Sarkantyu Judit: MESÉIM (Kiállítási katalógusok - Szentendre, Szabadtéri Néprajzi Múzeum, 2010)

EIN MÄRCHEN ÜBER JUDIT SARKANTYÚ UND NOAH Der Grossteil der zeitgenössischen Kunst in der ganzen Welt berichtet heute über das Gefühl des Bedrohtseins, über Angst und schlechte Laune. Wenn nicht über diese, dann halt über abstrakte theoretische Probleme von philosophischen Höhen. Das alles ist berechtigt, umfasst jedoch nicht die Ganzheit, zu welcher Aufgabe gerade die Kunst berufen ist. Und dann lebt eine Künstlerin in Szentendre, die zwar Keramikerin ist, trotzdem lässt sie aus ihrer Hand Gegenstände heraus, die ihr im übertragenen aber auch ich im engeren Sinne aus der Hand herausfliegen. Seit vielen Jahren lässt sie ihren Vögeln und Engeln die Flügel entfalten, die später nicht einsam werden, weil sie sich anderswo einem Interieur anpassen, wo sie geliebt werden. Unsere Künstlerin schöpft dazu aber auch Pflanzen und Bäume, und damit die Vögel sicher nicht einsam werden, umgeben sie vielerlei Tiere von Drachen bis zu Elefanten hin. Diese künstlerisch geschaffene Welt ist aber keineswegs men­schlos, all dies findet seinen guten Platz unter den Clowns und Figuren, die - warum eigentlich nicht? - Luftschiffe lenken. Das alles erzählt über die Freiheit, über das Leben, und sogar über gute Laune und Humor. Und natürlich auch vom Fliegen (was in der Künstlerin seit ihrer Kindheit eine Nostalgie erweckt). Judit Sarkantyú - weil von wem anders hier die Rede sein könnte - ist dazu fähig, woran andere Keramikkünstler scheitern: sie macht ihren schweren Grundstoff, Schamott und schneeweißes Porzellan federleicht und macht sie flügge. In ihren Ausstellungen widersprechen ihre Arbeiten solchen Gemeinplätzen, dass ein Ausstellungswerk (nur) auf einem Postament oder an der Wand platziert werden könne. Ihre Schöpfungen hängen, schweben, schaukeln, fliegen, wobei Schellen läuten, und wir hören sogar Glocken spielen, nicht zu sprechen von Gekrächze, Gurren, Zwitschern und Uhuschreien, Clowns bringen uns zum Lachen und die Fallschirmspringer steigen weiter herab... Im Buch Mose lesen wir, dass Gott unter den Sündern Noah als wahren Menschen auserwählt hat und ihm zusammen mit seiner Familie das Leben bewahrte. Gott befahl ihm eine Arche zu bauen, auf der er mit seiner Familie und ein Paar jeder Tierart die Sintflut überleben konnte. Die Sintflut sollte alle Lebewesen vernichten. Das Wasser überschwemmte sogar die höchsten Berge und vernichtete alles Leben mit Ausnahme Noahs und seiner Familie sowie der mitgenommenen Tiere. Noah schickte ein Rabe und dann eine Taube los, sie sollten auskundschaften, ob das Land schon trocken war. Doch weder der Rabe, noch die Taube fanden trockenes Land. Nach sieben Tagen flog die Taube wieder aus. Und diesmal kam sie mit einem frischen Olivenzweig, Symbol des Friedens, der Hoffnung des Lebens, im Schnabel zurück. Nach weiteren sieben Tagen kehrte die Taube nicht mehr zur Arche zurück. Da wusste Noah, dass die Flut vorbei war und ein neues Leben begin­nen konnte. Judit Sarkantyú ist ein Noah des 21. Jahrhunderts. Ihre Arche übersteht die Prüfungen mitten in der Sintflut, jetzt gerade findet sie Grund in der Scheune von Sonkád im Freilichtmuseum Szentendre, wie Noah auf dem Berg von Ararat. All ihre Vögel finden trockenes Land, zusammen mit den anderen. Die Hoffnung auf Neuanfang besteht. Dank der Kunst, dank der Künstlerin. Mai 2010 Balázs Feledy 5

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