KOZÁKY ISTVÁN: A HALÁLTÁNCOK TÖRTÉNETE II. / Bibliotheca Humanitatis Historica - A Magyar Nemzeti Múzeum művelődéstörténeti kiadványai 5. (Budapest, 1944)
Erster Abschnitt: Germanische Weltanschauungs-elemente im Totentanz
melwerk schreibt Gerd Tellenbach über Otto III. folgendes : „Otto III. war ein echter Ottone, religiös begabt, der Welt der Ideen zugewandt und voll Sehnsucht nach Grösse und glänzenden Taten. Er wollte aber Unvereinbares : sich hingebungsvoll, wie sein Freund Adalbert, aufopfern in weitabgewandter Frömmigkeit und zugleich im Dienste Christi ein mächtiger, ruhmvoller Fürst werden". Der Verfasser ahnte es vielleicht gar nicht, wie tiefgehend er mit diesen Worten den germanischen Charakter dieses jugendlichen Kaisers und zugleich auch die Zwiegestaltigkeit des neuen germanischen Mannesideals so ganz erfasst hat 1 Was die Auffassung über Römertum, Romanentum und über lateinisch-europäische Kultur anbelangt, so haben wir Ungarn in dieser Hinsicht unseren eigenen, geschichtlich bedingten Standpunkt. Wir verdanken unsere ganze staatliche Existenz seit tausend Jahren der lateinisch-europäischen Kultur, sodass wir es nicht als einen Hochverrat gegen unsere eigene Nation empfinden, wenn wir bekennen und zugeben, dass wir in der lateinischen Kultur, eigentlich im antik-klassischen Erbe, die Grundlagen der ganzen europäischen Kultur sehen. Bei uns in Ungarn war die lateinische Sprache bis knapp gegen Mitte des vorigen Jahrhunderts beinahe eine allgemeine Amtssprache, ein allgemeines Verständigungsmittel zwischen den einzelnen Nationalitäten, welche im Laufe der vergangenen tausend Jahre die ungarische Gastfreundschaft auf dem Gebiete des geschichtlichen Ungarnstaates, des von Stephan dem Heiligen, vom ersten König in Ungarn, gegründeten ungarischen Nationalstaates, genossen haben. Das Römertum, und insbesondere das römische Papsttum, bedeutet in unserer Nationalgeschichte eine feste Basis, auf welcher wir trotz der schrecklichen geschichtlichen Plagen fest bestehen und so auf unserer Warte, auf den Felsenklippen der Karpatenkette, Europa tausend Jahre lang gegen das vordringende Barbarentum des Ostens beschützen konnten. Und dieses „Europäertum" erhielten wir gerade durch deutsche Vermittlung, wobei deutscher Kultureinfluss schon seit der Jahrtausendwende — König Stephan wurde schon in der Erschaffung seines Staatssystems durch die Ideen Karls des Grossen beeinflusst — zu einer Rolle ersten Ranges gelangte. Europa hat uns zwar für die ihm geleisteten Dienste nicht immer mit Dank und Anerkennung bezahlt, wie z. B. gerade vor mehr als zwei Jahrzehnten in Trianon. Doch beharren wir fest an jenem schon vom ersten König Stephan verkündeten Grundsatz, das wir durch die Aufnahme des Christentums in die europäische Gemeinschaft aufgenommen wurden, um unsere nationale Eigenheiten gerade durch sie überhaupt behalten zu können. Die grosse Kultur der griechisch-römischen Antike, sowie die germanisch-romanische Färbung der mittelalterlichen gemeineuropäischen lateinischen Kultur ist eben Geschichte und lässt sich heute, nach fast zweitausend Jahren, nicht mehr ableugnen. Alle Völker der Völkerwanderung waren der Vernichtung geweiht und es galt zu jener Zeit, eine feste Basis, eine sichere Grundlage zu finden, welche ihnen eine Erneuerung der nationalen und vitalen Kräfte ermöglichen sollte. Und diese Grundlage war, — konnte, — nur das Christentum sein, als das einzige weltanschauliche System, welches die Stürme der Zeiten vor allen anderen weltanschaulichen Systemen ertragen konnte. Wir Ungarn sind dessen überzeugt, dass das Christentum gleich am Anfang seiner europäischen Verbreitung den einzelnen Völkern gegenüber keine feindliche Gesinnung zeigte und keineswegs nationalfeindlich war. Dies bezeugt ja gerade das Ungartum. Nationale Gesinnung ist bei uns auch heute noch mit christlicher Gesinnung identisch. Wer bei uns nicht christlich denkt, den halten wir auch nicht für einen guten Ungarn. Und wer nicht ungarisch-national denken kann, den halten wir auch nicht mehr für einen guten Christen. Das Christentum hat also nicht alles, besonders nicht das Wesentliche in der Nation zerstört, sondern eher gefördert. Die Apostel haben nach unserer Auffassung nicht aus politischen Gründen die Völker bekehren wollen, und als zur Zeit der Völkerwanderung das Christentum schon „die europäische Kultur" bedeutete, war der Papst sicherlich nicht deswegen der Führer der von Rom aus verbreiteten christlichen Weltanschauungsrichtung, weil er irgendeine politische Macht an sich reissen wollte, sondern weil er sich nicht auf die Seite jener Völker der Völkerwanderung stellen durfte, welche die einzige noch bestehende, ewig menschliche Kulturwelt und alle ihre klassischen Werte mit ihrem barbaren Ungestüm zerstören wollten. Den Kultursinn, welcher heute alles Denkwürdige aufzeichnet, alles Alte sammelt und hochschätzt als ein Zeugnis von der eigentümlichen Geschichte einer Nation, diesen Sinn hat ja gerade das Christentum, die christliche Weltanschauung ans Tageslicht gefördert und genährt. Die Religionen der Völker der Völkerwanderung waren alle in Auflösung begriffen, waren überhaupt nie einheitlich organisiert, sodass es die Führer dieser Völker selbst waren, die in nicht seltenen Fällen selbst zur christlichen Weltanschauung als zu einem letzten Zufluchtsmittel griffen. Es wäre wirklich sehr tendenziös und ungeschichtlich zu behaupten, die Tätigkeit der ersten Missionäre wäre ein Kulturkampf des antiken Römertums gegen die europäischen Völker gewesen. Wenn vielleicht in der Frage der Machtbestrebungen seitens der Päpste Fehler begangen wurden, so sind diese jedesmal aus ihren eigenen Zeitverhältnissen zu beurteilen. Meist geschahen diese Fehler zu einer Zeit, als die staatliche Macht von kulturfeindlichen Elementen streitig gemacht wurde. Aber heute ist dann die Missionstätigkeit wirklich kein „Kulturkampf" mehr, im bösen Sinne dieses hässlichen Wortes genommen. Der Missionär gibt