Kalicz Nánor: Früchneolitische Siedlungsfunde aus Südwestungarn. (Inventaria Praehistorica Hungariae 4; Budapest, 1990)

EINLEITUNG - III. SIEDLUNGSGESCHICHTE

Aus den die Ausbreitung der Kultur aufzeigen­den Karten geht hervor, daß die Siedlungsdichte der Starcevo-Kultur von den Umweltfaktoren wesentlich beeinflußt war. Am geringsten war sie in engen Tälern zwischen hohen Bergen, etwas dichter in den von Bächen durchquerten hügeligen Gegenden Süd­transdanubiens und Slawoniens, noch dichter im Süd­banat und in den die großen Flüsse begleitenden Tälern. (Donau, Theiß, Save, Morava). Wenn man das Gebiet von Südtransdanubien als Mittel zwischen spärlicher und dichter Besiedlung annimmt, springt der große Unterschied zwischen Körös- und Starcevo­Kultur sofort ins Auge. Dieser Unterschied ist selbst unter der Körös-Kultur ähnlichen Verhältnissen auf­fallend. Besonders in Südtransdanubien ist die geringe Zahl der Siedlungen unverständlich, da das Volk der transdanubischen Linienbandkeramik (allerdings in einer höher entwickelten Phase) auf dem gleichen Gebiet eine vielfache Anzahl von Siedlungen an­legte. 132 Einen Unterschied kann man auch in den bereits erwähnten Oberflächenverhältnissen sehen. Nicht nur die Oberflächenerscheinungen (und die Ausbreitung) der Starcevo-Kultur sind mit der Körös-Kultur vergli­chen gering, sondern es sind auch ihre Siedlungsob­jekte nicht sehr intensiv. In Lánycsók wurden in einem 12 m langen, 4 bis 6 m breiten und 100 bis 180 cm tiefen Grubenkomplex insgesamt 1658 Stück Scherben gefunden. In den übrigen Gruben gab es noch viel weniger Scherben. In Becsehely sind aus den vier kleinen Gruben (auf einem Gebiet von etwa 400 m 2 ) kaum einige hundert Scherben zum Vor­schein gekommen. Für die Körös-Kultur ist es hinge­gen bezeichnend, daß aus umfangreichen Gruben­komplexen reiches Fundmatcrial an den Tag kommt. Es ist beinahe allgemein, daß in einem Grubenkom­plex von der Größe des Komplexes von Lánycsók Keramik in Mengen von mehreren Tausend, manch­mal auch von Zehntausend gefunden wird. Auf größerem Gebiet haben wenige und in kleinen Siedlungen kleinere Gemeinschaften (viel­leicht kürzere Zeit hindurch) unvergleichbar weniger Abfalle hinterlassen, als die einzelnen Gemeinschaf­ten der Körös-Kultur. Hieraus kann man den Schluß ziehen, daß weniger Menschen viel weniger Nahrung zu sich genommen haben, viel weniger Gefäße herge­stellt und verwendet haben. Daraus kann man auch auf einen demografischen Unterschied schließen. Die Dichte, die Abmessungen und die Intensität der Sied­lungen der südtransdanubischen Starcevo-Kultur sind, verglichen mit der Körös-Kultur um mehrere Größen­ordnungen kleiner. Daraus folgt, daß auf gleich großem Gebiete eine viel weniger zahlreiche Bevölke­rung lebte. Bei der Untersuchung des Ausbreitungsgebietes der Starcevo- und der Körös-Kultur kann man nur einen gemeinsamen Zug feststellen. Ebensowenig, wie wir die gerade Linie der Nordgrenze der Körös­Kultur bis heute verstehen und begründen können, 134 gibt es eine Erklärung für die geradlinige Ausbrei­tungsgrenze der Starcevo-Kultur im Norden von Süd­transdanubien (Taf. lb; Taf. 2). Diese ungefähr gerade Linie zieht sich zwischen Becsehely und Medina hin, was im Wesentlichen mit der Linie der Wasserschei­de des Somogyer Hügellandes zusammenfallt. (z.B. mit dem Tal des Flusses Kapos). Zwischen der derzeit bekannten Nordgrenze der Starcevo-Kultur und dem Balaton, im Kapos-Koppány-Tal, hat I. Torma sehr gründliche Geländebegehungen durchgeführt, ohne unter den von ihm entdeckten mehreren hundert Fund­orten auch nur eine einzige Starcevo-Siedlung zu finden. Auf diesem Gebiet steht in Zukunft die Ent­deckung von Siedlungen der Starcevo-Kultur kaum zu erwarten. Auch hier erhebt sich die Frage, warum die Starcevo-Kultur sich nicht weiter nach Norden ausge­breitet hat. Bestand auf ihre weitere Verbreitung kein Anspruch oder war sie nicht möglich? Haben natürli­che oder menschliche Faktoren die Ausdehnung der Grenzen dieser Kultur verhindert. Das sind Fragen, die wir vorläufig nur mit der Hilfe von Hypothesen beantworten können. 135 Bei der Beurteilung der Rolle, die die Umwelt­faktoren in der Verschiedenheit der Siedlungsverhält­nisse der Starcevo- und der Körös-Kultur spielten, sind wir ebenfalls auf Vermutungen angewiesen. Die Umweltfaktoren sind aber nicht nur zwischen den beiden Kulturen verschieden, sondern unterscheiden sich noch tiefgründiger innerhalb der Starcevo-Kultur (z.B. Mündungsgebiet der Save, das Innere Bosniens, bzw. das südtransdanubische, slawonische hügelige Lößgebiet). Die Quellen der Nahrungsbeschaffung wichen innerhalb der Starcevo-Kultur stärker vonein­ander ab, als einzelne Gebiete der Körös- und der Starcevo-Kultur. Trotzdem ist die materielle Kultur der Starcevo-Kultur einheitlich. Die kulturellen Un­terschiede sind also offensichtlich nicht auf dieser Grundlage entstanden. Bauten. Wegen des geringen Umfanges der Er­schließungen wurden in Südtransdanubien auf Bauten hinweisende Spuren nicht gefunden. Ein Teil der Gruben, vor allem die größeren Grubenkomplexe, waren wahrscheinlich für den Hausbau benötigte Lehmgruben. In Lánycsók kamen aus einer Grube zahlreiche ausgebrannte Hüttenlehmfragmente mit Astabdrucken zum Vorschein (Taf. 9). Aus den Hüt­tenlehmfragmenten kann man unbedingt auf an der Oberfläche gebaute Häuser mit Holzgerüst, Astkon­struktion, sowie mit Kot- und Lehmwänden schließen. Wahrscheinlich bestand die Siedlung aus einigen locker aufgestellten Bauten an der Oberfläche. Vom ganzen Gebiete der Starcevo-Kultur gibt es bezüglich des Charakters der Bauten keine entspre­chenden Daten. Die früheren Forschungen setzten in Starcevo selbst, im unteren Horizont von Vinca und auf dem ganzen Gebiet der Starcevo-Kultur in erster 116 Linie Wohngruben voraus. Diese Vermutung lebt bis heute noch. D. Srejovic fand in der Schichte III a­b von Lepenski Vir im Zentrum der Siedlung mit einer Ausdehnung von 5000 m 2 drei große Gruben mit Feuerstellen, doch berichtet er auch über viel Hut-

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