Lovag Zsuzsa: Mittelalterliche Bronzgegenstände des Ungarischen Nationalmuseum, (Catalogi Musei Nationalis Hungarici. Seria Archeologica 3; Budapest, 1999)
Vorwort
VORWORT Der Katalog der mittelalterlichen Bronzen des Ungarischen Nationalmuseums enthält die Bronzegegenstände in der Goldschmiedesammlung der Mittelalter-Abteilung. Die eindeutig scheinende, gut umgrenzte inhaltliche Bestimmung hat im Laufe der Arbeit zahlreiche Fragen aufgeworfen, die auf Erklärung warten. Bei der Festlegung der Zeitgrenzen wurden die in der ungarischen Geschichtsschreibung und Kulturgeschichte allgemein benutzten Zeitpunkte zugrunde gelegt. Demgemäß begann das imgarische Mittelalter mit der Staatsgründung im Jahre 1000, während sein Ende vom Untergang des selbständigen feudalistischen Königreiches, von der zum Zerbrechen des Landes in Teile und zur jahrhundertelangen Türkenherrschaft über einen großen Teil führenden verlorenen Schlacht bei Mohács 1526 bezeichnet wird. Diese Epochengrenzen überschreitet das Material des Katalogs nur in wenigen Fällen, bei einigen byzantinischen Reliquiar-Pektoralkreuzen, welche in Gräbern aus dem - in der ungarischen Geschichte als „Landnahmezeit" bezeichneten - 10. Jahrhundert gefunden wurden. Da sie sich aber weder nach Fonn noch Herkunft von den ähnlichen Gegenständen zumeist aus dem 11. Jahrhundert unterscheiden, wurden sie der Vollständigkeit halber mit in den Katalog aufgenommen. Die auf dem Material der Gegenstände beruhende Inhaltsbestimmung warf schon weit mehr Probleme auf. Die mit dem klassischen Verfahren der Bronzebearbeitung, dem Guß, verfertigten Gegenstände (Pektoralkreuze, Prozessionskreuze, Leuchter, Aquamanilen, Räuchergefäße und Mörser) bilden den überwiegenden Teil des Katalogs. Ohne besondere Erklärung lassen sich zu ihnen noch einige bronzene Prägestöcke der Sammlung zählen und die nach Zeugnis der erhaltenen Stücke ausschließlich aus Bronze verfertigten Buch- und Pfcrdegeschirrbeschlägc. Eindeutig zum Themenkreis des Katalogs gehören die aus Bronze gegossenen Zitationssiegel, die einen nur im ungarischen Metallhandwerk vorkommenden, mit der heimischen Rechtsgeschichte zusammenhängenden Gegenstandstyp vertreten. Etwas willkürlich winden zu ihnen das doppelte Typarium (Petschaft für Wachssiegel) der Latiner von Esztergom (Kat. Nr. 213) hinzugerechnet, gehören doch die Typarien im allgemeinen nicht zum Bronzehandwerk. Die einzige Erklärung für seine Aufnahme in den Katalog ist, daß das zur frühesten Sammlung des Nationalmuseums gehörende, nach Alter und Herstellungsort eindeutig bestimmbare Petschaft ein einzigartig niveauvolles Werk der ungarischen königlichen Münzpräger aus Bronze ist. Die in ganz Europa verbreiteten, aus Bronzeblech gepreßten, gravurverzierten Handwaschschüsseln gehören - folgt man der Praxis der internationalen Fachliteratur - eindeutig zum Themenkreis des Katalogs. Nicht aufgenommen wurden dagegen sonstige liturgische Gegenstände aus Bronze- und Kupferblech, Kelche, Patenen, Ziborien und Monstranzen, weil sie hinsichtlich Form und Verzierungsweise - eher für die Goldschmiedekunst als für das Bronzehandwerk typisch sind. Ausnahmen stellen das einzige Räuchergefäß der Sammlung (Kat. Nr. 206) und einige Altarkreuze (Kat. Nr. 62,64,65) aus Kupferblech dar, welche als Ergänzung je einer größeren Gegenstandsgruppe aufgenommen winden. Ein ähnliches Problem stellte die Auswahl der zur Tracht gehörigen Gegenstände dar, da diese nicht in erster Linie ihr Material bestimmt, sondern der gesellschaftliche Rang ihres Trägers. Die Schmuckstücke und Klciderverzierungen aus Edelmetall der oberen Gesellschaftsschichten ahmte das Gemeinvolk aus billigerem Material, aber mit ähnlicher Fonn und Verzierung nach. Es war offensichtlich, daß z. B. die Fingerringe aus Bronze nicht in dieser Arbeit veröffentlicht werden können. Ebenso verhält es sich mit den Kleider- und Gürtelschnallen, einige Bronzeschnallen der Sammlung unterscheiden sich in nichts vom Silberschmuck ähnlichen Alters. Ihre Aufnahme geschah aus dem einzigen Grund, daß der Fingerring-Katalog des Ungarischen Natio-