Petrovics Elek szerk.: Az Országos Magyar Szépművészeti Múzeum Évkönyvei 6. 1929-1930 (Budapest, 1931)
Deutsche Auszüge der im Band VI enthaltenen Aufsätze
auch eine andere wield ige Bolle. Die Figuren lassen es nämlich nur stellenweise und nicht konsequent empfinden, dass sie für die Unteransicht berechnet sind ; die perspektivisch dargestellten architektonischen Glieder verraten aber die ehemalige räumliche Anordnung der einzelnen Bilder. Nicht nur soviel geht aus ihnen hervor, dass sie einst eine Decke geschmückt haben, sondern auch, dass in den vier Ecken des Soffittos die Bilder der Evangelisten Platz bekommen haben, und zwar derart, dass die gemalten Wände und Gebälkstücke die Architektur des Baumes nach oben fortzusetzen schienen. Dasselbe Gebälk zieht sich auch hinter den Franziskanerheiligen vorüber, aber ohne die Winkel, woher man folgern kann, dass diese Bilder an den vier Seiten der Decke Platz genommen haben und mit ihrer Achteckform einen Übergang zum Tondo des Mittelstückes mit der Stigmatisation bildeten. Die bedeutendsten Stücke des Zyklus sind die Heiligen Lucas und Marcus, welche zu den schönsten idealtypen der oberitalienischen Malerei gehören. Unter sich sind sie aber in der Auffassung so verschieden, dass ohne die äusseren Zeichen ihrer Zusammengehörigkeit man nicht geglaubt hätte, dass sie gleichzeitige Arbeiten desselben Künstlers sind. In der an Goethe gemahnenden Physiognomie des hl. Lucas hat die schaffende Vorstellung eine solche Höhe, formale Wucht und Monumentalität erreicht, dass sie geradezu an die Grandiosität der römischen Hochrenaissance erinnert. Während in diesem Evangelisten die Resonanz der die Propheten Michelangelos erfüllenden riesigen Energien zu fühlen ist. äussert sich in der Auffassung und- Ausführung des hl. Marcus rein venezianische Stilempfindung. Im Gegensatz zu der Architektonik, zu der konsequenten Betonung der horizontalen und vertikalen Grundrichtungen im ersten Evangelistenbild, entbehren wir hier die Unabänderlichkeit der Konstruktion. Die Art, wie sich die mächtige Figur gleichfalls von aussen her in den Bildraum hineinbeugt, bezeichnet schon, da.ss sie im Zeichen eines ungebundeneren, mehr malerischen Stiles entstanden ist. C. J. Ffulkes hat bereits 1905 richtig auf die Verwandtschaft hingewiesen, welche zwischen den Londoner Bildern und Pordenones Altarblatt des S. Lorenzo Giustiniani (Venedig, Akademie) besteht. Die sechs Budapester Bilder befestigen noch diese Beziehungen. Wenn Avir noch dazu in Betracht ziehen, dass auch Ridolfi das Giustiniani-Bild und unsere Soffittobilder nebeneinander erwähnt, so wird es unbezweifelbar, dass die beiden Werke kurz nacheinander entstanden sind. Auf Grund der Forschungen von Gustav Ludwig ist das Giustiniani-Bild auf 15:52 zu versetzen und somit bezeichnet dieses Datum annähernd auch die Entstehungszeit des Soffittozyklus. Das Altarbild in Venedig und die acht Softittobilder vertreten in dem «Barock» Pordenones eine kurze Pause der Beruhigung, des «Klassizismus». Die Gründe dieser Stilwendung sind nicht allein in Venedig, sondern auf der Terra Ferma und mehr noch in römischer Einwirkung zu suchen. Als künstlerische Werte gehören die Denkmale dieses «klassizistischere) Intermezzos gewiss nicht zu den erstrangigen, persönlichsten Produkten Pordenones. Ihre phänomenologische und entAvicklungsgeschichtliche Bedeutung steht aber über jeden Zweifel, und diese werden wir um so höher einschätzen dürfen, je mehr wir den allgemeinen Charakter der damaligen venezianischen Malerei, vor allem die grosse Richtschnur, die gleichzeitigen Werke Tizians vor Augen halten. Die sechs Bilder des Museums der Bildenden Künste, als unbezweifelbar authentische Werke, vertreten glücklich die Kunst des grossen Friulaners in Imgarn. Umso erfreulicher ist dieser Umstand, als die Beziehung des Künstlers zu Ungarn eine längst bekannte historische Tatsache ist. Mit seinem in Nagyvárad (GrossAvardein) 24. April 1535 datierten Diplom erhob der König Johann von Szapolyai den Künstler, in Anbetracht seiner künstlerischen Verdienste und seines Rufes, in die Reihe der Adeligen. Laut Dokument hat in der Vermittlung der apostolische Protonotar Girolamo Rorario, Gesandter der römischen Kurie, eine grosse Rolle gehabt, welcher selbst aus Pordenone gebürtig war und mit dem Meister schon früher in Beziehung stand. König Johann wollte aber nicht allein dem päpstlichen Gesandten einen Gefallen tun : zu seinem Beschluss hat ihn auch jene BeAVunderung bewogen, welche das Ungartum seit Jahrhunderten der künstlerischen Kultur Italiens zollte und Avelche italienischen Künstlern oft ein grösseres Ansehen in Ungarn sicherte, als in ihrer Heimat selbst. Neuere Bestimmungen in der Zeichnungensammlung VON Dr. EDITH HOFFMANN Das Museum der Bildenden Künste besitzt eine namhafte Kollektion ausgeschnittener Miniaturen des XV. Jahrhunderts. Acht schöne böhmische Miniaturen habe ich im I. Band