KOZÁKY ISTVÁN: A HALÁLTÁNCOK TÖRTÉNETE II. / Bibliotheca Humanitatis Historica - A Magyar Nemzeti Múzeum művelődéstörténeti kiadványai 5. (Budapest, 1944)
Erster Abschnitt: Germanische Weltanschauungs-elemente im Totentanz
heim gehaltenen Namen der Mitspieler von dem Engel oder dem Teufel erraten werden. Wenn die Kinder auf diese Weise in zwei Gruppen aufgestellt wurden, müssen sich die Engel paarweise niederknien und der Teufel stellt sich vor die Reihe. Nach einer Frage, ob sich der Haushund in ihrer Reihe befindet, läuft er eiligst an den Engeln, zwischen den einzelnen Paaren vorüber. Diese suchen ihn zu schlagen und zu zwicken. Dem Teufel folgen freilich auch jene, die vorher zu „Teufeln" wurden. Dann wiederholt sich das Spiel auch mit den Engeln, welche dann wieder von den Teufeln bestraft werden. Dann stellen sich Engel und Teufel hintereinander und der Spielführer befiehlt dem Oberteufel, eines der mitspielenden Mädchen herbeizuführen. Es folgen nun komische Fragen, welche der Spielführer an das herbeigeführte „Engelchen" richtet : Worauf stehst du ? — Auf der Erde — antwortet dieses. — Worauf schwebst du ? — Auf einem Blättchen. — Was ist über deinem Kopf ? — Der Himmel. — Spuck nun auf den Boden ! — Das tue der Hund I — Nun drehe dich um und lache nicht 1 — ruft der Spielführer dem „Engelchen" zu. Das Mädchen muss den Mund mit der Hand zuhalten, aber der Spielführer zieht ihm die untere Lippe mit der Hand doch so grob gegen das Kinn herab, dass die Zähne des Mädchens sichtbar werden . . . Dass hier die „Menschen" als Blumen aufgefasst werden, dass die Zähne des Mädchens deswegen sichtbar werden müssen, weil es ja eine „Totenseele" spielt, deren Körper ein bis auf die Knochen verwester Leichnam ist, dass der Spielführer oder der Teufel mit seinem Stab an die einstige Todesgottheit erinnert, dies ist klar. Ein ähnliches Spiel wurde auch in Rád (Komitat Baranya), in Kóród, in Bodpalád (Komitat Szatmár), in Sárbogárd, in Kecskemét usw. aufgezeichnet. In der Ortschaft Rád spielt man das „Engel-Spiel" auf folgende Weise : Die Mädchen wählen je eine Spielerin für die Gestalten des Todes, des Engels und des Teufels. Die Mädchen setzen sich der Reihe nach in das grüne Gras, u. zw. so, dass sich die einzelnen Spielerinnen in den Schoss der hinter ihnen nächstfolgenden Spielerin beugen. Ein jedes Mädchen umarmt das vor ihm sitzende und alle schaukeln und wiegen sich rhythmisch bald nach rechts, bald nach links. Während dieser rhythmischen Bewegung singen sie: „Lustig, fröhlich tun wir leben /Im kleinen Garten wir alle blühen" ... Vor ihnen steht nun der Tod, rechst der Engel, links der Teufel, — und das Spiel beginnt damit, dass der Tod plötzlich mit seinem Fusse stampft, das erste „Blümlein" bei der Hand nimmt und es vor sich stellt. — Ich gedenke auf dieses Kinderspiel nochmals zurückzukehren, u. zw. im Zusammenhange mit den Everymanmotiven, hier möchte ich nur darauf hinweisen, dass es sich hier ebenfalls um zwei Gruppen handelt, um die Gruppen der Engel und Teufel, — und dass auch hier an eine jede „Blume" komische Fragen gestellt werden, um sie zum Lachen zu reizen. Wer lacht, muss zu den Teufeln 1 Ja, die Engel machen hier den Versuch, die „Teufel" aus der Macht des „Oberteufels" zu befreien I In diesen und in ähnlichen Kinderspielen sehe ich die letzten Reste, eigentlich eine sozusagen „christianisierte Parodie" jenes Begräbnisspieles, welches von den „Guggelmännern" schon auf den Bildern des siebenten und achten Steines zu Kivik bei festlicher Gelegenheit aufgeführt wurde. Es wurde ja auch der „NerthusKult", der Umzug mit dem Bilde der Göttin „Mutter Erde", dieses traurig ernste Spiel, welches, wie die meisten altgermanischen Volksspiele, mit ausgelassener Freude und Fröhlichkeit beginnt, aber tragisch, mit dem wirklichen Tod der Teilnehmer endet, im Mittelalter ebenfalls christianisiert. Die Umzüge mit der „Frautafel", mit einer Abbildung der „Maria gravida", im Bayerischen Wald, und gerade zur Zeit der kommenden Weihnachtsfeste, deren Vorhandensein schon aus dem XII. und XIII. Jahrhundert belegbar ist, 1 sind mit Sicherheit ebenfalls aus urgermanischen religionsgeschichtlichen und weltanschaulichen Tatsachen abzuleiten. Und auch das „Begräbnisspiel" in Kivik, eine Gräberfeierlichkeit 1400 Jahre vor Christus, beginnt mit einem Triumphzug, mit einem fröhlichen Tanz der „Ahnfrau" und mit der Erzeugung des „Lebensfeuers", also mit einer lustigen „Sonnwendfeier", und endigt mit schrekkenerregenden Geisterszenen, wie dies dann meist bei den keltischen Völkerschaften der Brauch war. Es schliesst die Maskerade mit Menschenopfer und Massenmord ab. Aber den „Geisterschritt" im Tanze der vermummten „Ahnenseelen" werden wir später auf dem Bilde des Jüngsten Gerichts in Autun und auf dem Totentanzfresko in Clusone wiederfinden. 2 Und wenn es dann heissen wird, dass die mittelalterlichen „Danse-Macabre-Kirchhofstänze" eigentlich altheidnische Kulttänze seien, deren sicherste Charakteristik der Kreistanz, das Abschreiten eines Zauberkreises rund um ein Grab sei, — so werden wir diesen mittelalterlichen Volksbrauch, nach der hier gegebenen Deutung des „Begräbnisspiels" in Kivik, in ein richtiges Licht zu stellen wissen. Wenn sich also im mittelalterlichen Totentanz einzelne altgermanische Motive entdek ken lassen, so erscheinen sie freilich nicht mehr in ihrem Urzustand, sondern sie zeigen mehr oder minder grosse Abweichungen ihrer ursprünglichen Bedeutung, da sie sich auch mit christlichen Weltanschauungselementen vereingt hatten, deren Untersuchung aber schon die Aufgabe des nächsten Abschnittes sein soll. 1 Vgl. Fr. u. d. Legen. Die Götter der Germanen a. a. 0. S. 106-109. 2 Vgl. hier Tafel XVIII—XIX.