Kalicz Nánor: Früchneolitische Siedlungsfunde aus Südwestungarn. (Inventaria Praehistorica Hungariae 4; Budapest, 1990)

EINLEITUNG - V. ALLGEMEINE EIGENTÜMLICHKEIT DER STARCEVO-KULTUR IN SÜDTRANSDANUBIEN - Die Verzierung der feinen Keramik

Wenn man zu all dem die bisher einzige „im Detail" mitgeteilte Stratigraphie vom Fundort Anza, am südlichsten Randgebiet der Starcevo-Kultur erwähnt, kommt man zu der überraschenden Feststel­lung, daß in Anza die spiraloide dunkle Bemalung (II. Niveau) der linearen Bemalung vorausgegangen ist, die an jenem Fundort die jüngste Starcevo Entwick­lungsphase repräsentieren würde. 341 Diese «Stratigra­phie" widerspricht allen bisherigen Feststellungen bezüglich der inneren Gliederung der Starcevo­Kultur. 342 Das kann mehrere Gründe haben. Die ge­malten linearen Muster von Anza sind von den anderwärts gewohnten Mustern ein wenig verschie­den, haben aber mit der linearen Bemalung der Morava-Gegend viel gemeinsame Züge (z.B. Bubanj, VrtiSte usw.) 343 Gittermuster und Schraffierung sind selten, sie fehlen auch in der Typentabelle, und noch dazu sind aus der Schichte II (!), also aus der Schich­te der Keramik mit Spiralbemalung einige Stücke zum Vorschein gekommen. Sie stehen alle den Linear B und Girlandoid-Mustern von Dimitrijevic nahe. Die ..Stratigraphie" von Anza trägt viele Unsicherheiten in sich. Die Schichte, bzw. Phase II und III unterschei­det die Leiterin der Grabungen eigentlich nach dem Bemalungsmuster. Es ist aber nicht klar, wie das Ver­hältnis der einzelnen Bemalungsarten aussieht. So teilt sie z.B. aus der als die ältere bezeichneten Schichte II acht Stück spiraloide Scherben mit, aber aus derselben Schichte stammen vier Scherben mit li­nearer und Gitterbemalung und fünf Fragmente, deren Bemalung sich in keine Kategorie einreihen läßt. 344 Dazu kommen noch vier aus der Schichte II/III stam­mende bemalte Fragmente, die weder in die spirale, noch in die lineare Kategorie gehören. 345 Aus der jün­geren Schichte III teilt die Autorin zusammen mit sechs linear bemalten Scherben 346 vier spiralartig bemalte Fragmente mit. 347 Die aufgrund rekonstruier­ter Gefäße zusammengestellte chronologische Ty­pentabelle kann in Kenntnis der vorstehenden Proportionen in Frage gestellt werden. Es muß auch betont werden, daß die als Grundlage dienende Sonde sehr klein ist und das M. GaraSanin, der am Fundort ebenfalls Grabungen vornahm, die Schichten anders 348 deutet. Die chronologische Unsicherheit geht auch aus der Publikation der alten Grabung hervor (Barut­nica). 349 Es besteht aber kein Zweifel, daß die mitein­ander organisch zusammenhängenden Schichten II-III, im Gegensatz zur Schichte I, in den Kreis der Starcevo-Kultur einzureihen sind. Die Beurteilung der Starcevo-Kultur in Südser­bien und in Mazedonien wird durch die aufgrund weniger Funde aus Anza und einigen anderen Fundor­ten aufgestellte Stratigraphie noch komplizierter und nahezu unübersehbar. 5 GaraSanin ist nämlich der Meinung, daß die Schichte Anza III der ausgehenden Phase III von VrSnik entspricht, in der die dunklen Spiralmuster auf hellem Grund in Erscheinung traten, die in VrSnik für die Phase IV, also bereits für die Periode der Vinca-Kultur bezeichnend sind. Dagegen sind in der Schichte II die in dunkler Farbe auf roten Grund gemalten geometrischen Muster aufge­taucht. 35 Vielleicht könnte man das Ganze dahinge­hend zusammenfassen, da in Anza (und VrSnik) nach der Auffassung GaraSanins die schwarz gemalten geo­metrischen Muster in der Schichte II erschienen sind, während in Schichte III, also in der jüngeren Phase, vor allem aber in Schichte IV, Spiralmotive auf weißem Grund zur Geltung kamen. Es ist daher sehr schwierig, von der Lage der li­nearen Muster, von ihrem selbständigen oder ge­mischten Auftreten ein genaues Bild zu entwerfen. Die vorstehend mitgeteilten Angaben stellen die Ein­deutigkeit der umgekehrten Stratigraphie von Gimbu­tas in Frage. Trotz dieser scheinbar unklaren chronologischen Lage ist aber zu betonen, daß die Be­malung mit linearen geometrischen Mustern auch in Lánycsók, Donja Branjevina, Zimony (Zemum), Vin­kovci, Lepenski Vir usw. und in einer Reihe von Fundorten in Mittelserbien (Bubanj, Tecic), also auf einem Gebiet, das die beiden Endpunkte der Verbrei­tung der Starcevo-Kultur, ihre Nord- und Südgrenze bedeutet, auch selbständig erscheint. Auf demselben Gebiet kommt auch die Bemalung mit kleinen Spira­len vor. Beide Muster wurden mit ähnlicher Technik angefertigt und auch die Gefäßformen sind ähnlich, und was sehr wichtig ist: auch andere charakteristi­sche Verzierungen sind ähnlich. Auch die in Vinkovci und Obrez (also im Norden) vorkommenden Gefäßformen mit großen Spiralen weichen von den vorstehenden ab. Das kann vielleicht kein Zufall sein, auch dann nicht, wenn wir uns die Funde mit Linear B, Girlandoid und Spiraloid A Bemalung nicht als einzigen, einheitlichen Horizont vorstellen, sondern als miteinander verflochtene kürzere Zeitspannen, und auch den regionalen, also nicht chronologischen Abweichungen eine bedeuten­de Rolle zugestehen. Diese aufgrund der Malweise mit mehr oder weniger Berechtigung abgesonderten Phasen können von Linear B bis einschließlich Spira­loid A als die klassische, große Periode der Starcevo­Kultur angesehen werden. In diesem Rahmen scheint die lineare Bemalung unter allen Umständen der Zeitspanne der Spiraloid B genannten bemalten Keramik als der jüngsten Phase der Starcevo-Kultur vorauszugehen. Etwas Ähnliches kann man auf dem Gebiete der später in der Tiefebene entstandenen Tief­ebene-Linienbandkeramik beobachten, wo ein Teil der am frühesten aufgetretenen geritzten Muster das ganze Leben dieser Keramik überdauerte. Die für die Starcevo-Kultur charakteristischen Gefäßfragmente mit dunkler Gitterbemalung findet man auch im westlichen Teil Bulgariens, wo sie in erster Linie mit anders gearteter, dunkel bemalter Keramik auftreten; sie vermischen sich aber auch mit 352 der weiß bemalten Keramik der Karanovo-Kultur. Besonders bedeutsame Beziehungen können so in der Kremikovci, bzw. in der Cavdar-Kremikovci-Kultur aufgedeckt werden, die aber immer noch keine genü­gend umrissene kulturelle Einheit darstellt, seitdem in W-SW-Bulgarien früher unbekannte frühneolithische

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