Horváth A. László, Simon H. Katalin: Das Neolithikum und die Kupfzereit in Südwestdanubien. (Inventaria Praehistorica Hungariae 9; Budapest, 2003)

6. Die Kupferzeit - 6.3. Die mittlere Kupferzeit

Das Fundgut der Furchenstichkeramikkultur in Transdanubien scheint in unserem Untersu­chungsgebiet völlig einheitlich zu sein. Obwohl wir die Fundtypen der mittleren und westlichen Region des Verbreitungsgebietes noch nicht gut kennen, kann angenommen werden, daß hier eine Aufteilung in örtliche Gruppen, wie in Kroatien, nicht möglich ist. 775 Ahnlich unklar ist die innere Chronologie der Kultur. In den Nachbargebieten wird das Auftreten dieser Gattung an verschie­dene Horizonte geknüpft. 776 Trotz der erwähnten Einheitlichkeit des Fundmaterials in unserem Untersuchungsgebiet kann nicht ausgeschlossen werden, daß sie später ebenfalls unterteilt werden könnte. Unabhängig davon muß das Verhältnis der transdanubischen Furchenstichkeramikkultur zu der vorangehenden Balaton-Lasinja-Kultur be­handelt werden, was Einfluß auf die Entstehungs­frage der erstgenannten Kultur hat. Im Hinblick auf die Goldschatzfunde der letzteren Kultur ist nicht die Tatsache der Verbergung wichtig, son­dern, daß sie, wenn sie nicht Votivgegenstände waren, nie wieder geborgen werden konnten. Das beweist nämlich, daß die Träger und Inhaber dieser Schmuckgegenstände nicht mehr imstande waren, sie erneut in Besitz zu nehmen. Sie flohen aus diesem Gebiet, aber sie kehrten nie wieder zu­rück. All dies weist auf einen großen und um­fangreichen Umbruch im Leben und in den politi­schen Machtverhältnissen Transdanubiens zur Zeit der mittleren Kupferzeit hin. Die Frage bleibt aber weiter offen: Wer waren die Angreifer, und wie spielte sich diese Änderung ab? Aus den ar­chäologischen Befunden geht klar hervor, daß die Furchenstichkeramikkultur in der zweiten Hälfte ihres Lebens das einstige Verbreitungsgebiet der Balaton-Lasinja-Kultur besiedelte. Das wäre in sich noch nicht überraschend, daß eine hoch­entwickelte Kultur von einem primitiveren Kom­plex abgelöst wird, dazu lieferte die Geschichte schon zahlreiche Beispiele. Problematisch er­scheint die starke Abnahme der Fundortzahl und damit das Schicksal der Lasinja-Bevölkerung. Da die Furchenstichkeramikkultur vom Norden scheinbar in vollentwickelter Form nach Trans­danubien gelangte, kann sie schon nur von die­sem Standpunkt aus nicht aus der Balaton­Lasinja-Kultur abgeleitet werden. Es ist zwar wahr, daß beide in gewissen Fällen den selben Ort für die Niederlassung auswählten. 777 Dadurch kann aber noch keine kulturelle oder typologische Kontinuität nachgewiesen werden. 778 Die Funde der Lasinja-Kultur treten auf mehreren Orten auch in den mehrschichtigen- oder Teilsiedlungen in Slowenien und Kroatien auf. Darauf basierend wurde die Theorie einer Ubergangsperiode zwi­schen den erwähnten Kulturen formuliert. 77 " Die grundlegende Abweichung des Fundmaterials und die obenerwähnte, beinahe völlige Diskon­tinuität der Siedlungen bestätigt aber diese An­nahme nicht. 780 Hier handelt es sich nämlich um zwei, voneinander völlig fremde Kulturen, die zwar im nördlichen Teil des Karpatenbeckens und nordwestlich davon eine Zeitlang parallel lebten, aber aufeinander trotz der nachgewiesenen Kontakte praktisch keinen Einfluß ausübten. Obwohl die radikale Unterschiedlichkeit des Fundgutes mehrmals betont wurde, 781 trat die Theorie über ihre Kontinuität immer wieder auf. In Kroatien werden heute die Funde der Furchenstichkeramik­kultur in eine östliche —Kevderc-Hrnjevac —und eine westli­che —Visnjica-Gruppe —geteilt (MARKOVIC 1994, 153, 164). St. Dimitrijevic erwähnte zehn verschiedene Gruppen der von ihm Retz-Gajäry-Kultur genannten Formung (DIMITRIJEVIC 1980a, 22-34), was in Ungarn gänzlich unmöglich wäre. A.Tocik stellte in der Südwestslowakei drei verschiedene Horizonte dieser Kultur fest (ToCÍK 1961). Nemejcová-Pavú­kovä wies auf die Möglichkeit einer inneren Periodisation der Furchenstichkeramik in Verbindung mit dem Fundort von Cataj hin (NÉMEJCOVÁ-PAVÚKOVÁ 1982, 197). V. Janák schrieb in Verbindung mit den mährischen Fundorten über drei Perioden, von denen Krepice die älteste wäre (JANÁK 1976, 33). A. Medunová-Benesová glaubte die mährische Furchenstichkeramikkultur in zwei Unterphasen gliedern zu können (MEDUNOVÁ-BENESOVÁ 1986, 6). Zu ähnlichen Ergebnissen kam E. Ruttkay, die die furchenstichkerami­schen Funde von Niederösterreich sowohl mit der mährisch-österreichischen Baalberg A r als auch mit der A 2­Phase für zeitgleich hielt (RUTTKAY 1995,129-145). Solche Beispiele sind unter anderen: Nagykanizsa-Sánc (Komitat Zala) (KAI.ICZ 1975); Wildon-Schloßberg in der Steiermark (OBEREDER 1989b, 8; KRAMER 1988, 67; KRAMER 1989, 28; KRAMER 1996, 9) und Bukovnica in Slowenien (SAVEL 1991, 17; SAVEL 1992, 63-64; SAVEL 1994). In unserem Untersuchungsgebiet gehören die Fundstellen Zalaeger­szeg-Neszele, Ságod-alja-dűlő I und Zalaegerszeg-Zalabe­senyő-Sziget-domb hierher. /S Eine etwas andere Situation liegt in Kevderc (Kroatien) vor, wo die Elemente der zwei erwähnten Kulturen „gemischt" vorkommen (P. KOROSEC 1973, Taf. 1-3). Hier soll man vielleicht mit dem Weiterleben der örtlichen Rest­bevölkerung der Lasinja-Kultur rechnen. 77 '' LEBEN 1973,156-157; MARKOVIC 1994, 164. 80 In Nordostslawonien berichtet I. Savel über eine ähnliche Lage. Auch dort hört das Leben in den meisten Lasinja­Siedlungen auf (SAVEL 1991, 27). ' 8 ' KALICZ 1991a, 362, mit weiterer Literatur.

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