Kemenczei Tibor: Studien zu den denkmälern skythisch geprägter alföld gruppe (Inventarta Praehistorica Hungariae 12; Budapest, 2009)

Der Fundstoff - Denkmäler der skythischen Tierstilkunst

verbreiten konnte, d.h. die Grabfunde von Gyöngyös, darunter auch die Stangenaufsätze mit Tierfigur nicht die Denkmäler der Vorskythenzeit in der Tiefebene, der Mezőcsát-Gruppe gewesen sein konnten. Der Op­ferfund von Nagytarcsa besteht aus zwei unversehrten Stangenaufsätzen, einem mangelhaften Stangenauf­satz, sowie aus acht bronzenen Glöckchen und vier Eisentrensen (Taf. 163-165). Die Eisentrensen ge­hören zu derselben Formengruppe, wie das Exemplar aus dem Kurgan 2 von Perebykovcy. Die typischen Merkmale dieses Exemplares sind die geraden Kne­bel, die sich verjüngen und schließlich in einem klei­nen Knopf enden. Da der Kurgan 2 von Perebykovcy auf die zweite Hälfte des 7. Jh. v. Chr. datiert werden kann," 1 ' 0 soll auch das Fundmaterial von Nagytarcsa fast aus derselben Zeit gestammt haben. Auch die Stangenaufsätze mit Stierkopfdarstellung belegen diese Datierung. Die betont geformten Hörner der Tiergestalten bilden das typische Merkmal dieser Dar­stellung. Ähnlich geformte Stierköpfe kommen auch auf den Stangenaufsätzen, die im Waldsteppengebiet, in der Gegend des Flusses Sula aus dem Kurgan Starsaja Mogila, und im Kubangebiet aus dem Kurgan Ulskij Aul zum Vorschein gekommen sind. 511 Diese Funde sind mit den Kurganen von Kelermes gleichalt­rig, d.h. sie stammen aus der ersten Hälfte des 7. Jh. v. Chr. Den Exemplaren von Gyöngyös ähnlich gehören also die Stangenaufsätze mit Tierfigur von Nagytarcsa zu den frühesten Werken der skythischen Tierstilkunst in der Ungarischen Tiefebene. Den Fundstücken von Gyöngyös und Nagytarcsa ähnlich wurden auch die anderen Stangenaufsätze vom Kaipatenbecken mit Hirsch-, Rehfiguren verziert. Ein einmaliges Stück ist der aus Aszód stam­mende Stangenaufsatz, der neben einer Hirschkuh auch zwei Rehkitzen darstellt (Taf. 144, 2). Diese Tierfiguren sind die Symbole der Fruchtbarkeit, des Mondgottes in der Glaubenswelt der iranischen Völker. Es ist auch ein solcher Stangenaufsatzfund bekannt, bei dem nur der untere Teil erhalten geblieben ist. Der Fundort ist Bánhorváti in Nordungarn. Auf dem Tüllenteil des Fragments befindet sich eine Öse, wie bei einem Exemplar mit Rehfigur von Gyöngyös. (Taf. 145, 3). Die Forschung hält die im Ostteil des Karpaten­becken zum Vorschein gekommenen Stangenaufsätze mit Tierfigur für die Produkte örtlicher Werkstätten. Es ist möglich, obwohl die Fundstücke von Sieben­510 SMIRNOVA 1993; Dies 1998,460. 511 ARTAMONOV 1965, Taf. 59; ILTNSKAJA 1968, Taf. 13, _ O 4. 512 BAKAY 1971, 108. bürgen vermutlich im Kubangebiet hergestellt worden sein dürften. Aber die Tatsache, wonach die Werke der skythischen Tierstilkunst keine örtlichen Vorbil­der im Ostteil des Karpatenbeckens hatten, beweist, dass die Vorbilder aus dem Steppengebiet stammten. Wenn die Stangenaufsätze von der Tiefebene jedoch in örtlichen Werkstätten hergestellt worden wären, war den Handwerkermeistern der skythische Stil wohl bekannt, d.h. auch die Glaubenswelt, die die Tier­stilkunst im Steppengebiet ins Leben rief, und auch im Kreis der Bevölkerung der Ungarischen Tiefebene an­wesend war und ihre Wirkung ausübte. Zusammen mit den Stangenaufsätzen mit Tierfigur kamen sogar in vier Fällen Bronzeglöckchen zum Vor­schein (Aszód: Taf. 144, 3, Balassagyarmat: Taf. 145, 2, Gyöngyös: Taf. 149, 1-5, Nagytarcsa: Taf. 165, 1-8). Deshalb ist es anzunehmen, dass diese Gegen­stände zusammen gebraucht wurden. Der Meinung von Kornél Bakay nach ließ man sie während der Ri­tualhandlung ertönen. 512 Ein derartiges Bronzeglöck­chen wurde auch im skythenzeitlichen Gräberfeld von Muhi - Kocsmadomb gefunden (Taf. 35, 10). Im Step­pengebiet hat man ab dem 8. Jh. v. Chr. die ganze Skythenzeit hindurch solche Bronzeglöckchen im Grab untergebracht, wie die gleichen Fundstücke im Fundstoff der Alföld-Gruppe. Mit Tiermotiven verzierte Waffen Eine bronzene Streitaxt vom slowakischen Fundort Devicie zeigt die Wirkung der skythischen darstellen­den Kunst des Steppengebietes. Das Klingenende hat die Form eines Pferdekopfes (Taf. 182, 1). Im Osten kamen ähnlich geformte Streitäxte u.a im Dnjepr-Ge­biet aus den in der Region Romny freigelegten Kur­ganen zum Vorschein. Am besten ähnelt dem aus Devicie stammenden Stück ein Exemplar mit breiter Klinge, welches aus dem Kurgan von Jarmolincy bekannt ist.-* 113 Im Zusammenhang mit der Streitaxt mit Pferde­kopfende ist die Tatsache zu erwähnen, dass im Kar­patenbecken schon vor der Skythenzeit bronzene Gegenstände mit Verzierung in Form eines Tierkopfs gefertigt wurden. So die Zepter unter den Depotfun­den von Kisköszeg (Batina), sowie die im Sárvíz­Kanál, im Komitat Turóc in Siebenbürgen gefundenen Zepter. 514 Zu diesen können weiterhin die Bronzekne­bel aus dem in Stillfried in Niederösterreich freige­legten Urnengräberfeld gezählt werden. 515 Diese 513 ILTNSKAJA 1965, 210. Abb. 3, 2. 514 GALLUS / HORVÁTH 1939, Taf. 44, 1-2, Taf. 54, 2; JA­COB-FRIESEN 1968, 66. 515 KAUS 1988-89, 248. Taf. 2, 8-11.

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