KOZÁKY ISTVÁN: A HALÁLTÁNCOK TÖRTÉNETE II. / Bibliotheca Humanitatis Historica - A Magyar Nemzeti Múzeum művelődéstörténeti kiadványai 5. (Budapest, 1944)

Zweiter Abschnitt: Romanische Weltanschauungs-elemente im Totentanz

am Himmel seine Nachkommen in der Gestalt von Sternen ! „Aetherium spectare polum patriarcha iubetur Stellarumque modo subolem sperare micantem". Durch die Vermittlung der „Tituli" sind wir eigentlich schon unbemerkt zu jenem Ge­genstand gelangt, der uns im nächsten Ab­schnitt dieser einleitenden Ausführungen gleich interessieren wird ! Bevor ich aber zur mittel­alterlichen lehrhaften Literatur weiterschreite, welche ja u. a. auch jene von den „Tituli" ge­schilderten Symbole verwertet, möchte ich noch auf einige Kuriositäten in der mittelalter­lichen Weltanschauung und auf die Rolle der deutschen Mystiker in der Verbreitung dieser Gedankenfolgen aufmerksam machen. 2. Kuriositäten in der mittelalterlich-christli­chen Weltanschauung : das Weltbild Dantes Im vorigen Kapitel wurde gezeigt, wie die germanische Weltanschaung, — alles Unsicht­bare versinnlichend, — mit den vom romani­schen Kulturgeist übermittelten altklassischen und mit den durch das esoterische Christen­tum verbreiteten orientalischen Weltanschau­ungselementen, in denen alles Sichtbare ver­geistigt erschien, noch knapp vor der Jahrtau­sendwende vermengt wurde. Nun siegt aber dann langsam der roma­nische Geist, vornehmlich auf jenen Gebieten, welche als ein Erbe des Indogermanentums den germanischen und romanischen Völker­schaften in gleichem Grade bekannt und geläu­fig waren. Altgermanischer Geist scheint zwar bei den deutschen Mystikern später nochmals aufzuleben, aber jene Kuriositäten im mittelal­terlichen Weltbild, welche wir hier kurz be­trachten möchten, sind doch die Folgen eines gewaltigen Emporströmens romanischer Welt­auffassung. Wenn ich hier etwas über diese Kuriosi­täten mitteilen möchte, indem ich zugleich auch die Bedeutung des von Dante in seiner Divi­na Commedia verherrlichten Weltbildes hervor­hebe, so möge man von mir nicht eine einge­hende Darstellung der Grundzüge und der welt­anschaulichen Grundlagen der „Göttlichen Ko­mödie" erwarten. Dies taten vor mir schon viele, die sich dazu berufener fühlen durften, als ich. Doch wird uns ein Blick auf Dantes Meisterwerk eine Reihe von sehr interessanten Schlüssen auf die Geschichte des Todes-Tan­zes und der Totenfanzweltanschauung im all­gemeinen ermöglichen ! * * * Am 13. April 1300, am Karmittwoch, be­tritt nach dem Berichte der Divina Commedia Dante auf dem Berge des Purgatoriums, von Vergilius dahin begleitet, den Boden des „irdi­schen Paradieses". Er durchwanderte mit dem Geiste des grossen Dichtergenossen erst die „neun Kreise" der Hölle, diese „neun Stufen" der Unterwelt und kommt auf seinem Wege, der mitten durch die Erde führt, auf der ent­gegengesetzten Hemisphäre der Erde wieder ans Tageslicht heraus. Aus der Hölle, deren neun Ringe oder Abstufungen in der Achse des Golgothaberges immer tiefer in den Mittelpunkt der Erde geführt hatten, kommt Dante nun zum Eingang des Purgatoriums als zu einer zehnten Station seiner Wanderung. Dann führt der Weg die „sieben Sphären" des kegelförmigen Purgatoriumberges empor, bis zur „achten Stufe" des Aufstieges auf diesem „Himmelsberge", zum „irdischen Paradies". Aus dem „irdischen Paradies" ausgehend führt dann Beatrice den Dichter weiter durch „neun Himmelssphären" bis zur,, zehnten Stufe" dieser Himmelsleiter, zum Empyreum. Wie es das beigelegte Schema Abb. 16, S. 87 zeigt, überschrei­tet erst Dante die „Feuerzone", welche das ir­dische Paradies" und die Erde umringt, um dann in die „erste Sphäre" einzutreten. Es ist die „Mondsphäre", das Reich irdischer Ver­gänglichkeit und Unbeständigkeit. Hier endigt eigentlich die Welt der „Materie", welche die Wandernden noch zur Erde fesselt. Dann folgt die „zweite Sphäre", der himmlische „Plane­tenkreis Merkurs". Es ist die Welt der Streb­samkeit und der Vegetation, welche noch zur irdisch-materiellen Welt näher steht, als zur reinen Geisteswelt. Die „dritte Sphäre" ist der Kreis des Planeten Venus. Es ist das Reich der „irdischen Liebe", das Reich der „Instinkt­welt", der „irdischen Sehnsucht". Auch der „Venushimmel" steht dem irdischen Leben nä­her, als dem himmlischen. Nun aber beginnen mit dem „Himmel der Sonne" die Regionen der Geisteswelt. Die Sphäre der Sonne ist die Welt der „Sonne der Wahrheit" und in dieser „Vernunftwelt" leben die „feurigen Seelen", die „Bräute des Herrn", die sich um Christus versammeln und in Sonne, Licht und Liebe schon die Spiegelung der Dreifaltigkeit bewun­dern. Thomas von Aquin, der hl. Franziskus und Dominikus sind die Anführer der Schar, die hier ebenso einen Kreistanz ausführt, wie die Seelen im Fegfeuer um den „Baum der Erkenntnis", der „bis zum Himmel reicht" 1. Dante sagt es im 13. Gesang des dritten Teils seiner Komödie, im „Paradies", 2 ausdrück­lich, dass der Kreistanz, bzw. Doppelreigen der Seelen der „Heiligen der Erkenntnis", ein Abbild der Drehung der Sterne um die Welt­achse sei. „Drei in Einem — Gott und Mensch nur Eins" . . . das ist der Gesang der hier im Doppelreigen Tanzenden. Aber auch in der fünften Himmelssphäre, im Reiche des Plane­ten Mars, dessen Charakteristik ein Löwe ist und dessen Region die Welt der Tapferkeit 1 Vgl. die Ubersetzung der „Göttlichen Komödie" von Karl Streckfuss in Reclams Universal-Bibliothek Nr. 796-800. Leipzig 1876, S. 382 Ii. Fegefeuer 32. Gesang, Vs. 37 ff. 2 Vs. 4-27, a. a. 0. S. 474.

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