Török Dalma (szerk.): Mantel der Traume. Ungarische Schriftsteller erleben Wien, 1873-1936 (Budapest, 2011)

Studien - Éva Bajkay: Ungarische künstler von der sezession bis zur avantgarde in Wien 1900-1936

österreichischen Künstler im Budapester Művészház [Künstlerhaus], wobei die Zusammenarbeit der österreichischen und ungarischen Künstler inmitten der nationalen und religiösen Gegensätze, die sich vor dem Ersten Weltkrieg verstärkten, hervorgehoben wurde. Es wurde in utopischer Weise an die vermittelnde Rolle der Kultur appelliert, obgleich sich diese Konzeption nur wenig realisierte. Im Januar 1912 war die Wiener Neukunstgruppe — das heißt Schiele und seine jungen Zeitgenossen, die die Akade­mie ablehnten - mit einer Ausstellung von erleuchtender Kraft im Budapester Művészház zu sehen." Die Ausstel­lung, die sich verstärkt auf die Völker und Länder der Monarchie fokussierte12, bekräftigte darüber hinaus die Tatsache, dass die sich schneller entwickelnde ungarische Hauptstadt die neuesten Strömungen aufgriff. Der Organisator war der Berichterstatter der Budapester Presse, Paris Gütersloh, der als Schriftsteller und Maler gleichermaßen für Auf­sehen sorgte und sich in Berlin ebenso vertraut bewegte wie auch in Paris. Zudem warben die progressiven unga­rischen Journalisten, wie etwa György Bölöni, für die Ausstellung. Zu sehen waren mit einem umfangreichen Mate­rial unter anderem der Komponist und Maler Arnold Schönberg sowie das Enfant terrible des Expressionismus, Oskar Kokoschka. Ein weiteres Zeichen für den Zusammenschluss der neuen Künstler war, dass der Verband für Literatur und Musik in Wien die Wanderausstellung der italienischen Futuristen und deutschen Expressionisten im Dezember 1912 zeigte, die der Berliner Schriftsteller, Redakteur und Galerist Herwarth Waiden zusammengestellt hatte (in der für ihre Reformpädagogik bekannten Wiener Schwarzwald-Schule, wo 1925 dann auch Lajos Kassák und sein Kreis auftraten). Die Ausstellung war nach Wien in etwas abgeänderter Form auch in Budapest im Nemzeti Szalon [National-Salon] zu sehen. Da es etwas Ähnliches wie die Berliner Zeitschrift und Galerie Der Sturm in Wien nicht gab, zeigte sich seine Wirkung in ganz Mitteleuropa. Auch die modernen Ausstellungen der Wiener Galerie Miethke (1913: Neue Kunst; 1914: Picasso, Derain) wurden von Ungarn besucht. Der in Budapest geborene Felix Albrecht Harta, ein Freund Kokoschkas, hatte Gütersloh in Wien vermutlich ebenfalls inspiriert. Zu jener Zeit stat­tete auch der österreichische kubo-expressive Maler Maximilian Reinitz, Mitglied des Hagenbundes, Budapest einen Besuch ab. Die frühere Abkapselung der Wiener Künstler ließ also vor Ausbruch des Ersten Weltkriegs nach. Von einem modernistischen Zusammenschluss, der die gemeinsamen kulturellen Bestrebungen im Hinblick auf die Erneuerung in der Monarchie zum Ziel gehabt hätte, kann allerdings nicht die Rede sein. Die vereinzelten Kontakte waren wenig effektiv, auch wenn sie sogar von den Behörden gefördert wurden. 166

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