Kolba H. Judit: Liturgische Goldschmiedearbeiten im Ungarischen Nationalmuseum. 14.-17. Jahrhundert. (Catalogi Musei Nationalis Hungarici. Series Mediaevalis et Moderna 1; Budapest, 2004)

KATALOG - KELCHE

handensein zeugt der obere Kerbdraht. Am Fuß fehlt ein gegossenes Laubwerkelement. Eine direkte Parallele ist ein fast identischer, noch vorhandener Kelch der St. Ägidius-Kirche von Pop­rád, auf dem aber sogar noch der Fußrand von rei­chen Laubwerk bedeckt ist. Dessen Kuppakorb ist völlig identisch und besitzt auch den Aufsatzkranz. Beide stammen sicher von demselben Meister, der wahrscheinlich in einer oberungarischen Werkstatt arbeitete. Als Parallelen sind noch der Fuß des sog. Csupor-Kelches in der Schatzkammer der Diözese von Győr und der reichverzierte gegossene Kelch der katholischen Kirche von Trencsén zu erwäh­nen. Seine Emailverzierung ist mit der des Kelches von Nagyekemező verwandt (ROTH 1922, Nr. 134). Ihm ähnelt der Fuß des späteren Kelches der St Anna­Kirche in Krakau (SAMEK 1984, 68). Literatur: HAMPEL 1887, 107 und 128, Nr. 26; PULSZKY-RADISICS-MOLINIER 1900,102; ÉBER 1904, 97; Jelentés 1905, 36; DIVALD 1907,30; ROTH 1922, 58, Nr. 134, Taf. 55; BEKE 1980, 48; SAMEK 1984, 68 (Analogie) 3 1. KELCH (sog. ERNUSZT-KELCH) Abb. 31 Cim.Sec.II. 1.2. Herkunft unbekannt Um 1480 H: 25 cm; F-Dm: 16,2 cm; M-Dm: 11 cm Erwerb: Laut seiner Inschrift kam der Kelch aus der Diözese Vác bereits im frühen 19. Jh. ins National­museum. In der Cimeliotheca, dem ersten gedruck­ten Katalog des Nationalmusums, findet sich eine detaillierte Beschreibung, das Stück ist bis heute mit der alten Inv.-Nr. bezeichnet. Silber, vergoldet, getrieben, gegossen, gepresst, gra­viert, mit Perlen und Edelsteinen verziert. Fast die ganze Oberfläche des Kelches ist mit sog. Spandekor bedeckt. Der breite Rand des Sechspassfußes ist von tordiertem Draht gerahmt, neben ihm reihen sich Blätter von reichen gotischen Formen aneinander. An der Seite des Fußes ein Streifen mit vierblättri­gen Rosetten in einem durchbrochenen quadrati­schen Maßwerknetz. In einem weiteren tordierten Drahtrahmen auf der Wölbung des Sechspassfußes verstecken sich in reichem Span- und Blätterwerk mit Granaten bzw. Perlen geschmückte Rosetten: in der Mitte von je vier perlengeschmückten Roset­ten eine Rosette mit Granaten. Im Inneren der Pässe je eine Mohnkapsel, einst vielleicht Steinfassungen, doch ohne Edelsteine drin. Auf dem oberen Saum des niedrigen Fußes ein durchbrochener Ring mit sechs Pässen, mit dem gleichen Maßwerk verziert wie der Fuß, beim Ansatz der Pässe kleine Fialen. Darüber sitzt der verrutschte und gedrückte untere Schaftring mit je zwei Vierpassverzierungen an den Seiten. Der Nodus hat abgeflachte Kugelform, er wird durch sechs vertikale durchbrochene und ran­kenverzierte Bänder geteilt, in der Mitte je eine granatgeschmückte Rosette mit krausen Blütenblät­tern, über und unter ihnen kleine, mit denen des Fußes identische, vergoldete Mohnkapsen zwischen Spanelementen. Der obere sechseckige Schaftring ist von kleineren Spanelementen bedeckt. Der Kup­pakorb ist relativ niedrig, halbkugelförmig und reich mit dicht gedrängten krausen Rosetten und dünnen silbernen Spanelementen verziert, in der Mitte der Rosetten abwechselnd winzige Perlen und Grana­te: sechs Granate im Kreis, von je vier perlenge­schmückten Rosetten umgeben und zwischen ih­nen noch eine Perle. Oben wird der Korb von einem hohen, dreistöckigen Lilienkranz gekrönt. Die Kup­pa ist breit und weitet sich konisch nach oben. Auf ihrer Seite, dicht über dem Lilienkranz befinden sich drei gravierte Wappen: 1. das der Familie Ernuszt von Csáktornya, deren Mitglieder zur Zeit von Kö­nig Matthias hohe Titel erhielten. János wurde als Belohnung für eine hohe finanzielle Hilfeleistung königlicher Schatzmeister und Obergespan des Komitats Túróc. Zsigmond war Bischof von Pécs, gleichfalls zur Zeit von König Matthias. Auf dem Wappen die Mauer einer Bastion mit einzeln gra­vierten Ziegelsteinen, in den beiden oberen Ecken ein Stern. 2. Auf dem Pálóczy-Wappen ein sich aus einer Krone erhebender bärtiger Mann, in der Hand ein Buch haltend. Imre Pálóczy war um 1482 Ober­stallmeister von König Matthias. 3. Das Wappen der Familie Rozgonyi: eine aus einer Krone heraus­wachsende Gans mit ausgebreiteten Flügeln. Die Familie Rozgonyi zählte bereits im 14. Jh. zu den namhaften Familien. Die Gemahlin von Imre Páló­czy war Dóra Rozgonyi, vielleicht waren sie die Auftraggeber dieses prachtvollen Kelches. Auf dem Rand des Fußes eine spätere Gravierung aus dem Jahre 1799: „LEONARDUS CIANUS TRI­DENT CATH ECCL VAC(iensis) CANON SACERD OB BENEFICIA GRATI ANIMI MON A XCI MDCCXCIX REGIS OPUS FONUMQUE FIU POST SAECULA TANDEM METRIA GENS TENEAT CLARA MIGATIADUM" (Leonardus Cianus aus Trident, Chorherr und Priester der katholischen Kir­che von Vác, ließ dieses Werk mit dankbarer Seele

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