Kapronczay Károly szerk.: Orvostörténeti Közlemények 188-189. (Budapest, 2004)

TANULMÁNYOK - ARTICLES - Lammel, Hans-Uwe: Zum Verhältnis von kulturellem Gedächtnis und Geschichtsschreibung im 18. Jahrhundert. Medizinhistoriographie bei Johann Carl Wilhelm Moehsen (1722-1795). - A kulturális emlékezet és a történetírás viszonya a 18. században. Johann Carl Wilhelm Moehsen (1722-1795) orvostörténeti munkái

Verhängnis" beherrschten Ländern nun auch anfangen, nach vor zweitausend Jahren geschlagenen Münzen zu suchen, sie vermöge dieser Funde wie von selbst auf die Widerlegung der sich auf den Koran stützenden „verfälschten Historie und Chronologie" und damit auf die Befreiung der heiligen Schrift von der „Muhammedanischen Lästerung", dass sie verfälscht sei, kommen würden. 17 Aktuell interessiert ihn indessen ein ganz anderes Problem: Münzen, so Schulze, lehren „uns nicht nur die rechten Nahmen der Kay ser, wie auch ihrer Gemahlinnen und Kinder; die in den barbarischen Zeiten, durch so viele Schreiber offt und mannigfaltig verdorben worden: sondern zeigen uns ihre Gestalt aufs künstlichste und ähnlichste abgebildet: daß wir selbst aus derselben Betrachtung und Vergleichung mit ihren Thaten, Tugenden und Lastern eine gar nützliche Übung haben können hinter das Geheimniß, wie man der Menschen Gemüther erkennen soll, desto leichter zukommen"Neben einer an Physiognomie orientierten Psychologie 19 geht es um eine Art kunsthistorischen memory-Effekts, der aus der Autopsie erwachsen möge, nämlich auf allen vorkommenden Münzen oder Gemälden fürderhin „an ihren Zeichen" zu erkennen, was die „Ursache" ist, warum diese Darstellung beispielsweise für eine Diana und jene nicht für eine Minerva gehalten werden dürfe. 20 Das methodische Problem, an das sich Schulze hier anzunähern bemüht, wird durch das Verhältnis von Geschichtsschreibung und Erinnerung strukturiert. Seine epistemologische Entscheidung meint nicht ein dichotomisches Programm, sondern eine komplementäre Vorstellung. Geschichtsschreibung, im Gegensatz zu Erinnerung bzw. Gedächtnis, disponiert Wissen über die Vergangenheit in einem distanzierendem Sinn, was Aleida Assmann versucht hat mit dem Begriff des Speichergedächtnisses zu fassen. 21 Mit der historiographischen Verfolgung einer, Identifikation umgehenden Strategie muß es dabei notwendigerweise zu Vergessens- oder Ausblendungsphänomenen kommen. Demgegenüber steht ein Funktionsgedächtnis, das auf die aktuelle Bedeutung von Vergangenheit aus ist und seinerseits Erinnerungsleistungen für sich reklamiert, die sich genau an jenen ausgeblendeten Spuren und Resten orientieren, die die Geschichtsschreibung in ihrer rhetorischen Ausrichtung nicht benötigte oder nicht gebrauchen konnte. In einer solchen komplementären Betrachtungsweise werden Geschichtsschreibung und Erinnerung bzw. Gedächtnis zu zwei sich gegenseitig bedingenden Formen des Umganges mit Vergangenheit. Sie sind noch nicht zwei aufeinanderfolgende Stufen, wie es uns heute die Kenntnis der nachfolgenden Entwicklung festzustellen erlaubt, auch nicht zwei sich ausschließende Weisen des Umganges mit Vergangenheit, wie es etwa aus der gegenwärtigen Debatte zwischen den Vertretern einer Reduktion von Geschichte auf Erinnerung und jenen, die von einer Reduktion auf Rhetorik sprechen, erscheinen könnte. Geschichtsschreibung hat offenbar mindestens drei sehr unterschiedliche Dimensionen: die wissenschaftliche, die memoriale und die rhetorische. Wir befinden uns mit Moehsen an 17 Einladungs=Schrifft. 4. 18 Ebenda. 8. 19 Thomas Müller: Rhetorik und bürgerliche Identität. Studien zur Rolle der Psychologie in der Frühaufklärung (= Rhetorik-Forschungen, Bd. 3). Tübingen, 1990. 20 Einladungs-Schafft. 12. 21 Aleida Assmann: Erinnerungsräume. Formen und Wandlungen des kulturellen Gedächtnisses. München, 1999. 130-142.

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