Kalicz Nánor: Früchneolitische Siedlungsfunde aus Südwestungarn. (Inventaria Praehistorica Hungariae 4; Budapest, 1990)

EINLEITUNG - I. FORSCHUNGSGESCHICHTE DER STARCEVO-KULTUR

Um die Wende der sechziger/siebziger Jahre erfuhr das früher gewonnene Bild eine Änderung. N. Kalicz und J. Makkay untersuchten die Funde von Nyanyapuszta und Medina, sowie die betreffenden Fundorte, wo sie „grobe" Keramik fanden, die ins Frühneolithikum eingereiht werden kann, und soge­nannte ältere, von der wir aber heute bereits wissen, daß es sich um klassische Linienbandkeramik handel­te. Sie stellten fest, daß die Funde von Medina und Nyanyapuszta die engste Verwandtschaft mit dem Starcevo-Typus aufweisen und typologisch stark von den „groben", unverzierten Abarten der Linienband­keramik abweichen, die sie damals noch für die älteste hielten (die sich aber später als jünger erwies). Wegen des gemischten Charakters der Oberflächen­funde und wegen der Entfernung vom damals bekann­ten Verbreitungsgebiet, brachten sie sie trotz starker Ähnlichkeiten und Zusammenhänge mit der Starcevo­Kultur noch nicht in direkte Verbindung, sondern sie schufen den Begriff „Medina-Typus", der nach Meinung der Autoren im südöstlichen Teil Transdanu­biens typologisch einen Übergang zwischen der südli­cheren Starcevo-Kultur und dem mitteleuropäischen Typus der Linienbandkeramik bildet und der die räumliche und zeitliche Lücke ausfüllen würde, die das unbegründete Fehlen der in der Slowakei und in Mähren bereits reich vertretenen ältesten Linienband­keramik in Transdanubien bedeutete. 74 In der transdanubischen Forschung der Starce­vo-Kultur ist in der Mitte der siebziger Jahre eine ent­scheidende Wendung eingetreten. Bei den Grabungen von I. Ecsedy und N. Kalicz in Lánycsók (Komitat Baranya) und von N. Kalicz in Becsehely (Komitat Zala) wurden 1976 in voneinander entfernten Gebie­ten Südtransdanubiens selbständige Siedlungsobjekte der Starcevo-Kultur gefunden und erschlossen. 75 Damit war der Beweis erbracht, daß die Starcevo­Kultur auch in Südtransdanubien verbreitet war. S. Molnár, lokalhistorscher Sammler, ermittelte in der Flur von Kaposvár und auch anderen Ortes Fundorte der Starcevo-Kultur. Zuletzt hat I. Zalai-Gaál südlich von Szekszárd auf einer niedrigen Terasse des ehema­ligen rechten Ufers der Donau Keramikfunde der 76 Starcevo-Kultur gesammelt. I. Ecsedy hingegen fand 1980 sporadische Funde der Starcevo-Kultur in der Nähe von Pécs. 77 An den Ufern der Drau fand M. 78 Rózsási Siedlungsspuren der Starcevo-Kultur. So bildete sich mit den früher bekannt gewordenen Fund­orten von Medina und Nyanyapuszta als Ergebnis der Grabungen und Sammlungen neueren Datums nörd­lich der Drau das südtransdanubische Gebiet und die Nordgrenze der Verbreitung der Starcevo-Kultur heraus. In den siebziger Jahren erfolgten kleinere Gra­bungen an den Fundorten Bicske, Medina und Becse­hely, die auch die selbständige transdanubische Existenz der ältesten Linienbandkeramik nachwiesen. Damit war das gegenseitige Verhältnis der Starcevo­Kultur und der Kultur der ältesten transdanubischen 79 Linierbandkeramik bereinigt. Die bisherigen Ergeb­nisse sind zwar noch bescheiden, haben aber dennoch für das Kennenlernen der mitteleuropäischen Neolith­isierung von grundlegender Bedeutung. Transdanu­bien ist ja das einzige Gebiet, wo eine direkte Berührung der balkanisch-ägäischen und der mitteleu­ropäischen neolithischen Region festgestellt werden kann (Taf. la; Taf. 3a). Die Forschungsgeschichte der Starcevo-Kultur selbst ist in erster Linie mit Jugoslawien verbunden. Im Zuge der gemeinsamen amerikanisch-jugoslawi­schen Forschungen wurde am namengebenden Ort durch die 1931-32 durchgeführten Grabungen ein selbständiger Fundort erschlossen. 80 Die relativ-chro­nologische Lage der Funde von Starcevo wurde durch die Grabungen von Vinca bestimmt, wo M. Vasic unter den Schichten einer großen Teil-Siedlung der Vinca-Kultur in Gruben, im sogenannten Wohngru­benhorizont Funde vom Typus Starcevo zum Vor­81 schein brachte. Mit diesen und weiters mit den Ergebnissen der während des Krieges vorgenomme­nen Grabungen von Vucedol und SarvaS wurde es klar, daß die Funde vom Typus Starcvo in Jugosla­wien, vor allem auf serbischem Gebiete das älteste Neolithikum vertreten. R.R. Schmidt verwendete als 82 erster die Benennung Starcevo-Kultur. Aufgrund der Arbeiten von, A. Orssich-Slavetich, V. Milojcic, vor allem D. GaraSanin, M. GaraSanin und A. Benac klärte sich in den vierziger und fünfziger Jahren die Problematik der Starcevo-Kultur. V. Milojcic war der erste, der sich an einer inneren Gliederung der Starcevo-Kultur versuchte. Diese Gliederung wurde von der Mehrzahl der jugoslawischen Forscher mit kleineren Korrekturen angenommen und gilt auch heute noch als Grundlage. Seither ist die Zahl klei­nerer Teilpublikationen und größerer Zusammenfas­sungen stark angewachsen. In den sechziger und siebziger Jahren führten in der Wojwodenschaft B. Brukner und S. Karmanski, in Slawenien S. Dimitrije­vic grundlegende Erschließungsarbeiten durch, um mit dem nördlichen Gebiet der Starcevo-Kultur 84 bekannt zu werden. Dazu trugen auch die von A. Benac, B. Covic, M. Gimbutas an den bosnischen Fundstätten Obre I und Tuzla vorgenommenen For­schungen bei, 85 sowie die ersten Grabungen von D. Srejovic und B. Jovanovic am Eisernen Tor, 8 die durch bedeutende neue Ergebnisse der Erschließungen im Bereich des zweiten Kraftwerksbaus am Eisernen 87 Tor ergänzt werden. Die Erschließungen von J. KoroSec, M. GaraSanin und M. Gimbutas in Anza und 88 VrSnik berührten das Gebiet Mazedoniens. Auch die in den südlichen und mittleren Gebieten Serbiens vor­genommenen, vor allem das Tal der Morava berühr­enden Grabungen haben unsere Kenntnisse über die 89 Starcevo-Kultur weitgehend bereichert. Neuerdings hat J. Petrovic auf einem Hochplateau der FruSka Gora eine Höhensiedlung der späten Starcevo-Kultur erschlossen. 90 Die Grabungen von V. Lekovic im Süden der Batschka haben im Zusammenhang mit der Bestattungsweise überraschend neue Ergebnisse ge­zeitigt. 91 Das sind nur herausgegriffene Beispiele der

Next

/
Oldalképek
Tartalom