hofstaat des Kurfürsten von Sachsen. Die Kaiserstadt übte auch auf die Stilentwicklung der Donau-Schule, die ro­mantische Landschaften bevorzugte, keine Wirkung aus. Kaiser Maximilian konnte nur Bernhard Stringel für längere Zeit als Hof­maler verpflichten, und die Bildhauer und Architekten erhielten erst vom Ende des Mittelalters angefangen bedeutendere Auf­träge vom Hofe. Auch Jakob Seisenegger, der im Dienste des Königs und späteren Kaisers Ferdinand I. stand, war kein erstrangiges Talent. 1 Er wurde im Jahre 1505 in der Gegend Amstet­tens in der Nähe Wiens geboren; über seine Jugendzeit und künstlerischen Studien wis­sen wir nichts. In seinem 26. Lebensjahre wird er, vom 1. Januar 1531 angefangen, mit 60 rheinischen Gulden Jahresgehalt Hof­maler Ferdinand I., der damals zum römischen König gewählt worden war. Ferdinands Bruder, Kaiser Karl V., versprach im Jahre 1532 Seisenegger 200 Goldgulden, wenn er in seine Dienste übertritt und sich in Flan­dern niederlässt. Der Meister hätte in Brüs­sel, Antwerpen oder Louvain wohnen sollen. Seisenegger nahm jedoch dieses ehrende Angebot nicht an und wies gleichzeitig die Aufforderung Herzog Albas zurück, der ihm 200 Dukaten und den Unterhalt seiner Fami­lie versprach. Der Meister beruft sich in sei­nen wiederholten Gesuchen, die er an Ferdi­nand richtet, öfters auf die Portraits, die er für ihn gemalt hat, auf seine übrigen Werke, die dekorativen Zwecken dienten, und auf seine kostspieligen Reisen. In zwei Ge­suchen 2 beschreibt er gewissenhaft jene Werke, die zwischen 1530—1535 und 1535— 1545 entstanden sind, erwähnt die vorteil­haften Angebote, die er zurückgewiesen hatte, und bittet mit Berufung wiederholt 1 Siehe K. Rathes: Aufsatz im Thieme — Becker Lexikon XXX. Band, Seite 465. 2 Ernst Birk: Jacob Seisenegger, Kaiser Ferdinand I. Hofmaler. Mitteilungen der k. k. Central-Commission zur Erforschung und Erhaltung der Baudenkmale, Wien, 1864., Seite 72—82. Franz Kreyczi: Urkunden und Regesten aus den k. und k. Reichs-Finanz Archiv. Jahrbuch der Kunstsammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses. 1887. V. Regeste 4120 und 4481.

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