Magyar László szerk.: Orvostörténeti Közlemények 170-173. (Budapest, 2000)

TANULMÁNYOK — ARTICLES - Schulteisz, Emil: Zur Geschichte der Pestinokulation im 18. Jahrhundert — zugleich ein Beitrag zur Geschichte der ungarisch—deutschen medizinischen Beziehungen. —A 18. századi pestisoltás történetéhez, adalékokkal a magyar— német orvosi kapcsolatok történetéhez

In Vaters Abhandlung über die Variolisation ,JJas Blattern-Beltzen oder die Art und Weise die Blattern durch künstliche Einpropffung zu erwecken ..." (Wittenberg 1721) liest sich über den Gedanken der Pestinokulation folgendes: „Nun möchte zwar wohl jemand auf die Gedanken gerat hen, wenn dieses Angienge, dass man durch diese Ansteckung, de­nen Blattern gleichsam den Gifft nehmen könte, so möchte solches auch wohl bei der Pest selbst, und andern ansteckenden krankheiten, practicable seyn ...Es Hessen sich aber doch wohl einige warhscheinliche Gründe finden dass solches ... eben solchen Nutzen haben möchte als bei denen Blattern ... Die Blatter-Materie ist nicht so scharf un heftig, als die aus denen Patienten ausgehenden Dünste; mit der reiffen Materie der Pest-Beulen kan es öhnmöglich anders beschaffen sein ... und wie viel könnte nicht hier Rationes anfuhren, dieses weiter zu beweisen, wofern es die Zeit, und der Raum vergönneten. Allein, es mag damit genug sein weil es doch nur blosse Meditationes sind, welche ohne der Experience nicht beweisen können. Solte diese damit accordieren, so würde der Nutzen davon nicht geringer, als bey denen Blattern seyn, ... Jedoch, wie gesagt, so sind das nichts, als Pen­seen, welche doch nicht ohne Wahrscheinligkeit seyn... " (pp. 37-38). Diese Penseen, diese Gedanken von A. Vater stehen aber am Anfang des Immunitätsge­danken! Pestinokulation zu einer Zeit, da selbst die Variolisation zweifelhaft, später in ei­nigen Ländern sogar untersagt war. 60 Der Gedankengang der zu dieser Hypothese führte ist nicht einfach ein Analogie-Denken, sie kann im Sinne einer Aussage des Gedankens von der Intuition zur Erfahrung und von der Erfahrung zur Intuition gedeutet werden, auch den Aufklärungsphilosophen nicht fremd. 61 Wie er selbst schreibt, hat Vater seine Ausführungen über „Blattern-Beltzen" schon frü­her in einer lateinisch abgefassten Inaugural-Dissertation publiziert: „... da ich es schon ehemals in der Disputatione ausgeführet, so viel einem Medico dass zu Wissen nöthig ... welche auch seine approbaiion(l) gefunden, wie der Abgang der heuffig gedruckten Ex­60 Gegenströmungen zum aufklärerischen Empirismus standen unvermindert in Geltung. Nicht wenige der besten Ärzte der Zeit waren scharfe Gegner der Pockenimpfung. Der totius praeceptor mundi Boerhaave z.B. verwarf die Impfung und hielt sich, auch was die Pathogenese und Therapie der Pocken anbelangt, an konservative Auffassungen. Widerstand gegen Variolisation leistete besonders der ansonsten nicht unbedeutende Kliniker, Leibarzt der Kaiserin Maria Theresia, Anton de Haen (1704—1776). Auf ihn berufen sich die Impfgegner in den deutschen Territorialstaaten. Das Pro und Contra zur Variolisation wird in der Folge identifiziert mit progressiver oder restaurativer Haltung zu einer Entwicklung auch in puncto Politik. Selbst Goethe bemerkt in seiner Autobiographie über seine eigene Erkrankung des Jahres 1756 berichtend: „Die Einimpfung derselben ward bei uns noch immer für sehr problematisch angesehen ..." Zit. nach Becker, H. B.: Der kranke Goethe. Halle 1974, S. 4. Parish schreibt: „Variolisation was made legal in France in 1755 and it was not practised in Spain until about 1770. It was consequently opposed in Germany" Parish, H. J.: A History of Immunization. Edinburg-London, 1965. 24. ff., Vgl. auch Klebs, A. C. The historic evolution of variolation. Johns Hopkins Hosp. Bull. 24 (1913) 69—93. Weszprémis Schrift erscheint zu einer Zeit, da der Streit um die Variola­Inoculation gerade seinen Höhepunkt erreicht hat. Der französische Wissenschaftler und Politiker De Flury erlangte 1763 ein réquisitoire vom Pariser Parlament, wodurch das bis dahin ausgeübte Inokulieren in den französischen Städten verboten wurde. Klebs, A. C. op. cit. 69. 61 Eine solche Angabe finden wir schon früher bei Nicolaus Cusanus. Nach Cusanus, nach den Aristotelikern von Padua und nach Galilei liegt die Kraft der Wissenschaft in der Hypothese. Vgl. Schultheisz, E.: The Begnning of Quantification in Physiology. Clio Med. 17, No. 4 (1983) 193—197. Ders.: On the beginnings of quantitativ thinking in medicine. Nicolaus Cusanus and the Idiot. In: Schultheisz, E. (Ed.): History of Physiology. Pergamon Press, 1980. 1—9. Zu Cusanus' Erkenntnis vgl. Blum, P. R.: Erfahrung, Weltbild und Erkenntnis bei Nikolaus Cusanus. Ber. Wissenschaftsgesch. 14 (1991)97—105.

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