Éva Garam: Katalog der awarenzeitlichen Goldegegenstände und der Fundstücke aus den Fürstengräbern im Ungarischen Nationalmuseum. (Catalogi Musei Nationalis Hungarici. Seria Archeologica 1; Budapest, 1993)
SZENTENDRE Gräber 1-3
SZENTENDRE Gräber 1-3 (Kat. Nr. 130a-c; Taf. 89-91) Die aus dem Männergrab mit Pferd und den zwei Frauengräbern in das Museum gelangten Gegenstände sind außerordentlich wichtig vom Gesichtspunkt der absoluten Chronologie der frühawarenzeitlichen Gegenstände. Der aus Grab 1 oder 2 zum Vorschein gekommene, kaum abgewetzte Tremissis des Justinus II. (565-578) und der Fokas-Solidus des Grabes 3 von vollem Gewicht (aus den Jahren zwischen 607-610 datieren 9 Hauptgegenstandstypen der Gräber von Szentendre, ferner über sie einen bedeutenden Teil des frühawarenzeitlichen Fundhorizontes. Die aus den Gräbern von Szentendre zum Vorschein gekommenen Gegenstände sind - da sie nicht aus einer Fürsten oder Khaganbestattung stammen - solche, die aus jedem anderen vornehmen frühawarenzeitlichen Grab zutage gefördert und selbst in Ermangelung dieser Münzen aufgrund des Fundes von Szentendre gut datiert werden können. Die Unsicherheit um die Gräber von Szentendre, die Mißverständnisse in bezug auf die Bestattung, Zusammengehörigkeit der Funde und der Chronologie wurden durch die gründlichen Forschungen und die Sachkenntnis von I. Bona geklärt. Er stellte die Grabkomplexe endgültig zusammen und führte die gute Bestimmung der Münzen durch (BONA 1982-83, 98-104; 140-141; Abb. 5-7). Zur kurzen Summierung seiner Ergebnisse fügen wir nur einige, sich aus der Untersuchung der Akquisitionsliste ergebende Bemerkungen hinzu. Grab 1. Männergrab mit Pferd. Die zutage geförderten Gegenstände kamen zuerst nach Pomáz zu dem Dorfrichter und wurden eine Zeit lang dort bewahrt. Für das Museum wurden folgende Gegenstände abgeliefert: goldenes Ohrgehängepaar mit mittelgroßem Kugelanhänger (Taf. 89, 1-2), goldener Fingerring mit rhombusförmigem Kopf (Taf. 89, 2), schilfblattförmigen Speer (inzwischen abhanden gekommen, 1961 mit der Bemerkung: unbekannter Fundort neuinventarisiert, jetzt von neuem identifiziert, Taf. 89, 9) und ein apfelförmiges eisernes Steigbügelpaar mit langer Öse (Taf. 90,1-2). Vermutlich war auch die Münze des Justinus II. in diesem Grab (Taf. 89, 4). Der Voraussetzung von I. Bona nach enthielt das Grab aller Wahrscheinlichkeit nach auch Trense, Gurtschnalle, silberne Pferdegeschirrbeschläge, Bogen, Köcher, Schwert mit Silberblechverkleidung und auch Schwert- oder Köchergurt (BONA 1982-83, 100). Angesichte des Reichtums der erhalten gebliebenen Funde kann auch unserer Meinung nach sogar ein Schwert mit Goldblechverkleidung vorausgesetzt werden. Zum Grabfund wurde lange Zeit unter Inv.-Nr. 88/1874.2 der dem Fingerring von Szentendre ähnliche Goldring hinzugenommen, der vom Nationalmuseum von den Gebrüdern Krausz gekauft wurde (Kat.-Nr. 69, Taf. 36, 2). Die Ausführung des Ringes von unbekanntem Fundort gleicht der des Exemplars von Szentendre, auch ihr Gewicht und ihre Größe stimmen überein. Die Enden des Rachen Bandringes beider Exemplare wurden dreieckförmig gehämmert, auf diese wurde die rhombusförmige Steineinfassung aufgesetzt, auf dem Rand mit Perlendraht, in der Mitte mit einer kleinen, runden Einfassung und auf den Spitzen des Rhombus je eine große Blechkugel. Diese Fingerringe ähneln denen von Bocsa, sie haben aber einen dicken Ring von kreisförmigem Querschnitt. Die Fingerringe mit rhombusförmigem Kopf und runder Steineinfassung sind awarische Nachahmungen der ähnlichen Ringe byzantinischen Ursprunges. Ein gutes Beispiel hierfür ist der Fingerring des Grabes 5 von Keszthely-Fenékpuszta (BARKÓCZI 1968, Pl. LV.2). Dieser Typ wurde von den Ringen von Szentendre und Bocsa mit den auf die Spitze des Rhombus gesetzten, für den Metallkunstkreis mit Pseudoschnalle charakteristischen Blechkugeln ergänzt nachgeahmt. Der drei Jahre nach der Erschließung der Gräber von Szentendre gekaufte, mit dem Exemplar von Szentendre gleich betrachtbare Fingerring stammt aller Wahrscheinlichkeit nach tatsächlich aus Grab 1 von Szentendre. Es waren die Funde dieses Grabes, die nach ihrem Vorkommen nach Pomáz gelangten. Zu dieser Zeit dürfte dieser Ring in Privathand, sodann zum Antiquitätenhändler Krausz gekommen sein, der das Stück dann später dem Nationalmuseum verkaufte. Da ein ähnlich ausgeführter Fingerring uns außer dem Exemplar der frühen Sammlung von Ferenc Kiss (1843: auf diesem Ring ist der rhombusförmige Kopf in antithetischer Richtung angelötet, Kat.-Nr. 68, Taf. 36, 1) bis 1935, bis zum Vorkommen des Grabes von Bocsa nur aus Szentendre bekannt ist, halten wir es nicht für ausgeschlossen, daß der Tote des Grabes 1 von Szentendre ebenso mit zwei Ringen begraben worden ist, wie der mit ihm gleichaltrige Fürst von Bocsa. Zu den Funden der Frauengräber haben wir nichts hinzuzufügen, sie werden hier bloß der Vollständigkeit halber aufgezählt: Grab 2. Frau. Goldenes Ohrgehänge mit großem Pyramidenanhänger (Taf. 91, 1-2), bunte Augenperlen (Taf. 91, 3/89, 7) und zwei silberne Armringe mit Trompetenenden (Taf. 91,4-5). Grab 3. Frau. Goldenes Ohrgehängepaar mit kleinen Kugelanhängern (Taf. 89, 5-6), bunte Augenperlen (Taf. 89, 7), silberne Toilettengarnitur (dem Museum nicht abgegeben, s. BONA 1982-83, Abb. 7, 5-6) und der Goldsolidus von Fokas (Taf. 89,8).