Antall József szerk.: Orvostörténeti közlemények 125-132. (Budapest, 1989-1990)
TANULMÁNYOK - ESSAYS - Vida, Mária: Die Philanthropie und die Rolle der Frauen in Ungarn
Drachenzahn: Schlangenhorn; Hasenauge, usw. Weit bekannt waren noch die Truhen von Borbála Thurzó und der Frau von István Pálffy: der Wert dieser letzteren wurde 1262 auf 1.200 Forint geschätzt. In der Ausstellung des „Semmelweis-Museums" in Budapest und des „Apothekenmuseums zum Goldenen Adler" im Burgviertel von Buda sind zwei Apothekentruhen zu besichtigen. Die eine ist ein mit Intarsien verziertes Nussbaumholz-Kästchen im Spätbarockstil der Zeit Maria Theresias; in ihren Fächern hatte man in viereckigen, mittels zinnkappen verschlossenen Gläschen die Öle und Blumenwässer gehalten. Im unteren Teil des Kästchens, in einem abschliessbaren Schubfach befanden sich die Salbentiegel aus Zinn und die nötigen Utensilien. In der anderen, um 1720-1730 in Südtirol angefertigten Truhe wurden eine Handwaage, eine Gewichtgarnitur bzw. Messlöffel in separaten Fächern untergebracht. 20 Die sich auf dem Deckel bzw. an der Seite befindlichen Messinghandgriffe verraten, dass die Truhen oft auf längere Reisen oder zu kranken Nachbaren mitgenommen wurden. Organisierung und Lenkung einer Grossfamilie im Sinne des „Ganzen Hauses" war bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts die Aufgabe des dem Grossgrundbesitz vorstehenden Hochadligen, in seiner Abwesenheit aber die der Herrin des Hauses. Die Fürsorge für deneinzelnen erkannte der Staat nicht als seine eigene Aufgabe an. Nur die städtischen Munizipien beschäftigten sich mit dem sogenannten „Armenwesen", wobei hier - neben den Belangen der öffentlichen Wohlfahrt - oft die Polizeiangelegenheiten dominierten. 21 Auf die Bedeutung individueller Verantwortlichkeit weist die Tatsache hin, dass die Kulturzentren des Hochadels Sárvár, Németújvár, Sárospatak, die die Rolle des königlichen Hofes übernommen hatten, die Sozialfürsorge, und zwar vor allem die Gesundheitsfürsorge als ihre Hauptaufgabe, wenn nicht sogar als ihre Pflicht ansahen. Aus der Reihe unserer „Edelfrauen" möchte ich nur diejenigen erwähnen, deren ausgedehnte medizinische Kenntnisse und Praktiken weitläufig bekannt waren. Die sozial-fürsorgerische Tätigkeit der Frauen der Batthyánys, einer anderen Familie mit Grossgrundbesitz in Westungarn, wurde über Generationen hinweg zur Tradition. Der Begründer des Familienvermögens war Ferenc Batthyány (1497-1566), Ban von Kroatien. Seine erste Frau Kata Bánffy (um 1500/10 - 1562) war der „spiritus rector" des volkreichen Hofes von Németújvár, jenem Grossgrundbesitz, den die Familie 1524 als Donation bekam. 22 Sie war eine bedeutende Briefschreiberin ihrer Zeit, die nicht nur mit ihrem Mann, sondern auch mit dem Statthalter von Niederlanden und mit der verwitweten ungarischen Königin Maria korrespondierte. Ausserdem kannte sie sich ausgezeichnet in der Behandlung von Krankheiten aus und stand mit Rat und Medikamenten der Bevölkerung der Gegend zur Seite. Für ihren gichtkranken Mann fertigte sie Sandalen und einen Fuss-sack (sacculus pedalis) an, mit deren Hilfe dessen grosse Schmerzen gelindert werden konnten. Je ein Stück ihrer Erfindungen Hess sie auch dem Palatin, Tamás Nádasdy, und dem Erzbischof von Esztergom zukommen. Ferenc Batthyány schien sie mit solchem Erfolg kuriert zu haben, dass jener seine erste Frau überlebte und sich sogar noch als alter Mann wiederverheiratete. Seine zweite Frau, Kata Svetkovics (? - um 1575) hatte ebenso den Ruf einer guten Ärztin. In ihrer Hausapotheke hielt sie etliche Medikamente, Heilwässer und Kräuter. 23 Ein Grossteil ihrer erhaltengebliebenen Briefe handelt über Medikamente und ärztliche Ratschläge: einem Mann verordnete sie zur Behandlung einer Bisswunde z.B. Ligusterkäfer. Um den verwundeten Fuss des Boldizsár Batthyány behandeln bzw. rotes Öl und Kräuter. In der Heilpraktik verschaffte sich jedoch die Enkelin Eva Lobkovitz-P oppel (1585/1590 1640), die Ehefrau von Ferenc Batthyány, den grossten Ruhm. Sie war die Ziehmutter von Miklós Zrínyi, dem Dichter und dem heldenhaften Verteidiger von Szigetvár, und dessen Bruder Péter. Wenn auch die aus der Hausapotheke der Damen Batthyány stammenden Medikamente landes weit berühmt waren, so wurden sie doch von der Apotheke und den zahlreichen Rezepten der Eva 20 Aus der Geschichte der Heilkunde. Museum, Bibliothek und Archiv für die Geschichte der Medizin „Ignaz Semmelweis". Bp. 1984. Comm. Hist. Artis Med. Suppl. 13—14. 55 Bild. Nr. 143. 21 Mohl, K.: Polizeiwissensclwft. 1. Bd. 52.§.; Sonnenfels, F.: Grundsätze der Polizey-Handlungs- und Finanzwissenschaft. Wien, 1769—176. vgl. Csizmadia, A.: A szociális gondoskodás Magyarországon. (Die soziale Betreuung in Ungarn.) Bp. 1977. IL, 16—19. 22 Takács, S.: a.a.O. (Fußnote Nr. 7.) Batthyányné Bánffy Kata. 89—109. 23 Takács, S.: a.a.O. (Fußnote Nr. 7.) Svetkovics Kata 141—148.