H. Kolba Judit szerk.: Führer durch die historische Ausstellung des Ungarischen Nationalmuseums 2 - Von der Staatsgründung bis zur Vertreibung der Türken - Die Geschichte Ungarns im 11.-17. Jahrhundert (Budapest, 1997)
SAAL 2 - Die Zeit der Anjou-Herrscher (14. Jahrhundert) (Júlia Kovalovszki)
SAAL 2 Die Zeit der Anjou-Herrscher (14. Jahrhundert) Mit Andreas III. (1290-1301) endete die Reihe der Herrscher aus dem Arpádenhaus im Mannesstamme. Nach langdauernden Machtkämpfen gelangte einer der Nachkommen aus einem weiblichen Zweig, Karl Robert von Anjou aus Neapel (1301-1342), zur Herrschaft. Der mit starker Hand regierende Herrscher organisierte das Königreich Ungarn völlig neu, brach den Widerstand der Großgrundbesitzer und stellte das Ansehen der Königsherrschaft wieder her. Seine wirtschaftlichen Maßnahmen (Schenkung von Privilegien, Geldreform usw.) stärkten Handel, Gewerbe und Edelmetallbergbau. Die wichtigste Entwicklung der Epoche war aber die Teilung der ungarischen Gesellschaft in den das Land besitzenden Adel und die der Grundherrschaft unterworfenen Leibeigenen. Der Sohn Karl Roberts, Ludwig I. (der Große) (1342-1382) - den auch die Polen zum König wählten (1370-1382) -, folgte ihm auf den Thron. Er verwickelte sich zwar allzu sehr in die Konflikte in Italien, setzte aber die Reformen seines Vaters als dessen würdiger Nachfolger fort. Während ihrer beider Herrschaft wurde Ungarn zur europäischen Großmacht. Die Personen der Anjou-Herrscher zeigen die vergrößerten Miniaturen Karl Roberts und Ludwigs des Großen aus der Bilderchronik. Auf dem Rahmenstein des Tabernakels von Pöstyén (Piest'any) ist ebenfalls Ludwig der Große zu erkennen. Das bemalte Anjou-Steinwappen schmückte einst das Portal des Győrer Bischofspalastes, es entstand in der Zeit, als ein Sohn Karl Roberts, Kálmán, dort Bischof war (13371374). Die Wappen des Doppelkreuzes vom Reliquiar Ludwigs des Großen weisen direkt auf den Herrscher hin. Der mit dem Lilienwappen der Anjous verzierte silbervergoldete Kelch (Abb. 11) und das reichvergoldete, gravurverzierte kupferne Ziborium (Hostienbehälter) (Abb. 12) stammen aus der von Ludwig dem Großen gegründeten Kirche von Vízakna (Ocna Sibiului) bzw. Szepeskörtvélyes (Spissky Hrusov). Wahrscheinlich waren beide Gegenstände Geschenke des Königs. Hier wurde das älteste Möbel des Nationalmuseums aufgestellt, die aus einem einzigen Baumstamm ausgehöhlte, dicht mit Eisenbändern beschlagene Truhe (Szepesbéla [Spisská Belá], 14. Jh.), die ursprünglich der Aufbewahrung von Kirchengeräten und Schriften diente. In ihr sind jetzt Urkundenkopien aus der Anjouzeit ausgestellt. Der Hauptsitz der Anjoukönigc war Visegrád, wohin Karl Robert 1323 mit seinem Hof umsiedelte; hier war auch die Residenz Ludwigs des Großen und seiner Nachfolger Königin Maria und Sigismund von Luxemburg bis 1408. Bereits Karl Robert ließ ein königliches Haus in der Stadt errichten, vor 1330, das Ludwig der Große in den 13501360er Jahren zum Palast erweiterte. Im letzten Viertel des 15. Jahrhunderts entstand der gewaltige Palastkomplex, dessen Ruinen auch heute noch existieren. Ein Prunkstück der Epoche ist der aus dem Visegráder Palast stammende Wandbrunnen, dessen Baldachin das Straußenwappen der Anjous ziert (Abb. 14). Der Brunnen befand sich in einem kleinen geschlossenen Gärtchen, das der privaten Nutzung des Herrschers vorbehalten war. Aus dem Visegráder Palast stammt auch die Rekonstruktion der gotischen Sitznische. HEER, BURGEN UND AUSSENPOLITIK Die erfolgreiche Außenpolitik der Anjous, die auf einer Landkarte dargestellt wird, erwarb dem Königreich Ungarn internationales Ansehen. Sie dehnten die Grenzen des Landes in Richtung Balkan aus und schufen nach Norden und Westen Bündnis- und Freundschaftsbeziehungen; Ludwigs des Großen Feldzüge zur Gewinnung des Throns von Neapel blieben jedoch ergebnislos. Im Zentrum der Domänen standen steinerne Burgen, die überwiegend im Besitz des Königs waren, der „bei der Befestigung