Török Dalma (szerk.): Mantel der Traume. Ungarische Schriftsteller erleben Wien, 1873-1936 (Budapest, 2011)
Studien - Ilona Sármány-Parsons: Symbiose und distanz
Die zweite Welle des Modernismus, die Vertreter der nach 1905 erscheinenden neuen Generation, die Repräsentanten der radikalen Avantgarde, bauten bald ein internationales Beziehungsnetz aus und schalteten sich in den dynamischen, von kommerziellen Galerien organisierten Ausstellungsaustausch ein. Ihr Stil und ihre Experimente, die die Formensprache radikal umstrukturierten, stellten statt der nationalen kulturellen Bindungen die abstrakteren, autonomen Bestrebungen der Malerei in den Vordergrund. Epilog Das Verhältnis der Ungarn zu Wien nach dem Ausgleich lässt sich im Bereich der bildenden Künste in drei Epochen gliedern. Die erste Epoche fand von ungarischer Seite im Zeichen einer schnellen Emanzipation statt: Die herausragenden Schüler lösen sich von ihren Lehrmeistern, finden zunehmend ihre eigene Stimme und tragen die Lehre weiter. Die Zeit des Historismus stand im Wesentlichen im Zeichen der Harmonie und des gegenseitigen Respekts. Die Künstlergeneration dieser Epoche entwickelte auf der gleichen ästhetischen Basis, mit einer identischen oder sehr ähnlichen Geschichtsauffassung und Stilidealen gewappnet, das bis heute stark dominante architektonische Erscheinungsbild der beiden Städte und ihre monumentalen, repräsentativen Verzierungen. Der zweite Abschnitt ist sehr viel kürzer, er umfasst die Zeit von der Genese der ersten Welle der modernen Kunst, Mitte der 1890er Jahre bis 1905-1907, und wird traditionell als die Zeit der Sezession bezeichnet, obgleich die sezessionistischen Bewegungen nur eine Strömung innerhalb der damals entstehenden oder sich gerade entfaltenden Stilen darstellte. Diese Künstlergeneration schenkte einander in Wien und Budapest nur wenig oder kein Interesse, kämpfte aber doch für ähnliche künstlerische Ideale. Sie versuchte die Anforderungen der europäischen künstlerischen Moderne in einer Synthese zu verschmelzen und zugleich die Kunst des Landes, der Stadt und der Zeit zu erneuern, indem sie sich auf die jeweiligen kulturellen Traditionen stützte. Das Bedürfnis nach der Erforschung der Geheimnisse der Seele, die Flucht vor den negativen Momenten des modernen Lebens waren sowohl in Wien als auch in Ungarn Phänomene der Zeit. Man wollte zeitgemäß, feinsinnig und individuell sein, doch zugleich griff man die lokalen beziehungsweise nationalen Traditionen auf. Die Wiener wählten aus den zahlreichen kulturellen Traditionsschichten das Biedermeier als die lokale Wurzel, den Vorboten in Form und Stil aus. In Ungarn griffen die Künstler bei der Gestaltung ihrer speziell ungarischen Moderne auf die als älteste vermutete Schicht, auf die Volkskunst, zurück. 90