KOZÁKY ISTVÁN: A HALÁLTÁNCOK TÖRTÉNETE II. / Bibliotheca Humanitatis Historica - A Magyar Nemzeti Múzeum művelődéstörténeti kiadványai 5. (Budapest, 1944)

Zweiter Abschnitt: Romanische Weltanschauungs-elemente im Totentanz

einfassen liess und somit in diesem Viereck schon eine Versinnlichung der göttlichen Voll­kommenheit sehen wollte. Wir werden es spä­ter erfahren, dass dieser Gedanke gerade in den germanischen Ländern des mittelalterlichen Europas grosse Beliebtheit genoss. Schon die ersten Runenzeichen und Runenreihen, sowie die feierlichen Merkverse, welche unverändert bis tief ins Mittelalter lebendig blieben und den einzelnen Runenzeichen je einen Namen gaben, beweisen das Vorhandensein dieses echt ger­manischen Triebes schon seit uralten Zeiten. 1 Die Runenzeichen, welche den ungreifbaren Sprechton und den abstrakten Sinn der Bedeu­tung der Laute, Silben und Wörter versinnli­chen, u. zw. doppelt, weil sie ihnen Zeichen geben und diese Zeichen noch obendrein ei­nen bildhaften Namen haben, dienten ursprüng­lich als stärkste Mittel der Zauberei. Wie es ja auch Tacitus in seiner Germania I, 10 er­zählt, wurden diese Zeichen auf die Zweige eines Baumes, vor allem scheinbar auf Stäb­chen aus Buchenholz (vgl. „Buchstabe"), ein­geritzt, und die Runen für f, a, i, n, 1, t und é sehen ausserdem noch so aus, als seien sie kleine Baumzweige oder nebeneinander gelegte Stäbchen. Dass diese „Zauberstäbchen" von jenen Bäumen geholt wurden, welche man für „Weltachsen" und „Irminsäulen" hielt, dies ist, glaube ich, auch ohne Beweismaterial glaub­lich. Es ist eine sehr gelungene Beobachtung Fr. v. d. Leyens, 2 dass die in den altenglischen und besonders keltischen Runenmerkversen den Runen gegebenen Namen nebeneinander ge­stellt ganz so aussehen, wie etwa eine Fels­zeichnung in Fossum-Tanum oder Lökeberget. Diese Namen sind : Vieh (Vermögen), Auerochse (Ur), Riese, Ase, Wagenrad (!), Kahn (s. auch am ersten Stein zu Kivik !), Gabe, Wohlbeha­gen, Hagel, Not, Eis, gutes Jahr, Garten von Apfelbäumen, Eibe, Elch, Sonne, der GottTiu, Birke, Pferd, Mann, Meer, der Gott Ing, Tag und Besitz. Nicht umsonst wird der „höchste Gott" Tiw zu einem Runenzeichen, denn man verbindet seine Gestalt schon sehr früh, und besonders bei den zauberkundigen Kelten, mit zwei magisch wirkenden Zaubergöttinnen, mit den „Alaisiagen", welche den Tiwaz ebenso begleiten, wie im zweiten Merseburger Zauber­spruch Frija, Sünna und Sinthgunt den zauber­kundigen Weisheilsgott Wodan. In den Jahren 1883 und 1924 wurden in England in House­steads am Hadrianswall zwei solche Weihsteine aus dem II. und III. Jahrhundert gefunden. Sie wurden von Bürgern aus Twente, aus dem Niederrhein, die zur friesischen Legion gehör­ten, dem Mars Thingsus und den beiden Alaisi­agis gewidmet. Dieses „ala-" ist eine verstär­kende Vorsilbe magischer und glückbringender Bedeutung, — hauptsächlich in keltischen Na­1 Vgl. die sehr interessante Erklärung der in den Merkversen verwendeten Namen der Runenzeichen bei Fr. v. d. Leyen in seinem Werke „Die Götter der Ger­namen". München 1938, S. 52 ff. und 81—82. 2 Vgl. a. a. 0. S, 52. men verwendet — und in nordischen Inschrif­ten begegnet häufig ein runisches Zeichen „alu". Das „isiagis" (dat. plur.) oder „iesiagis" könnte dagegen mit dem Namen eines anderen Ru­nenzeichens „esec" verglichen werden, das in den Runenmerkversen vor „sol" zu stehen pflegt, also etwa „sonnenhaft", oder „himm­lisch" bedeutet. 8 Die keltischen und germani­schen Runenreihen weisen sehr viel verwandte Züge auf und am meisten überrascht in ihnen die regelmässige Gegensätzlichkeit, da von den paarweise nebeneinander gestellten Runenna­men der erste meist die freundliche, der zweite dagegen die feindliche Seite der Dinge und Mächte betont. Das „fehu" ist ein zahmes Tier, während „ur" ein wildes. Auf den Riesen „thurs" folgt der Gott „ans", der die Riesen bezwingt. Neben dem „Wagen", d. h. „rat", steht das „Schiff", „chaon", auf „Winter", „is", folgt der Frühling, d. h. „jär". Ebenso wird der dunkle Baum des Todes, genannt „iwa", dem blühendem Baum des Lebens, „peortra" gegenübergestellt, dessen Name durch den Ein­fluss keltischer Magie in die germanische Ru­nenreihe kam. Ausnahmsweise ergänzen sich dann der „Reichtum" (géba) und die „Weide" (winnia), der „Hagel" (hagal) und die „Not" (naut). Neben den Himmeisgott „Tiu" wird die „Birke" (berca) gestellt, welche ebenfalls als „Himmelssäule" diente. Ebenso steht neben dem „Meere" (lagu), das ja auch nach orientalischen und antik-klassischen Vorstellungen die Welt­radbewegung veranschaulicht 4 und auch auf dem Lebensrade des Achillesschildes 6 dieses „Weltrad" im Kreise umfasst und einrahmt, der „Gott des Kreislaufes", „Ing". Nur zwei Paare der Runen haben keine besondere Bedeutung : das Pferd (ehu) und der Mann (manna), sowie Tag (tac) und die Freude des Tages, der Be­sitz (odal). Diese Namen der germanischen Runen­reihe beweisen, dass man bei den Germanen den Schriftzeichen kosmische Bedeutung bei­gemessen hatte. Und im ganzen Mittelalter be­halten die Schriftzeichen und Zahlen diese ih­nen gespendete hohe Ehre. Es wird z. B. das ganze Mittelalter hindurch ein „Himmelsbrief" verbreitet, d. h. eigentlich ein Gebet, welches man angeblich i. J. 783 auf dem Grabe Christi gefunden hätte, und welches der Papst dem Kaiser Karl zugeschickt haben soll, als dieser zum grossen Kampf der Vereinigung ganz Eu­ropas unter seiner Macht auszog. Diese Schrift wurde Kranken in die Hand gegeben, Kriegern auf den Kriegszug mitgegeben, — weil sie ge­gen unvorbereiteten und plötzlichen Tod schüt­zen sollte. 6 Und in dem schon im ersten Band meiner GTT besprochenen Oxforder Missale, sowie in einer Londoner Handschrift, 7 wurde 3 Vgl. i). d l.pypn, a a. 0. S. 81. 4 Vgl. GTT Bd. I. S. 131. 5 Vgl. GTT Bd. 1. S. 201. s Vgl. L. Sfrackerjan : Aberglaube und Sagen aus dem Herzogthum Oldenburg. Bd. I. Oldenburg 1867, S. 59-60. 7 Vgl. GTT Bd. I. Tafel IV. Fig. 3-4 ; und S. 173 ff.

Next

/
Oldalképek
Tartalom