Petrovics Elek szerk.: Az Országos Magyar Szépművészeti Múzeum Évkönyvei 8. 1935-1936 (Budapest, 1937)
Zoltán Oroszlán: Die „Rhyta" der Terrakottensammlung des Museums der Bildenden Künste
»Sammlung Loeb«, München, 1916. Bd. II. S. 63. Taf. 123.) Unser Rhyton stammt wahrscheinlich aus dem IV. Jahrh. v. Chr. oder aus den darauffolgenden Zeiten. Das dritte Rhyton, welches ich auf diesen Blättern erläutern will, gelangte durch den im Jahre 1914 erfolgten Kauf der Arndtschen Terrakottensammlung in das Museum der Bildenden Künste. (Abb. 4.) Höhe : 16*5. Material : ziegelroter Ton. Das Trinkhorn ist zerbrochen und aus Stücken fast vollständig wieder zusammengesetzt ; die Endigung des Gefässes samt dem Rinnloch fehlt. Zum verhältnismässig grossen Munde des Rhytons führt ein kurzer, sich stark verengernder Hals. Den Körper des sich nach unten zu verschmälernden und unmittelbar vor dessen Endigung ein wenig nach einwärts biegenden Gefässkörpers bedecken in seiner ganzen Ausbreitung Kügelchen und Beeren verschiedener Grösse, welche sich eng aneinander reihen. In der Mitte des wie mit einer Weintraube bedeckten Gefässkörpers ist ein bärtiges Männergesicht sichtbar. Der Schnurbart besteht ebenfalls aus aneinandergefügten Pünktchen. In gleicher Höhe mit dem Munde des Gesichtes stehen aus dem Gefässe zwei höckerartige Hörnchen heraus. Obzwar dieselben dem Sinne nach mit dem auf dem Gefässkörper befindlichen Männergesicht zusammenhängen, dürften sie — meiner Voraussetzung nach —, da sich auf dem Gerät nie ein Henkel befunden hat, zum sicheren Fassen und Halten des Rhytons gedient haben. Es sei noch erwähnt, dass der Hals des Trinkbechers rot bemalt war und dass auf dem Gesichte noch stellenweise rosenrote Farbspuren ersichtlich sind. Zweifellos wollte der Meister unser Rhyton in Form einer Traube abbilden, dessen Fundort, laut Angaben Arndts, die an der Küste des Schwarzen Meeres liegende, über den Ruinen des alten griechischen Amisos erbaute Stadt Samsun war. (Arndt: »Rhyton in Form einer Traube mit Gesicht, aus Samsun.«) In Form von Trauben angefertigten Gefässen begegnen wir öfters hauptsächlich im Kreise der antiken Glasindustrie (S. z. B. Morin-Jean : La Verrerie en Gaule sous l'Empire Romain, Paris, 1913. p. 167. sq. fig. 219—222.), doch gibt es auch solche in der Keramik. (S. Ede Mahler : »Zsolt Beöthy's Egyptologische Sammlung« Budapest. 1913. S. 232 mit Abb. ; in ungarischer Sprache.) Eine ganz seltene Ausnahme bildet jedoch unser Gerät, auf welchem in der Mitte des in Traubenform modellierten Rhytonkörpers ein Männerkopf erscheint. Die enge Verbindung der Weintraube und des Männerkopfes lassen es als sicher erscheinen, dass wir hier einer dionysischen Darstellung, ja vielleicht sogar der Abbildung dieses Gottes selbst gegenüberstehen. Auf ihn weisen auch die an beiden Seiten herausstehenden Hörnchen hin. Unter den antiken Denkmälern ist die Zahl ähnlicher Darstellungen gering. Am unmittelbarsten schliessen sich unserem Rhyton einige, Dionysos und Ariadne darstellenden Terrakottamasken an, welche die Leningrader Ermitage teils durch Kauf, teils durch Ausgrabungen in der Umgebung des sich an der Nordküste des Schwarzen Meeres befindlichen Kertsch (Panticapaion) erworben hat. (Siehe Compte rendu St. Petersburg, 1878—79. L. Stephani's Bericht, Text S. 14. ff. Abb. 1—2. Taf. II. 1—2.) Eine dieser Dionysosmasken wollen wir hier vorstellen. (Abb. 6.) Die als Votivgabe dienende Maske stellt den Gott demjenigen unseres Rhytons ganz ähnlich dar. Sein aus Kügelchen bestehendes Haar und sein Bart umgeben traubenartig seinen Kopf ; in seinem Haar »taenia« und darüber ein aus Rebenblättern bestehender »Stephane« ; letzteres ist zum grossen Teil gebrochen. Nicht nur die Ähnlichkeit der Darstellung ist an der Hand liegend, auch der Typus des Gesichtes erinnert lebhaft an den Dionysos unseres Rhytons, als stammten beide aus ein und derselben Werkstätte. Am anderen Ariadne darstellenden Brustbilde ist das Haar ebenfalls traubenartig modelliert. Ausser diesen beiden grossen Masken erwarb die Ermitage noch zwei andere, ähnliche Fragmente aus dieser Gegend ; eine der letzteren wurde am Fusse des neben Kertsch befindlichen Mithridatesberges bei Gelegenheit einer Ausgrabung gefunden ; folglich sind diese Denkmäler bereits im Altertum dorthin gelangt. Dionysos stand in grossem Ansehen nicht nur bei den Thrakern, von wo er mit seinem ganzen Kultus nach Griechenland wanderte, sondern auch in Südrussland. (Siehe Thrämer in Roscher's »Mythol. Lexikon« Bd. I. Sp. 1149 f. und Kern in PaulyWissowa's : »Real-Encyclopädic«, Bd. V. Sp. 1010 ff.) Als Gottheit der Vegetation erscheint uns Dionysos in diesen Darstellungen als Verkörperung seiner wertvollsten Gabe : der Weintraube. Die vielen Beinamen, unter welchen man Dionysos als Gott und allerhöchsten Schützer des Weinbaues, als Personifikation des Weinstockes