KOZÁKY ISTVÁN: A HALÁLTÁNCOK TÖRTÉNETE II. / Bibliotheca Humanitatis Historica - A Magyar Nemzeti Múzeum művelődéstörténeti kiadványai 5. (Budapest, 1944)
Zweiter Abschnitt: Romanische Weltanschauungs-elemente im Totentanz
In diesem Fixsternhimmel sieht Dante knapp nach dem Triumphzug Christi das „grosse A und 0" 1 und spricht mit Adam. 2 Als neunte Stufe der „Himmelsreise" folgt nun der „Krystallhimmel", das Primum mobile, in welchem Dante die „neun Chöre" der Engel, die „leuchtende Rose" und die „Königin der Rose", Maria, erblickt. Diese „neunte Sphäre" stellt das engste Verhältnis zwischen der Engelswelt und der Körperwelt, also zwischen dem Makrokosmos und dem Mikrokosmos her : die ganze „Himmelsreise", dieses mystische Erlebnis der Tatsache der Vision eines „dreieinigen Gottes" in der Form einer „Himmelfahrt", ist eigentlich eine praktische Anwendung der Identität zwischen Makrokosmos und Mikrokosmos, — nur dass hier der Weg aus der Seele eines Einzelnen, aus dem Ich-Erlebnis, in den weiten Weltenraum des „Universums" und so zum „Besitz der Gottheit", also zu einer real gesehenen Wirklichkeit führt, wobei „alles Sichtbare tatsächlich vergeistigt wird", d. h. Weltenraum, Planeten, Sonnenlicht, Drehung der Himmelsregionen, Musik und Tanz, Harmonie, Kreuz und „Leiter". . . usw. Der ganze Krystallhimmel ist der „schnellste Kreis" des Weltalls und von ihm bekommen die übrigen Regionen ihre Bewegung, während dieser „erste Himmel" von Gott selbst seine Drehung und Schnelligkeit erhält. Dante schreibt darüber : „Mir strahlt'ein Punkt, so glanzentglüht und scharf, Dass nie ein Auge, das er mit dem hellen Glutschein bestrahlt, ihm oifen trotzen darf. Liess sich zu ihm das kleinste Sternlein stellen, Ein Mond erschien' es, könnt' es seinem Licht, So nah', wie Stern dem Stern, sich beigesellen. So weit, als Sonn' und Mond ein Hof umflicht. Vom eignen Glanz der beiden Stern* entsprungen. Wenn sich in dichtem Dunst ihr Schimmer bricht. War um den Punkt ein Kreis, so schnell geschwungen In reger Glut, dass er auch überwand Den schnellsten Kreis, der rings die Welt umschlungen Und dieser war vom zweiten rings umspannt, Um den der dritte dann, der vierte wallten, Die dann der fünfte, dann der sechst' umwand. Drauf sah man sich den siebenten gestalten, So weit, dass Iris halber Kreis, auch ganz, Doch viel zu enge war', ihn zu enthalten. Dann wand der achte sich, der neunte Kranz, Und jeder war langsamer'n Schwungs, je weiter Er ferne stand von jenem einen Glanz . . Als zehnte und letzte Station folgt dann das Empyreum mit der „Himmelsrose", dem Besitz der Gottheit. 4 Den Dichter entzückt die „Dreifaltigkeitsvision". Er sieht drei Kreise, die sich ineinander winden. Es sind drei ganz gleiche Kreise, wiedies die hier beigefügte Abbildung Nr. 17 darstellt. Der Halbmesser oder Radius der einzelnen Kreise ist gleich und ihre Kreislinien schneiden die Kreisflächen gerade im Mittelpunkte, wobei die Kreiszentren zugleich 1 Parad. 26. Ges. Vs. 16 ff ; a. a. 0. S. 556. 2 Ebenda, Vs. 55 ff. a. a. 0. S. 558-559. 3 Parad. 28. Ges. Vs. 16-36. a. a. 0. S. 569-571 4 Parad. 30. Ges. auch mit den drei inneren Durchschnittpunkten identisch sind. Es sind also keine konzentrischen Kreise, wie die „Planelenregionen"! Durch dieses Kreissystem aber entstehen sieben Segmente, welche von der mittelalterlichen mystischen Weltanschauung für das Abbild der „sieben göttlichen Kräfte" gehalten wurden. 5 Ein auf die „Dreiheit aufgebautes Siebensystem" charakterisiert also die Dreifaltigkeitsvision Dantes. Dieses Gesetz der zurückkehrenden Oktave, der „Siebenrhythmus" , ist die Grundlage der ganzen Schöpfung, — nach der Anschauung mittelalterlicher Mystiker. Sie haben ja dabei in Einzelheiten doch etwas von den Gesetzen des gewaltig-göttlichen Weltgeschehens abgelauscht. Da haben wir z. B. gleich die „sieben Farben" im Regenbogen (von unten nach oben : violett, indigo, blau, grün, gelb, orange und rot) ! Bemalt man sieben Sektoren einer kreisförmigen Scheibe und dreht dann diese Scheibe in gehöriger Schnelligkeit, so entsteht erst eine violette, später dann blaue, grüne, gelbe, hellrote, — und bei höchster Schnelligkeit : weisse Farbe ! Auch die einzelnen Planeten haben daher verschiedene „Farben", bis wir zum Schluss den „weissen" Jupiter erreichen . . . Nach den A Abb. 17. Dreifaltigkeitsvision und „Gottesauge". sieben Farben folgt also die weisse, wie nach den sechs Tagen der Schöpfung und nach dem siebenten, dem Ruhetag, die Periode nochmals vom Anfang an beginnt (eigentlich beginnt ja die Woche mit dem Sonntag, mit „dies Domini" — mit der „Dominica" — dazu kommen die sechs Werktage und der nächste Sonntag als „Oktave" und zugleich als Grundlage für eine „neue Oktave"; merke : Sonn- und Mond-Tag stehen nebeneinander !), wie wir nach sieben Tagen der Woche die Zeitrechnung wieder vom Anfang beginnen, wie sich das „Siebengesetz" auch in den Perioden der chemischen Elemente geltend macht, wo im allgemeinen (nicht ganz ohne Ausnahme !) eine jede Periode sieben Elemente enthält, um dann in der nächsten Periode mit einer „Oktave" der vorhergehenden wieder neu anzufangen. Es sind freilich auch hier Abweichungen, wie man ja bei „reiner Stimmung" der Saiten eines Klaviers in den nächsten Oktavräumen keine „reine Oktave" bekommt! Wenn also Gott im 1. Buche Mosis Kap. IX. Vs. 17 zu Noé, auf den siebenfarbigen Regenbogen hinweisend, spricht : „Das ist das 6 Vgl. das sehr interessante ungarische Werk . Misztika mint világnézet" von Kennsbert Károly. Budapest 1941, S. 75.