RÉVHELYI ELEMÉR: A TATAI MAJOLIKA TÖRTÉNETE / Bibliotheca Humanitatis Historica - A Magyar Nemzeti Múzeum művelődéstörténeti kiadványai 8. (Budapest, 1941)

Tartalomjegyzék - INHALTSVERZEICHNIS - VIII. Die Erzeugnisse der Fabrik

-154­derreihen spiegelt sich auch das bürgerliche All­tagsleben der Menschen des XVI11. Jahrhunderts in unmittelbarer Einfachheit ab. Meist reihen sie sich als untergeordnete und ausschliesslich raum­füllende Dekoration auf den architektonischen Denkmälern, und nur auf den Flächen der Schüs­seln und Teller erhalten sie eine selbständige Rol­le, indem sie eine bildhafte Wirkung geben. Unter den Darstellungen gibt es eine sich öfter wiederholende Gruppe, jene Phantasieland­schaften von Häusern mit Türmen, die auch schon auf den Holicser Gefässen vorkommen. Sie gehen auf chinesische Einflüsse zurück und schmücken die Gegenstände nicht so sehr durch ihre Bildhaftigkeit, als vielmehr durch ihre dun­kelgrünen oder lebhaft purpurroten Flecke. Das Landschafts-Muster gelangte aus Rouen, Nieder­weiler oder Strassburg, möglicherweise aus der Fabrik im nahen Dirmstein nach Holies und von dort weiter nach Tata. Da die Holicser und Tataer Varianten dieser Gruppe sehr schwer von einander zu unterscheiden sind, müssen wir bei ihnen die Arbeit ein und derselben Hand voraussetzen und erkennen. Die Annah­me kann auch nicht problematisch sein, denn in der Person Radieis finden wir den Meister, der an beiden Orten tätig war und an beiden Orten gleicherweise der beste Maler war. Be­sonders auffallend ist die Übereinstimmung der entschiedenen Pinselführung, was die alte Auf­fassung, also ob es sich in Tata nur um eine gelungene Nachahmung handle, völlig aus­schliesst. Die Herstellung von Gefässen, die mit dieser Landschaft dekoriert sind, kann also nur mit dem Namen Radieis in Verbindung gebracht werden, und ihre Herstellungszeit ist unter die beiden Orte verteilt, bis 1777 für Holies, danach aber für Tata anzusetzen. Am Ende des XVIII. Jahrhunderts arbei­tete neben ihm auch schon sein Sohn, Jakob Radiel, der ebenfalls die Dekoration der Ge­fässe mit freierem Gegenstand und mehr künst­lerischer Ausführung besorgte. Bei seinen Ar­beiten fehlt jedoch das dekorative Sehen und Fühlen, seine Pinselführung ist trocken, sein zeichnerisches Wissen unsicher und in seinen Darstellungen strebt er nur nach minutiöser Ausarbeitung. Jakob Radieis Tätigkeit als Ma­ler erreicht jenes Niveau schon nicht, auf das gerade die Kunst seines Vaters die Tataer Fab­rik erhoben hatte. Seine Dekorationen zeigen der Vergangenheit gegenüber einen Rückgang. Es wäre aber ein Irrtum, wenn man aus der Beurteilung der Arbeiten von Vater und Sohn, auf den Verfall der Dekorationen der Tataer Fabrik schliessen wollte. Hier standen nämlich nicht nur Vater und Sohn, die alte und die neue Generation, sondern die alte und eine noch nicht ausgestaltete neue Kunst einan­der Gegenüber. Der klassizistisch eingestellte Stilwechsel des XVIII. Jahrhunderts hatte während der napoleonischen Kriege seinen Boden verloren und diese Unsicherheit des Übergangs störte die friedlichere Entwicklung des Kunstgewerbes ebenso wie die höheren Zielsetzungen der grossen Künste. Das Verfalls­sympton ist also für Tata ebenso eine Begleiter­scheinung wie die kraftlosen Experimente der grossen Majolikafabriken in diesen Zeiten. Aber einen ähnlichen Rückfall zeigen auch die Stein­gut- und Porzellanfabriken. Die Gründe der Stö­rungen liegen nicht immer an der Wirtschafts­und Betriebsleitung und nicht nur an den Schwie­rigkeiten in der Beschaffung des Materials, son­dern sie sind sehr oft gerade in den Wehen der keramischen Kunst, im Mangel an Künst­lerischen Kräften zu suchen. Damals zogen in die Steingutfabrikation die schwarzen Kupfer­stichabzüge ein und in die Porzellanfabrikation — indem man die Aufgabe des Kunstgewerbes völlig vergass — statt dekorativer Landschafts­und Genrebilder miniatürarlige, sorgsam ver­fertigte farbige Kopien von berühmten Gemäl­den grosser Künstler. Jene Landschaften, die neben den zu En­de des Jahrhunderts in Verkehr gebrachten auf holzgeäderten Grund gemalten Kartenblättern Platz fanden, zeigen gegenüber den kleinen Bilderreihen der früheren architektonischen Ta­felaufsätze oder Tabernakel ebenfalls das Zei­chen des Verfalls. Die stimmungsvollen Land­schaften von breiter Perspektive dringen all­mählich aus ihren Rahmen, und hohe Gebäude, ja Häuserreihen füllen als Städtebilder die Land­schaft. Sie bilden einen Übergang zu den nach Stichen verfertigten Ansichten von Städten, die im ersten Viertel des XIX. Jahrhunderts in Mode kamen. Aber auch die Farben änderten sich und statt des lebhaften Grün, Purpurrot oder Lila benützte man allgemein eine matte Sepiafarbe. Das Modell kam durch Vermittlung von Wien aus der Fabrik von Niederweiler, oder von Nymphemburg zu uns. 1 2 1 2 Vergl. R. Peyre : Ceramique Frangaise. (Paris, 1910). — Fr. Jännicke : Geschichte der Keramik (Leipzig, 1900.) — Fr. Hoffmann : Geschichte der Porzellan-Manufaktur Nymphenburg. (1922.) — M.J. Bailot: La Ceramique Fran­gaise. Nevers, Rouen et les Fabriques du XVIl e et du XVIIIe Siecle. (Paris. 1925.)

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