KOZÁKY ISTVÁN: A HALÁLTÁNCOK TÖRTÉNETE II. / Bibliotheca Humanitatis Historica - A Magyar Nemzeti Múzeum művelődéstörténeti kiadványai 5. (Budapest, 1944)

Zweiter Abschnitt: Romanische Weltanschauungs-elemente im Totentanz

Negelein' ist die Vorstellung, dass die Seeleden Totenkörper nicht sofort verlasse, sehr verbrei­tet und der Volksglaube stellt den dritten, sie­benten, neunten und vierzigsten Tag nach dem Verscheiden des Toten als die einzelnen Sta­tionen des Verwesungsprozesses und zugleich auch der „Reise der Seele" ins Jenseits fest. Kerzen brennen in der Nacht vor dem Begrab­nisse an der Bahre, weil man damit zeigen will, dass die Seele die irdischen Regionen noch nicht verlassen hatte. Dasselbe wollen auch die „Totenspenden" andeuten. Die Seelen­ämter, welche man in Bayern am siebenten und dreissigsten Tag nach dem Tod für die Seele hält, die Totenmähler, welche man in Preussen am dritten, sechsten, neunten und vierzigsten Tage nach dem Eintreten des To­des abhält, beweisen, dass man diese Tage als „kritische Wendepunkte" auf der „überirdischen Seelenreise" betrachtet und der Seele auf diese Weise zu helfen bestrebt ist. 2 Die erste Nacht ist die Seele bei St. Gertrud, die zweite bei St. Michael, — aber diese Stationen kennen ja schon die Avestatexte, freilich in einer heidni­schen Form ! In der „Sigurdarkvida" 3, 42 der Eddasammlung heisst die Reise der Seele ins Jenseits der lange Gang, den sich Brun­hilde nicht verleiden lässt. Als Hermodr zu Balder in die Unterwelt gesendet wird, reitet er neun Nächte lang durch dunkle, tiefe Täler, — es sind die einzelnen „Stufen" oder „Statio­nen" auf der „Himmelsleiter" oder — in den Eddaliedern — auf der „Himmelsbrücke ..." Martianus Capeila, " der berühmte lateini­sche, und sehr barocke und schwülstige Schrift­steller des ausgehenden IV. und beginnenden V. Jahrhunderts, ein Sachwalter in Karthago, gibt in den beiden ersten Büchern seiner En­zyklopädie über die „sieben freien Künste, 4 in diesem ungemein verbreiteten und beliebten Schulbuch des ganzen Mittelalters," ein siche­res Beweismaterial in unsere Hände (u. zw. besonders was die lateinischen und antik-klas­sischen Elemente der Motivgruppe über die „Himmelsreise der Seele" anbelangt), dass es sich in der Hinsicht der Vorgeschichte der Mo­tive über die „Himmelsreise" die orientalische, lateinisch-klassische und später auch die germa­nische Tradition klar nachweisen lässt. In beiden 1 Vgl. Die Studie von Julius v. Negelein : Die Reise der Seele ins Jenseils, in drei Abschnitten In der Zeit­schr. d. Ver. f. Volkskunde. XI. Jg. 1911, S. 1"—28. 149­158 und 263-271. 2 Vgl. den Ausdruck „aelerna tabernacula" in Luk. I69; weiter Emil Freistedt : Altchristliche Totengedächtnis­tage und ihre Beziehungen zum Jenseitsglauben und Io­tenkultus der Antike, in den „Literatu.geschichtl. Quellen und Forschungen". Helt 24. Münster in Westi. 1928. S. 53 iL und 127 ff. 3 Martianus Minneiiis I elix, geb. zu Madaura in Afrika ; vgl. Teuffei, Gesch. der röm. Lit. Berl. 1890. 5. Aufl. S. 1156 ff. 4 Hg. von Eyssenhardt, 1866 und A. Dick, 1925. 5 Ins Althochdeutsche von Notker Labeo od. d. Deutschen übersetzt, vgl. die Ausg. von Graff 1837 ur.d von F. Piper 1882. ersten Büchern seiner Enzyklopädie, in dem auch separat verbreiteten Werke über die „Hochzeit der Philologie" schildert er uns vor allem die „himmlische Reise" der als ein schönes Mädchen personifizerten „Philologie", die sich Merkur zum Weibe erkor. Bei der Schilderung der olympischen Himmelsburg zählt er uns „sechzehn Regionen" der Götter auf, deren stufenweise übereinander ge­baute „Häuser" die Philologie durchschreiten soll. Besonders interessant ist die urmenschliche und doch „galante" Charakterisierung der Göttin Juno, dieser klassischen „Göttermutter", während Mar­tianus Capeila aus dem Apollo ganz offen und ausdrücklich eine „Lebensraddarstellüng" macht. Nachdem er nämlich erwähnt hatte, dass die Edelsteine der Krone des Gottes „Sol" Sinn­bilder der Jahreszeiten sind, zeichnet , er uns den Charakter Apollos, indem er sein Äusseres bald mit einem Kinde, bald mit einem Jüngling vergleicht, indem er ihn zum Schluss dann zu einem Greise macht. Damit wollte er in dieser Anspielung auf die menschlichen Lebensalter die Eigenheit der Sonne am Morgen, am Mit­tag und am Abend greifbar machen. Ja, er teilt uns auch eine andere Meinung mit, wenn er später hervorhebt, Apollo habe zwölferlei Ausse­hen, u. zw. gemäss der zwölf Stunden des Tages. 6 Auf die christliche Symbolik wurden dann diese Lehren vom „überweltlichen Seelen­weg" durch die Freskenmaler mittelalterlicher Kirchen übertragen. Im Zusammenhange mit den Regensburger Deckenmalereien möchte ich noch auf die Bedeutung ihrer Tätigkeit hinwei­sen. Hier sei aber erst auf ein bedeutendes Werk des hl. Johannes Klimakus,' auf die Schrift K/Jgat, lov jacoaövoov, aufmerksam gemacht, in deren 30 Kapiteln oder „Stufen", den dreissig verborgenen Jahren des Lebens Jesu entspre­chend, der Verfasser die Laster und Tugenden beschreibt. Sein Werk, wie auch die mächtige Schrift des Franziskaners Bonaventura, das ,. Itinerarium mentis in Deum", s haben durch das ganze Mittelalter bis heute eine traditio­nelle Vorstellung von der „Himmelsreise der Seele" in christlicher Umkleidung wachgehal­ten. Es würde mich zu weit führen, wenn ich den Inhalt dieser beiden Werke eingehend be­handeln wollte. Ich erwähne nur, dass sich die Seele nach der Vorstellung Bonaventuras noch während ihres irdischen Lebens auf sechs Stu­fen zu Gott erhebt. Diese sechs Stufen sind freilich rein philosophisch-theologisch gedacht und entbehren eine jede „mythologische Fär­bung". Sie führen aus dem Reiche der Erkennt­6 Vgl. Paul Tli. Hoffman-r. Der mittelalterliche Mensch gesehen aus Welt und Umwell Notkers des Deut­schen. Gotha, Perthes-Verl. 1922, S. 223 und 333; bei der letzten Stelle werden die „sechzehn Regionen" der klassischen Götter aufgezählt, was mich der Pflicht ent­hebt. diese weitläufige Aufzählung zu wiederholen. 7 Geb. vor 5 79 und gest. um 649 ; erst trat er in das Kloster auf dem Sinai, wurde dann Anachoret in ei­ner Höhle am Fusse des Sinai ; die Mönche von Sinai beriefen ihn vor 639 als Hegumen. 8 Geschrieben im Oktober 1259.

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