Petrovics Elek szerk.: Az Országos Magyar Szépművészeti Múzeum Évkönyvei 6. 1929-1930 (Budapest, 1931)
Deutsche Auszüge der im Band VI enthaltenen Aufsätze
unseres Museums Bd. IV.) Gienau in derselben Stellung finden wir sie auf einem Blatte der Folge, welche Agostino Veneziano und der «Meister mit dem Würfel» ihrer Geschichte widmeten (Abb. 115). Wer immer der rätselhafte «Meister mit dem Würfel» und der Urheber der Kompositionen auch sei, seine Gestalten zeigen zweifellos einen stark raffaelesken Charakter. Ob dies nur von einem allgemeinen Einfluss Raffaels kommt, oder ob der Künstler, wie Passavant meint, Raffael-Zeichnungen besass und sie mit seinen eigenen Erfindungen ergänzte, bleib! dahingestellt. Angesichts der Zeichnung unseres Museums, im Vergleiche mit dem Stiche, muss man fast an die letztere Möglichkeit denken. Dafür zeugt auch, dass die Figur im Stiche im verkehrten Sinne erscheint. Dass der Stecher Raffaels Zeichnung zu diesem Thema verwendete, würde natürlich noch nicht besagen, dass Raffael sie selbst für diesen Gegenstand verfertigte. Doch wenn unsere Aufmerksamkeit durch den Stich einmal darauf gelenkt ist, ist es unmöglich nicht einzusehen, dass die Bewegung der Frau gar nicht alltäglich ist (wie Janitschek meint), sondern genau unserer Vorstellung von der Haltung Psyches in der fraglichen Szene entspricht. Baffaels Fresken vom Jahre 1516—17 in der Villa Farnesina enthalten diese Szene nicht. Doch könnte er auch daran gedacht haben, bevor er das endgültige Programm feststellte. Es ist aber auch möglich, dass es zur Idee eines alleinstehenden Gemäldes gehörte. Zur Überzeugung, dass die Zeichnung tatsächlich das Werk Baffaids und nicht das des Sodorna ist, genügt ein Vergleich mit Zeichnungen der beiden Künstler. Es ist der persönlichste weibliche Typus des Raffael aus seiner letzten Zeit : Gesicht, (testait, Haartracht entsprechen ihm. (Vgl. Entwurf in der Albertina zum Borgo-Brand, Entwurf des Louvre für die Madonna Franz I.) Die sich vorbeugende Grazie aus der Gruppe der drei Grazien (Abb. 14) zu Psyches Hochzeit in der Villa Farnesina (Windsor) ist unserer Zeichnung so verwandt, dass man fast an ein und dasselbe Modell denken muss. Die im Gefühl ruhigen und in der Linie geschlossenen Zeichnungen Raffaels sind von den nervösen Arbeiten Sodornas, mit ihrer losen Linienführung und ihrem komplizierten Seelenleben weit entfernt (Abb. 15). Die ganze Raffael-Literatur erwähnt eine weitere Zeichnung unseres Museums (F. 2, (5). Zuerst als Raffaels eigenbändigen Entwurf zur Disputa, dann als die Kopie G. B. Francos nach 'einer verlorenen Zeichnung Baffaels». dann als die eines Unbekannten, endlich als Perino del Vagas Kopie nach einer verlorenen Zeicliming Raffaels. Das Original Raffaels ist vor kurzem von Fischöl im British Museum aufgefunden und publiziert worden. Wir können die Zeichnung also identifizieren. Der Kopist aber bleibt unbekannt. Abb. 1(5. Zeichnung Bernardino Luinis. Sitzende Frau. Kreidezeichnung auf bräunlicbrosa Grundierung aus der Sammlung Esterházy (E. 2, 9, dort Raffael, im Museum «Richtung Michelangelos», später Chimenti), an der Rückseite Draperiestudie (Abb. 17). Weist betreffs der Weichheit des Gefühls und der Bewegung, dem Gesichtstypus, der Draperie, der Tracht unleugbare Verwandtschaft mit Luinis Arbeiten auf, namentlich mit denen des letzten Jahrzehntes (1520—1532), den Fresken in Berlin (Abb. 1<S) und in Mailand in der Chiesa di S. Maurizio (Abb. 19, 20, 21). Abb. 22. Zeichnung Baccio Bandinellis (F. 3, 3. Bandinelli). Ist eir.e Variante der Zeichnung des Meisters in den Uffizien (Abb. 23). welche im Zusammenhange mit dem vielumstrittenen Dieyfus'scben Madonnenrelief (wovon Michelangelos Madonna an der Treppe abgeleitet sein soll!) von Wölfflin publiziert wurde. Unsere Zeichnung ist eine noch weitere Fortbildung der Kornposition. Abb. 24. Entwurf Angelo Bronzinos zu einem Madonnenbilde, im Besitze Mr. Sigfrid Arams in New-York (Abb. 25). Der auffallendste Unterschied zwischen der Zeichnung und dem Gemälde liegt in der Haltung der Hände der Madonna. Mc Comb verlegt die Entstehung des New-Yorker Bildes auf die Zeit 1535—40. Unsere Zeichnung rechtfertigt diese Bestimmung. Der Bewegung der Madonna mit der erhobenen einen Hand, begegnen wir auf des Meisters Pietà in der Cappella Strozzi von S. Casciano. Das Bild stammt auch ungefähr vom Ende der dreissiger Jahre. Arrch hier legt die Madonna die andere Hand Jesu auf den Nacken. Von links aber beugt sich eine Gestalt in das Bild herein. Als Bronzino nun das Schema der Komposition in dem Madonnenbilde wiederholen wollte, musste er bemerken, dass durch das Fehlen der Figur links, sich die Komposition nach rechts neige. Um das zu vermeiden, hob er beide Hände der Madonna hoch, -— kein glücklicher Gedanke. In den dreissiger Jahren aber, wo Michelangelos Einfluss elementar auf Bronzino einzuwirken begann, ist diese Micbelangeleske Handbewegung fast natürlich. Doch die Bewegung, die bei Michelangelo Kraft und Leidenschaft aus-