NAGY EMESE (szerk.): KÖZÉPKORI RÉGÉSZETI TUDOMÁNYOS ÜLÉSSZAK 1970. december 8—10. / Régészeti Füzetek II/14. (Magyar Nemzeti Múzeum Budapest, 1971)

Für das früher gestaltete Bild über die Kunst des Mittelalters in Ungarn war charakteristisch, dass wir kaum über eine zusammenhängende Entwicklung sprechen konnten, da ja infolge der Türkenherr­schaft und der ständigen Kämpfe gerade die in der Mitte des Landes entstandeneu künstlerischen Zentren zerstört wurden. Das verhältnismässig reiche literarische Material war aber nicht ausreichend, die fehlenden Denkmäler zu ersetzen. So wurde das Kennenlernen der politisch-wirtschaftlichen Zentren des Landes, der leitenden Kunstzentren von den archäologischen Forschungen abhängig. Die Geschichte der ungarischen Kunst des Mittelalters kann ohne die Bearbeitung des durch die archäologischen Er­schliessungen ans Tageslicht kommenden und ständig zunehmenden neuen Materials, ohne die ein­gehende Kenntnis der archäologischen methodischen Verfahren nicht geschrieben werden. Ähnlich ist die Lage auch in der Relation der materiellen Volkskunde sowie bei den Erschliessungen von Dörfern des Mittelalters. Durch die Dorfausgrabungen hat nicht nur die Siedlungsgeschichte, sondern auch die materielle Volkskunde grundlegende Ausgangspunkte gewonnen. Diese äusserst erfolgreichen Forschungen waren jedoch vorerst, zumeist aus materiellen Gründen, nicht grosszügig genug. Die Morphologie, Topographie, materielle Kultur, das Kleingewerbe, die Geschichte der Technik usw. der Stadtgeschichte, welche ausschlaggebende Faktoren beim Kennenlernen der gesellschaftlichen Formationen des Mittelalters sind, können einzig und allein mit den Methoden der Archäologie des Mittelalters erforscht werden. Es ist jedoch wahr, dass die schriftlichen Quellen und Texte zur Kom­mentierung des Materials unerlässlich sind. Die wichtigsten Teile der Kontrolle der Ergebnisse, der Gegenstand oder das Siedlungsobjekt, kämen jedoch durch keine einzige Beschreibung ersetzt werden. Der Vorteil des archäologischen Gegenstandes den oft tendenziös beeinflussten schriftlichen Quellen gegenüber besteht darin, dass er nach den heutigen Gesichtspunkten der Forschung, mit modernen technischen Einrichtungen, also mit objektiven Mitteln geprüft werden kann. Das schwierigste methodologische Problem der Archäologie des Mittelalters liegt darin, dass sie die auf den verschiedensten Gebieten des Lebens vorkommenden materiellen Denkmäler umfasst, die kein einziger Forscher in all ihren Einzelheiten Überblicken kann. Daher müssen auch in der Archäologie ebenso, wie dies in der Industrie, Technik, Medizin und auf anderen Gebieten der Fall ist, die bereits eingeführten komplexen Forschungsmethoden angewandt werden. Die Koordinierung des mit ver­schiedenen Methoden bearbeiteten vielfältigen Materials, die Zielforschung, beruht auf der Zusammen­arbeit der verschiedensten Fachleute. Im Interesse dieser Zielforschungen muss - gegenüber der bisherigen ad hoc Zusammenarbeit - die Bildung von organisierten, institutionellen Gruppen geschehen, ohne die das fast unübersichtliche Gebiet der Archäologie des Mittelalters nicht erfolgreich bewältigt werden kann. Zur Illustrierung der Forschungsbestrebungen, die historischen Probleme komplex zu lösen, bringt der Vortragende charakteristische Beispiele von seinem eigenen Forschungsgebiet. Das Ziel der betreffenden Ausgrabungen war die Aufdeckung eines solchen Zisterzienserklosters, dem sowohl in politischer, als auch in wirtschaftlicher, kultureller und künstlerischer Hinsicht Ende des XII. Jahrhunderts bis zum Beginn des XIII. Jahrhunderts in Ungarn eine sehr grosse Rolle zu­gekommen ist. Seine Aufdeckung geschah im Rahmen des besagten Programmes - welches, wie er­wähnt, - die Erschliessung der richtunggebenden Zentren des Landes zum Ziele hatte. Die 20% der in diesem Gebiete bisher durchgeführten Forschungsarbeiten beweisen bereits, dass dieses Kloster vom König besonders begünstigt -wurde und eine bedeutende wirtschaftliche, technische und künstleri­sche Rolle gespielt hat. Dafür zeugen sowohl der Bau des Klosters und der Kirche, als auch seine Ausmasse sowie die Vollkommenheit der künstlerischen Lösung, die technischen Einrichtungen und das mannigfaltige Fundmaterial. Dieses Kloster und seine Kirche können als erste Repräsentanten der französischen Gotik in Ungarn betrachtet werden, die für die Forschung erreichbar sind. Was die politische Rolle des Klosters anbelangt, übte die nach Frankreich orientierte Politik des Klosters einen bedeutenden Einfluss auf die Politik des Königs Béla EI. (1178-1196) und András E. (1205-1235) aus. Diese französische Orientierung widerspiegelt sich in den architektonischen, plastischen Baudenkmälern des XE. und des XEE. Jahrhunderts. Die bei den Ausgrabungen wahrge­nommenen Erscheinungen lenken also auch hier die Aufmerksamkeit auf die historische Einheitlichkeit der verschiedenen Gesichtspunkte der Forschung, wodurch einzig und allein die Möglichkeit ge­114

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