Török Dalma (szerk.): Mantel der Traume. Ungarische Schriftsteller erleben Wien, 1873-1936 (Budapest, 2011)
Wien-brevier - Endre Ady: Palast der Rothschilds
ENDRE ADY: PALAST DER ROTHSCHILDS Die Kutsche glich einer Galeere, Die ihren Fahrgast schweigen hieß. Im Winter, ob Wien oder Paris, Sie strahlt im Licht trotz Nacht und Nebel: Rothschilds prunkende Schwere. Meinen Kutscher zog es stets dahin, Als wenn er selbst das Schicksal wäre, Ich sah die prunkvolle Schimäre, Im Fiaker, der mich schaukelnd trug, Sah teure Bilder, Gold und Zinn. Selig der Kutscher: er schlägt sein Pferd, Die Straße aber ist ein wildes Meer, Hier irren Galeeren blind umher. Hier misst Gott mit ungerechtem Maß, Er treibt uns böse und beschwert. Der Kutscher grinste von oben her Redet und redet, mir zur Last: ,Den Rothschilds gehört dieser Palast.“ In mir aber wuchs die heiße Wut, Ich kühlte mich im Polster. 216 Im salzigen Menschentränenmeer Sah ich meine Galeere fahren, In Flut voll Unglück und Gefahren, Nur Türme, wie auf Fels gebaute, Die grinsen kalt von oben her. Ewig sind Abend und Galeere, Nur oben in den Turmpalästen Auf ewig jungen Freudenfesten, Da strahlen große, helle Lichter: Rothschilds prunkende Schwere. Aus dem Ungarischen von Wilhelm Droste