KOZÁKY ISTVÁN: A HALÁLTÁNCOK TÖRTÉNETE II. / Bibliotheca Humanitatis Historica - A Magyar Nemzeti Múzeum művelődéstörténeti kiadványai 5. (Budapest, 1944)
Erster Abschnitt: Germanische Weltanschauungs-elemente im Totentanz
- 2Q íWttW Abb. 3. Die Steine Nr. 6, 7 und 8 im Grabe zu Kivik. Links : Stein 6. Pflugschar und Sonnenrad. Mitte : Stein 7. Triumphzug und die acht Stufen des „überirdischen Seelenweges". Rechts : Stein 8. Feuerquirlung, Tanz der „Ahnfrau", Totenopfer und Menschenopfer. 1 einige, leider nur ganz spärliche Reste alter Dichtung abschrieben. Hätten sie dies nicht getan, hätten sie in ihren für christliche Hörer und Leser veriassten poetischen Schöpfungen nicht hie und da etwas aus der Schatzkammer alter heidnischer Motive verwertet, so wären auch etwaige Aufzeichnungen heidnischer Dichtkunst ohnedies spurlos verschwunden, wie das leider auch im Falle der karlischen Sammlung und der national-heidnischen Poesie anderer europäischer Völker tatsächlich geschehen ist. Karl der Grosse griff zwar in der Existenzfrage der Mission ziemlich häufig nach gewaltsamen Mitteln, um einzelne Stämme (wie die Sachsen) auch mit der Gewalt der Waffen zu bekehren, doch gerade im Falle der Sachsen handelte es sich eher um die Frage der nationalen Einheit, verhüllt in einen Mantel der Mission, und dabei lässt es sich auch anderseits wieder feststellen, dass Karl der Gr. nicht immer auf Unwillen, ja sogar sehr oft auf eine opferbereite Begeisterung stiess. Für die deutsche Literatur wurde erst der französische Einfluss verhängnisvoll, der sich später vor allem in der Form der Clunyazenser Richtung kundgab. Was die reine Bewahrung der altgermanichen Charakterzüge und ihr Umsetzen in den Boden der neuen christlichen Weltanschauung anbetrifft, bekundeten die Germanen eine ebenso grosse Toleranz, wie sie auch noch in der vorliterarischen Zeit die finnische Zauberkunst übernommen, wie sie die den lateinischen Kapitalbuchstaben nachgebildete Runenschrift im fränkischen Reiche der Merowinger verbreitet, wie sie im Falle der Goten den Runenzauber unter griechischem Einfluss ausgebildet haben, und mit welcher Hast sie die fast unüberbrückbare Kluft zwischen ihrer heimatlichen und der römischen Kultur baldigst auszufüllen bestrebt waren und in .Rom aus Besiegten bald zu Erorberern wurden. Also : Ältestes bewahrt mit Treue, Freundlich aufgefasst das Neue ! Wenn bisher das Individuum durch die Gemeinschaft emporgehoben wurde, so hob jetzt im Christentume das Individuum, ein einziger Mensch, der Gottesmensch, die ganze Gemeinschaft der Menschheit durch sein Erlösungswerk empor. War bisher das Blut die Gottheit, so wurde jetzt die Gottheit selbst zu Fleisch und Blut in der Gründung Christi am letzten Abendmahl. Wenn bisher der Mensch auf den Olymp stieg, um, seme Wesenheit den Göttern mitteilend, das Geschlecht der Götter mit einer menschlichen Lebensform vollkommenster Realität zu beschenken, so stieg jetzt in Christus und in der Lehre der Kirche Gott selbst vom Himmel herab, um seine Wesenheit der Menschheit mitteilend das ganze Geschlecht der Menschen und auch einen jeden Einzelnen mit der göttlichen Lebensform vollkommenster Realität zu beschenken. Und es beginnt auf diese Weise zwischen den Anhängern des Christentums und des germanisch-heidnischen Glaubens der grosse Wettkampf, in welchem sich der in die Cötterdämmerung sinkende germanische Glaube mit vielen kleinen Zügen bereichert hat (wie z. B. in den Edda-Liedern), manche Äusserlichkciten der Feste und Zeremonien der katholischen Kirche wieder der germanischen Vorstellung angepasst wurden. Das Christentum war — nach der Auffassung zeitgenössischer Schriftsteller — wie für die Germanen geschaffen. Denn die grösste Stärke und Sensation der christlichen Weltanschauung war ja ebenfalls der Umstand, dass sie zwischen den grössten Gegensätzen, vom unfassbarsten Mysterium bis zur greifbarsten Wirklichkeit die kürzeste Verbindungsbrücke entdeckt hat. Oder gibt es denn zwei enger verschmolzenere und ausgeglichenere Unmöglichkeiten, als die vollkommene Lebensbejahung und -Fülle der christlichen Lebensbetrachtung, und ihr gegenüber eine endgültige Weltverachtung, Weltflucht, welche mit ihr gleichzeitig zu verwirklichen ist? 2 Und der germanische Geist verlegte sich mit seinem ganzen „barbarischen" Ungestüm auf die eigenartige Verkörperlichung dieses unendlich weit zerklüfteten, fast unerreichbaren und unüberquerbaren, dabei doch mit dem Ziele der Verwirklichung zur Aufgabe gestellten christlichen Gegensatzes. Durch die Vorarbeit des irischen Apostels der Alemannen, des hl. Columbanus, eines Propheten voll klassischer Bildung und mit einem weiten Gesichtskreis, angebahnt, durch seinen Schüler, den hl. Gallus, den Gründer des St. Galler Klosters (612), sowie durch die Tätigkeit des hl. Bonifatius und der angelsächsischen Missionäre weiter ausgebildet, werden die Grundlagen einer neuen Kulturarbeit gelegt, deren Pflegestätten die deutschen Klöster sind, besonders dasjenige in Fulda, von Sturmi, dem Bonifatius-Schüler gegründet (744), wo sich irische Duldsamkeit auch der unerbittlichen römischen Richtung des hl. Bonifatius (t 775 ; ein Angelsachse, ehemals Winfried genannt) zum Trotze — dessen Ideal : die Weltmacht des fränkischen Reichs unter dem Schutze des christlich-römischen Geistes, auch später grosse Anziehungskraft haben sollte, — die Förderung der Ausbildung einer eigenartig germanischen Charakteristik zum Ziele gewählt hat. Nur hier konnten solche Werte des germanischen Geistes, wie das Hildebrandslied, unter einigem Schutze stehen. Mit Fulda im Einverständnisse wird dann später in den Klöstern zu Murbach, Reichenau, Weissenburg und Regensburg zuvörderst das Kulturpro1 Güntert, a. a. 0. S. 8. Nr. 23, Taf. 10; S. 9-10, Abb. 27. Taf. 11 ; S. 10, Abb. 27, Taf. 11. 2 Vgl. P. Th. Hoffmann, Der mittelalterliche Mensch, gesehen aus Welt und Umwelt Notkers des Deutschen. Gotha 1922 ; S. 3 ff.