Lovag Zsuzsa: Mittelalterliche Bronzgegenstände des Ungarischen Nationalmuseum, (Catalogi Musei Nationalis Hungarici. Seria Archeologica 3; Budapest, 1999)
Einführung - Die mittelalterlichen Bronzegegenstände des Ungarischen Nationalmuseums
seines Blechkreuzes, auf der Rückseite des letzteren ein graviertes Agnus Dei und ein Evangelistensymbol im Kreisrahmen. Aus der Zeit nach dem Mongolensturm sind viel weniger in Ungarn hergestellte Bronzene Prozessionskreuze erhalten geblieben, die zum größten Teil den Einfluß der Kreuze aus dem bedeutenden Limousiner Import zeigen. Vor allem erwähnenswert ist ein auf einen Holzkern appliziertes, mit Kupferblechen bedecktes Kreuz mit tafelartigen Balkenenden und gravierter Rosetten- und Rankenverzierung und heute großenteils schon fehlenden Edelsteinen in Krallenfassung. Es hat einen Korpus mit Krone aus dickem Blech, und auf das obere Balkenende ist eine puppenartige Nebenfigur mit Heiligenschein nach dem Muster der Nebengestalten der Limousiner Kreuze genietet (Kat. Nr. 58). Mit seiner auf den Holzkem genieteten Blechumhüllung, den tafelartigen Balkenenden, gravierten Ranken- und Edelsteinverzierungen, semem gekrönten Corpus und der Nebenfigur imitiert dieses Kreuz vollkommen die Prozessionskreuze von Limoges. Ebenso starken Limousiner Einfluß zeigt eine gut umreißbare Gnippe von Prozessionskreuzen, von denen die Sammlung nur ein vollkommen erhaltenes Stück (Kat. Nr. 59) und ein Kreuzfragment (Kat. Nr. 60) besitzt, wobei in Ungarn aber mehrere ähnliche gefunden wurden. Die Balken der aus einer dicken Platte geschnittenen Kreuze bedecken gravierte Ranken- und Flechtbandverzierungen, die Proportionen und einzelne Details der gekrönten Korpusse erinnern an die ChristusDarstellungen aus Limoges. Zu diesem Typ gehören auch einige ohne Kreuz erhaltene Korpusse, die mehr oder weniger treu der Form der Importstücke folgen (Kat. Nr. 76,77,79-82). Diese Gnippe bewahrt noch einige Motive aus jenem Kreis der Prozessionskreuze vor dem Mongolensturm, von denen - als am meisten verbreitetem Typ - weiter oben schon die Rede war. Die romanischen Prozessionskreuze, welche den Einfluß des zahlenmäßig großen Importes aus Limoges nach dem Mongolensturm wie auch der Stücke der Periode davor gleicherweise aufweisen, entstanden in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts. Im 14. Jahrhundert werden die Kreuze zweifacher Bestimmung von den - zumeist schon aus Edelmetall gefertigten - Altarkreuzen und den ausschließlich zu Prozessionszwecken dienenden großen metallumhüllten Holzkreuzen abgelöst. Jedes der - wenigen - für Altäre bestimmten Bronzekreuze hat dreibogige Balkenenden, es sind mit Scharnieren aus Vorder- und Rückseite zusammengefügte, relativ kleine Kreuze mit einem gegossenen gotischen Dreinagel-Korpus (Kat. Nr. 62-65). Von den großen Prozessionskreuzen befindet sich in der Sammlung des Nationalmuseums nur eines, außer der Blechumhüllung mit Blattverzienmg mit Steinen aus Glas und gegossenen, durchbrochenen EvangelistenSymbolen ohne Spuren eines Korpus (Kat. Nr. 66.). Auf dem Gebiet Ungarns wurden mehrere fast identische gegossene Bronzekorpusse gefunden, in allen Fällen ohne Kreuz, drei von ihnen und ein Fragment werden im Nationalmuseum aufbewahrt (Kat. Nr. 8487). Die recht anspruchslos gestalteten, in Serie gegossenen Stücke tragen keine Spuren von Vergoldung mehr an sich, vermutlich vertraten sie, auf Holzkreuze genietet, die billige Massenware. Unter den Reliefverzienmgen der Glocken und Taufbecken aus dem 14.15. Jahrhundert finden sich ähnliche Figuren, so läßt sich vermuten, daß sie in Bronzegußwerkstätten entstanden, mit ebenso lange und oft verwendeten Formen, wie es die Verzienmgsmuster der erwähnten großformatigen Bronzegegenstände waren. Gegenstände aus Limoges (Kat, Nr. 91-141) und örtliche Nachahmungen (Kat. Nr. 142-143) Nach den Verwüstungen des Mongolensnirmes mußte eine große Menge von Kirchen neugebaut und neu eingerichtet werden, und diese Ansprüche erfüllten zum großen Teil die gefälligen und relativ billigen Erzeugnisse der damals in riesigen Mengen für Handelszweckc produzierenden Werkstätten von Limoges. Der überwiegende Teil der Gegenstände waren Kruzifixe oder von ihnen stammende Korpusse und sonstige Bestandteile bzw. andere zur Kircheneinrichtung gehörige Stücke. Die Tatsache, daß die meisten aus der Erde ans Licht gelangten, beweist die bedeutenden Mengen des mittelalterlichen Imports ebenso wie ihr schon angesprochener Einfluß auf die in Ungarn hergestellten Prozessionskreuze. Anscheinend sind, aufgrund der Stücke mit bekannten Fundumständen, etwas mehr im Gebiet östlich der Donau, das vom Mongolensturm stärker verwüstet wurde, entdeckt worden als in Transdanubien. Die meisten von ihnen wurden etwa zur gleichen Zeit, in der Mitte des 13. Jahrhunderts gefertigt, das fast völlige Fehlen früherer oder späterer Stücke aus Limoges in den ungarischen Sammlungen zeugt davon, daß die Rolle neuzeitlicher Sammlertätigkeit dabei, daß sie nach Ungarn gelangten, verschwindend gering ist. Intakte Kreuze blieben nur zwei erhalten, das eine ist das Altarkreuz aus dickem Blech mit krückenfönnigen Balkenenden im Nationalmuseum (Kat. Nr. 91), das andere ein Knizifix aus Önnénykút im Komitat Békés in der Erzbischöflichen Schatzkammer von Gran/Esztergom (Régészeti Topográfia 8, 7/118). Letzteres gehört zum den größten Teil der Kreuze von Limoges vertretenden Typ, mit seiner auf einen Holzkern aufgenieteten Umhüllung aus vergoldetem Kupferblech