KOZÁKY ISTVÁN: A HALÁLTÁNCOK TÖRTÉNETE II. / Bibliotheca Humanitatis Historica - A Magyar Nemzeti Múzeum művelődéstörténeti kiadványai 5. (Budapest, 1944)
Erster Abschnitt: Germanische Weltanschauungs-elemente im Totentanz
aufmerksam machen, dass diese Erklärung nicht ganz zutrifft. Die Gottheit wird sogar bei den primitivsten Völkern für einen „Seelenhauch" gehalten, und nach meiner bescheidenen Meinung hat es eine Bedeutung von ungemein grosser Tragweite, wenn dann im Gotischen „ans" einen „Balken" bedeutet, denn dieser „Balken" ist ja eigentlich jene „columna universalis", welche nichts anderes bedeutet, als dass die ganze Schöpfung ein „Hauch" des „Hohen", des „Irmingottes" sei und dass diese Schöpfung, d. h. die „Mutter Erde", wie sie schon in ältesten Formen mit einem verhüllten Kopf nach Seelenart charakterisiert wird, ebenfalls mit einem „Seelenhauch" auf die göttliche Schöpfungsfrage antwortet. Die Asen und ihre Symbole bedeuten eine Lebenskraftpotenz, also nicht etwas Werdendes, etwas Sichverwandelndes, sondern etwas schon längst, seit ewig Gewordenes, etwas Stabiles, das immer, zu jeder Zeit und überall seinen Einfluss auf das „Werdende" ausüben kann. Seit Aristoteles wissen wir es ja, dass alle Lebewesen ihre Bewegung von einem vorangehenden oder aussenstehenden anderen Wesen verdanken. Am Ende der Reihe muss also endlich ein einziges Wesen stehen, das an sich absolut ist und sein Leben von keinem Vorangehenden empfängt, also die Gottheit selbst ist. Nun sehen wir, dass auch die ältesten germanischen Zeugnisse altgermanischer Religionsgeschichte die Asen, die mit Lebenskraft Begabten, als seit Uranfang lebende und unbewegliche Kraftpotenzen aufgefasst hatten. Und doch war und ist bei den Germanen auch der höchste, der älteste Gott : der Fruchtbarkeitsgott, der „Herr" d. h. Frey (zu Freya und zu Frau 1), — und dieser ist ein Wanengott ! Das Wort „Vánir" bedeutet die „Glänzenden" und deutet die strahlende Schönheit der Wanengötter an. Wie bei dem Kinde sich erst die Gefühle entwickeln, dann der InstinktWille und endlich die Vernunft, als das Kind schon „Ich" sagen kann, ebenso ist die Gottheit des ältesten Glaubens der Germanen ein Wanengott, der Gott der Instinkt-Gefühle, der Schönheit, — weiter verwandelte sich dann dieser älteste Weltsäulen-Gottesbegriff in einen Axtgott, in den Gott des Instinkt-Willens. Am Ende der Entwicklungsreihe der nacheinander folgenden Götterbegriffe stehen dann die Ich-Asen der jüngsten Mythologie, entwickelt aus dem „Gott der Vernunft". Merkwürdigerweise entsprechen die Epochen der germanischen Religionsgeschichte den menschlichen Lebensaltern. Am Anfang stehen die Wanengötter und vertreten mit Balder die Kindheit und die Zeit der Pubertät. Der Himmelsgott Ty, Ziu, Tiu, Tyr entspricht dann dem Jüngling. Der Gott der Bauefnarbeit Donar-Thor vertritt das tatenlustige Mannesalter, während der Führer des Elit-Staatssystems der „Einherjar", der weise Odin, 1 dem Greisenalter entspricht. 1 Wödanaz gehört zu wöda-, ahd. wuot, got. wöds — „besessen" — lat. vätes, gallisch wäteis — „Seher" — Gott der seelischen Erregung. Wenn also Tacitus im 2. Kap. seiner Germania gleich nach der Erwähnung des „zweigestaltigen" Gottes Tuisto und seines Sohnes Mannus auch die „drei Söhne" dieses Mannus namhaft macht, indem er die drei Hauptvolkschaften und Sippen der Germanen, u. zw. die Ingaevonen, die Anwohner des Ozeans, weiter die Herminonen, d. h. die Völker in der Mitte Germaniens, und endlich die Istävonen aufzählt, so gibt er uns schon eine dreifache Einteilung der germanischen Völker nach dem Vorbilde der Götterdreiheit. Die Herminonen, oder Irmionen sind also die Verehrer des „Irmingottes", waren Asenverehrer, und ihr Symbol war scheinbar die „Irminsül", die „Weltachse", um welche sich das ganze Weltall und der Sternenhimmel drehen. Aber dies ist schon eine spätere Form des Gebrauchs dieses Göttersymbols. Älter ist der Glaube der Ingaevonen, denn sie sind Wanenverehrer. Auch sie, — und vor allem sie — wissen, was der „konische Kegel", die,, Irminsäule" zu bedeuten hat, aber ihr Abzeichen ist die Rune „Ing", das Heilszeichen des Gottes Ingwaz. Sie verehren die Wiedergeburt der Natur in dem Gotte Ingwi-Freyr, d. h. die Wiederkehr, die Wiederkunft der Jahreszeiten. Ihr Symbol ist der Kreis 0 und diesen Kreis haben sie runisch abgeeckt zu einem Rhombus O (wie auf einem Brakteat von Vadstena) oder zu einem Viereck • (wie auf einem Stein von Kylver) verwandelt. Daher heisst ja auch selbst im angelsächsichen Runenlied diese Rune noch immer „Ing" und ist ein Symbol der Wiedergeburt, 2 — ganz wie der „konische Kegel"! Aber die Ingaevonen, deren Rune sogar noch auf dem Hörne zu Gallehus 3 von zwei Männern in der Hand gemeinsam gehalten wird, haben nicht die „Weltsäule" selbst, sondern das „Werden" um diese Weltsäule, also den Begriff dargestellt, welchen das urgermanische Wort „Wurd", „Urdr" zum Ausdruck bringt, — nämlich die „Drehung des Weltalls um die Weltachse"! Die Irminonen sind also „Verehrer des Grossen", die Ingaevonen, welche man auch die „Speermänner" hiess, waren Verehrer der „Drehung" um die „Weltsäule des Grossen". Warum darf das Wort „Ingaevonen" auch als „Speermänner" erklärt werden ? Dies hängt mit dem altgermanischen Gräberritus zusammen. Das Grab wurde in einen runden, kreisförmigen Steinhügel hineingebaut. Der Eingang zur Grabkammer war im Süden und wies von Süden nach Norden, — da sich ja das Reich der Unterwelt nach uraltem Glauben im Norden befindet ! Auf dem höchsten Punkt des Grabhügels stiessen die Herminonen scheinbar ein Schwert in den Steinboden. Oder sie bauten gleich aus den Steinen einen Obelisk auf das Grab. Auf manchen Gräbern der Steinzeit steht schon ein einziger spitziger Stein am höchsten Punkt des Grabhügels mit der Spitze gegen den Himmel gewendet. Die Ingae2 Vgl. Güntert, a. a. 0. S. 46. 3 Vgl. Leyden, a. a. 0. Tafel X, Fig. 23, links, im dritten Bilderstreifen von unten 1