KOZÁKY ISTVÁN: A HALÁLTÁNCOK TÖRTÉNETE II. / Bibliotheca Humanitatis Historica - A Magyar Nemzeti Múzeum művelődéstörténeti kiadványai 5. (Budapest, 1944)

Erster Abschnitt: Germanische Weltanschauungs-elemente im Totentanz

Regionen zu führen. So wird der Totentanz zum künstlerischen Ausdruck für den christlichen Lebensgedanken. Unser Leben ist eine Wan­derung durch die Zeitlichkeit in die Ewigkeit. Altklassisches Römertum, Germanentum, mittelalterliches Romanentum und Christentum stehen also im Totentanz als Verbündete neben­einander und sind gleich starke, gleich wertvolle und reiche Quellen jener Kunstelemente, aus denen wir den mittelalterlichen Totentanz ab­zuleiten vermögen. 2. Die Grundlagen germanischer Weltanschauung Es stehe mir fern, an dieser Stelle jene grundlegenden Unterschiede zu untersuchen, welche zwischen der weltanschaulichen Ein­stellung des Germanentums und des Romanen­tums bestehen. Ich stelle dem Germanentum mit Absicht das Romanentum entgegen. Nicht weil ich in diesem Gegensatz ein feindliches Gegenüberstehen erblicken möchte. Denn gerade die Gegensätze sind es, welche sich anziehen und eine Kommunikation miteinander suchen. Sie wirken aufeinander sogar nicht einmal abstossend, sondern eher anziehend, wie ja das deutsche Schrifttum seit Cluny und seit Ludwig dem Deutschen bis hinauf zur Zeit Friedrichs d. Grossen unter einem mehr oder minder starken französischen Einfluss stand, und wie sich die Grössten der deutschen Literatur und Kunst, von Goethe bis C. F. Meyer und Böcklin, auf italienischem Boden auf den Höhe­punkt ihrer Kunst schwangen. Eigentlich wollte ich statt Romanentum einfach „Christentum" sagen, denn es entstand ja die ganze mittel­alterliche Weltanschauung aus der Tatsache der Auseinandersetzung der christlichen Weltan­schauung mit der germanischen. Und die christ­liche Weltanschauung wurde ja anfangs in Eu­ropa nur vom Romanentum vertreten. Erst später erhielt die ganze mittelalterliche christliche Welt­anschauung eine germanische Grundlage und Stütze in den Ideen germanischer Missionäre, sodass die mittelalterliche Färbung des christ­lichen Menschenheitsideals in ihrer Eigenart gerade vom Germanentum herrührt. Ich werde es nun versuchen, die weltan­schaulichen Grundlagen des Germanentums so darzustellen, dass sich daraus auch auf die we­sentlichsten Züge der Geschichte der Totentänze praktische und weitgehende Folgerungen ziehen lassen. Auf meiner Suche nach dem Wesen der weltanschaulichen Einstellung des Germanen­tums machte ich den Versuch, folgenden Satz aufzustellen : Germanische Eigenart ist Neigung zur Gegensätzlichkeit. Ich will damit freilich nicht behaupten, dass dies der einzige Charak­terzug des Germanentums sei, aber allerdings der umfassendste. Im tapferen Recken, den seine Kraft nie im Stiche lässt, der, seiner empor­strömenden Abenteuerlust folgend, im Nachruhm sein höchstes irdisches Ziel sieht, erblickten schon Caesar und Tacitus die grösste Stärke der „Germanen", der „Nachbarn". Caesar spricht noch von einem Mangel an Pflichtgefühl und Zucht, weil er das ihm feindlich gegenüberste­hende „barbarische" Volk nicht recht verstand. Aber auch er betont, dass der germanische Ehr­geiz an der Abhärtung des Körpers und an der Ertragung körperlicher Beschwerden seine be­sondere Freude findet. Tacitus preist in sei­nem bekannten Werke über die Völker Ger­maniens die Männer dieser barbarischen Stäm­me als das Sinnbild der einfachen Lebensform, der „nur sich selbst gleichgebliebenen" Ras­senreinheit (I. 4), der Tapferkeit und Treue. Durch den Bericht des Tacitus erfahren wir, dass unter den Lebensaufgaben des germani­schen Mannes der Kampf die Alleinherrschaft führte, d. h. eine auf den Ausgleich der Gegen­sätze gerichtete leidenschaftlich-schwärmerische Begeisterung und die Triebfeder des Kampfes ist immer die Vergötterung der Ehre und Treue. Das germanische Mannesideal, die Freude an scharfen Gegensätzen, die Lust, eine fast ans Unmögliche grenzende Vereinigung zweier gegenüberstehender Pole durchzuführen, hat seine lebendige Wirkung auch zur Zeit des Vordringens christlicher Kultur beibehalten. Auch im Laufe des ganzen Mittelalters, ja so­gar in den Kulturelementen des neuzeitlichen Deutschtums bis hinauf zu Goethe und zu den geistigen und materiellen, zu den politischen, sozialen und weltanschaulichen Kraftproben der jüngsten Gegenwart, bis hinauf zu den Er­lösungsversuchen und Irrfahrten der Nachkriegs­zeit und zur nationalen Neugeburt des heutigen Tages, welche das Deutschtum wieder in den Brennpunkt einer zielbewussten europäischen Zukunft gestellt hat, lässt sich die Spannkraft dieses deutschen Ideals mit Sicherheit verfol­gen. Solche fast unüberbrückbaren Gegensätze, welche sich zwischen die Individuen und das All, zwischen das Ich und die menschliche Ge­meinschaft, zwischen den individuellen Lebens­willen und das Schicksal, zwischen nationale und fremde, nationale und internationale Wert­begriffe, Gegensätze, welche sich zwischen ma­terielle und geistige Güter, zwischen Habgier und die Verneinung des Eigentumsrechtes ein­keilen, Gegensätze zwischen Körperkraft und geistiger Macht, Gegensätze zwischen dem ge­treuen Festhalten am Alten und Traditionellen und dem Trieb zur Reform, zwischen einer festen Prinzipientreue und einer Geschmeidig­keit und Elastizität in der Fügsamkeit des An­passungsvermögens, Gegensätze, welche zwi­schen der heiteren Weltauffassung und den meist von Schicksalsschlägen heimgesuchten rei­nen Zwecken bestehen, das sind die Stufen der weltanschaulichen Entfalh ng des deutschen Menschheitsideals. Mit Recht darf ich hier Goethes Worte zitieren ;

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