Török Dalma (szerk.): Mantel der Traume. Ungarische Schriftsteller erleben Wien, 1873-1936 (Budapest, 2011)
Studien - Ilona Sármány-Parsons: Symbiose und distanz
Jahre später entwickelte sich die Kunst von Károly Lotz in eine neue Richtung; seine Farben wurden heller, seine Kompositionen dynamischer und leichter, und er avancierte zu dem virtuosesten Wandbildmaler der Monarchie - eines seiner berühmtesten Werke ist das elegante Deckenbild in der Budapester Oper, das den Olymp mit Apoll und Dionysos versinnbildlicht ,16 Bertalan Székely orientierte sich mit seiner Freskenmalerei, die auf dem grafischen Stil der Nazarener basierte, doch einen viel größeren Farbenreichtum aufwies, in erster Linie an Joseph von Führich und Leopold Kupelwieser. In üppig dekorativen Szenen verewigte er das Leben und die Legenden der mittelalterlichen ungarischen Heiligen im Geist des Historismus an den Wänden restaurierter Kirchen, so beispielsweise in Pécs oder in der Liebfrauenkirche in Buda. In den zwei Jahrzehnten nach dem Ausgleich wurden in Ungarn die offiziellen Institutionen der ungarischen bildenden Künste gegründet, zudem wurde das staatliche Förderungssystem der Schönen Künste ausgebaut. Zur Gründung einer Malerakademie kam es aber nicht, es gab nur eine Hochschule für Zeichenlehrer (Mintarajziskola). Daher mussten die Studenten für eine Ausbildung auf höherem Niveau immer noch ins Ausland reisen. Ab den sechziger Jahren studierten die meisten angehenden Maler statt in Wien in München.17 Am Lehrstuhl für Malerei der Wiener Akademie waren meist mit einem staatlichen Stipendium, bis zum Ende des ersten Jahrzehnts des 20. Jahrhunderts einige später namhafte Ungarn anzutreffen.18 In der Mehrzahl der Fälle diente Wien gewissermaßen als vorübergehender Ort des Studiums, bevor man nach München ging, und es war eher eine Ausnahme, wenn sich jemand nach dem Studium in München an der Wiener Akademie immatrikulierte.19 Bei dem Wiener Professor für Landschaftsmalerei jener Zeit, Albert Zimmermann (1808-1888), studierten Géza Mészöly, Artúr Tölgyessy, ja sogar für kurze Zeit auch László Mednyánszky. Von noch größerer Bedeutung als Zimmermann war für die ungarische Malerei jedoch August Pettenkofen (I 822-1 889), der nicht nur eine zentrale Rolle in der lokalen mitteleuropäischen Tradition der Pleinairmalerei spielte, sondern auch als Erster die ungarische Tiefebene als malerische Landschaft und das Volk der Zigeuner als Motiv für das Ausland entdeckte. Bereits ab den fünfziger Jahren malte er regelmäßig in Szolnok, und seine kleinformatigen lichtdurchfluteten und stimmungsvollen Puszta-Bilder bedeuteten für das österreichische Publikum die „wahre ungarische Landschaft“, die so exotisch schien wie der abenteuerlich-romantische Osten selbst. Inspiriert durch Pettenkofen kamen auch andere österreichische 83