Török Dalma (szerk.): Mantel der Traume. Ungarische Schriftsteller erleben Wien, 1873-1936 (Budapest, 2011)

Studien - Ilona Sármány-Parsons: Symbiose und distanz

der Stadt, der Glaswarenfabrikant Ludwig Lobmeyr, bestellte sogar eine reduzierte Variante des Werkes für seine Sammlung.25 Der Erfolg von Christus vor Pilatus war - wenn überhaupt möglich - sowohl in der Presse als auch im Kreis des Publikums noch größer. Diese Ausstellung „begleitete“ auch eine zweite Bildkollektion von Munkácsy, die Charles Sedelmeyer, der aus Wien stammende, aber in Paris lebende Kunsthändler, zeitgleich im Kunstverein zeigte. Der dritte große Erfolg stellte sich dann im Todesjahr von Hans Makart, im Herbst 1884 ein, als Munkácsy seine beiden Christus-Bilder, also auch das Gemälde Golgatha, präsentierte. Der zeitgenössischen Presse nach war auch Kaiser Franz Joseph beim Anblick der riesigen Leinwände voller Bewunderung. Gewiss war es diesem Erfolg zu verdanken, dass man Munkácsy mit dem Deckengemälde im prachtvollen Treppenhaus des Kunsthistorischen Mu­seums beauftragte. Der Meister freute sich über die ehrenvolle, doch ihm vollkommen fremde und ungewohnte Aufgabe nicht allzu sehr, und so übernahm er sie nur zögernd. Schließlich erfüllte er den Auftrag aber, und I 892 war die Apotheose der Renaissance fertiggestellt, die bei der zeitgenössischen Wiener Kritik nur mehr beschränkt auf Beifall stieß.26 Die Divergenz der Ideale und verwandten Strömungen Im letzten Drittel der I 890er Jahre, vor allem nach Gründung der Secession, erlebte das Wiener künstlerische Le­ben einen stürmischen Aufschwung. Das frühere Monopol des I 86 I gegründeten Künstlerhauses war zu Ende, neben der 1897 gegründeten Secession wurde 1900 auch der Hagenbund ins Leben gerufen, zudem bedeuteten die kleinen Kunsthandelsfirmen, die kommerziell ausgerichteten Galerien und Salons für die ausstellenden Künstler eine Alternative. Die Galerien Miethke oder Pisko sorgten mit zunehmend interessanteren zeitgenössischen Kunst­ausstellungen für eine Abwechslung im künstlerischen Leben, was auch die Tagespresse dazu veranlasste, jedes neue Ereignis mit großer Aufmerksamkeit zu verfolgen. Das Erscheinen und die Institutionalisierung der modernen Strömungen in der Malerei änderten nichts an dem Zu­stand der „Entfremdung“ in den beiden Reichshälften der Monarchie, vielmehr verstärkte sich dieser Prozess so­gar.27 In der ungarischen Fachpresse - Magyar Iparművészet, Művészet [Kunst] - erschienen zwar zuweilen Berichte über Wien, doch in der Mehrzahl der Fälle von einem ironischen kritischen Unterton begleitet; die österreichische Fachpresse aber schenkte dem Budapester künstlerischen Leben einfach keine Beachtung.28 Dies bedeutete jedoch nicht, dass man vollkommen uninformiert war. Der Kunstkritiker Károly Lyka schreibt in seinen Erinnerungen, dass 86

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