Kolba H. Judit: Liturgische Goldschmiedearbeiten im Ungarischen Nationalmuseum. 14.-17. Jahrhundert. (Catalogi Musei Nationalis Hungarici. Series Mediaevalis et Moderna 1; Budapest, 2004)

KATALOG - KELCHE

unter dem Email, das weder an den Blütenblättern noch den Stempeln erhalten blieb. Die sich gleich­mäßig zum Mundrand weitende schöne Kuppa ist in ihrem unteren Drittel von einem prächtigen Kup­pakorb mit Drahtemail umgeben: in sechs rhombi­schen drahtumrahmten Feldern wechselnde Blu­mensträuße in Drahtemailtechnik: Die Farben des Emails sind auch heute noch lebhaft, auf dunkel­blauem Grund Blumen mit gelben, violetten und grünen Blättern, weiße Blumen aus gleichförmigen Blütenblättern, die nur durch Punkte angedeutet sind. Der unbekannte Meister hat den emaillierten Hintergrund mit winzigen Sternen belebt. Je drei Felder haben das gleiche Muster: die größere Blu­me auf einem Drahtstengel in der Mitte ist weiß emailliert, die neben ihr stehenden sind tulpenför­mig. Über dem drahtgeschmückten Kuppakorb ein mit Lilien verzierter mittelhoher Aufsatzkranz. Über dem Kuppakorb zwischen zwei Linien eine Inschrift mit gravierten gotischen Majuskelbuchstaben: „DOM(inu)S + G(e)OR(giu)S + RONG DOCT(or) + PLEB(a)N(us) DE STOLCZP(urg)". Der Hintergrund der Inschrift ist fein graviert, auf der sich die glatten Buchstaben besser hervorheben. Der Kelch ist eines der hervorragendsten Stücke der wundervollen ungarischen Drahtemailtechnik des 15. Jh., und zwar schon eine spätere Variante des Drahtemails: Die Blütenblätter sind mit einheitli­chen runden Drähten gezeichnet. Über den in der Inschrift genannten Georg Rong berichteten Römer bzw. Teutsch schon am Ende des 19. Jh., daß er 1469 im siebenbürgischen Szelindek Pfarrer gewe­sen war, 1477 an der Wiener Universität auf der Li­ste der Jura studierenden Siebenbürger Sachsen er­scheint und dort 1480 die Doktorwürde erlangte. Der Kelch wurde seit 1876 bis heute sehr oft ausge­stellt, als eines der charakteristischsten Stücke der Zeit. Es ist ein großer Wert, dass auf Grund der In­schrift auch sein Besteller bekannt ist. Die nächste Parallele mit fast identischen Blumenmotiven und gleicher Form ist der Kelch Nr. 28 im Nationalmuseum und der fast identische Kelch von Lesses in Sieben­bürgen (ROTH 1922, Nr. 146), wahrscheinlich das Werk des gleichen Meisters. Aber ähnlich sind auch die Blumen auf dem Fuß des Suki-Kelches. Er kam mit der Sammlung des berühmten Kunst­sammlers Miklós Jankovich zwischen 1832 und 1836 ins Museum, der seine herrlichen Kunstschät­ze für ein Drittel des ursprünglichen Kaufpreises dem Ungarischen Nationalmuseum überließ. Die Daten der Korrespondenz und des Ankaufs s. unter den Anmerkungen des Jankovich-Bandes. Literatur: RÖMER 1881,221-224 (mit genauer Zeich­nung von Kelch und Inschrift); Ausstellung 1884, 87, Nr. 65;HAMPEL 1887, 124-126 (mit der früheren Literatur); PULSZKY-RADISICS-MOLINIER 1900,123— 124; Ausstellung 1970a, Nr. 43; H. KOLBA 1978, 313-343; BEKE 1980, 50 (mit der früheren Litera­tur), Abb. 38-39; Ausstellung 1982a, 486, Nr. 498; H. KOLBA 1985, 109 28. KELCH Abb. 28 1897.48. Herkunft unbekannt 1480er Jahre H: 19,9 cm; F-Dm: 12,2 cm; M-Dm: 9,1 cm Erwerb: durch Ankauf von Adolf Resch, für 315 Forint Silber, vergoldet, getrieben, gegossen, graviert, mit Drahtemail verziert. Der Sechspassfuß steht auf ei­nem konkav geschwungenen Rand, darüber eine Zarge mit schönen durchbrochene gotischen Blatt­ranken. Die Wölbung des Fußes ist glatt, sechs Kan­ten laufen zum oberen sechseckigen Blechgesims. Die Schaftringe bestehen aus sechseckigen Blechen, darauf die Majuskeln „OI H E S U S" und „OMAR I A" auf unter dem Email graviertem Hintergrund. Der Nodus hat gestauchte Kugelform, darauf in zwei Reihen je sechs getriebene spitze Blätter mit erha­bener Mittelrippe. Auf den sechs Zapfen in blumen­förmigen Vierpässen vierblättrige Rosetten mit Me­tallkugeln als Stempel, das Email ist abgewetzt. Die Kuppa weitet sich gleichmäßig zum Mundrand hin. Auf dem Kuppakorb sechs gleichgroße trapezför­mige Platten, von geripptem Draht umrahmt, auf ihnen einheitliche Drahtemailblumen: auf hellblau­em Grund oben eine Blume mit fünf runden weißen Blütenblättern, daneben je eine Blume mit drei grü­nen Blättern und weißen tropfenförmigen Stempeln. Zwischen den tordierten Drähten unten je zwei klei­nere Blumen mit drei weißen Blütenblättern. Oben wird der Korb von einem reichverzierten gegosse­nen, Lilienkranz mit Blättern geschlossen. Vom E­mail der Schaftringe und Zapfen ist kaum etwas er­halten geblieben.

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