Török Dalma (szerk.): Mantel der Traume. Ungarische Schriftsteller erleben Wien, 1873-1936 (Budapest, 2011)
Studien - Julianna WernItzer: Wege durch die lücken des unsichtbaren
So beginnt er fanatisch, die Expedition zu rekonstruieren. Er sucht die Archive auf, forscht nach jedem aufspürbaren Material, erlebt die Expedition praktisch neu. Der „Ich-Erzähler“ wird erst nach dessen Verschwinden auf diese Tagebuchaufzeichnungen aufmerksam, er „überschreibt“ Mazzini gewissermaßen, gibt dessen Tagebüchern Namen wie etwa Terra nuova, der Titel eines der Kapitel im Buch Ransmayrs. „Ich bin mit den Aufzeichnungen verfahren, wie jener Entdecker mit seinem Land, mit namenlosen Buchten, Kaps und Sunden verfährt - ich habe sie getauft. Nichts soll ohne Namen sein.“ (Ransmayr 186) Auch Jókai benennt alles: Er gibt seinem gezähmten Bären einen Namen, der von ihm zu Leben erweckten, in Kristall geschlossenen Frauengestalt, den chemischen und biologischen Prozessen. Die Gestalt Nahamas ist zwar nicht so schillernd wie die übrigen Frauenfiguren Jókais, doch kann sie durchaus mit ihnen konkurrieren. Während Babi, der Bär, als treuer Gefährte und Begleiter des Öfteren Quelle des Humors ist, bekleidet der Autor Nahama, die zweitausendjährige Ehefrau, mit stark erotischen Zügen. Von den in die Tiefe hinunterstürzenden Bärenleichen - die versprechen, als ausgezeichnete Lebensmittelquelle zu dienen - verarbeitet Pero nur zwei, womit er die Gefühle des gezähmten Bären respektiert, der im dritten Bären, der zu Tode kommt, nicht nur seinen König, sondern auch seinen treuen Gefährten verliert. Auch unser Held sieht ein: „Der König darf nicht gegessen werden." (Jókai 47) Landkarten als Bestimmung des Raumes und Reisen durch die Zeit Beide Romane sind Reiseromane und als solche thematisieren sie das Verhältnis von Bekanntem und Unbekanntem. Der Held Jókais befindet sich an einem bis dahin unbekannten Ort, entdeckt alte, untergegangene Welten bei seiner Reise im Inneren der Erde. Während die Ereignisse in der Romangegenwart geschehen, steht das Werk im Dialog mit sehr viel älteren erdgeschichtlichen Zeiten, wo viele unbekannte Orte auftauchen, die durch den Helden doch kennen gelernt und erkundet werden können. Die Geschichte ist zugleich die Reise dieser Erkundung sowie die Quelle der Abenteuer. Die unbekannten Gebiete werden in Jókais Roman durch ihre Bevölkerung mit erdgeschichtlichen Ereignissen, Überresten aus der Eiszeit, menschlichen Urwesen zur Bildoberfläche, zum Atlas. Die Bewegung des Helden ist die Eingrenzung des Unbekannten durch das Bekannte. Seine Hypothesen sind die Ergänzung der realen Welt in Richtung des Möglichen. Für Jókai existieren hybride, uneindeutige Situationen. Aus seinem Gesichtspunkt gehört auch die Utopie zum Franz-Joseph-Land (und somit zur Welt); mit dem entdeckten Erdteil erscheinen auf der Landkarte des Romans andere, fiktive, alternative Orte. Der Held Jókais trägt mit seinem Schöpfungsmythos 117