KOZÁKY ISTVÁN: A HALÁLTÁNCOK TÖRTÉNETE II. / Bibliotheca Humanitatis Historica - A Magyar Nemzeti Múzeum művelődéstörténeti kiadványai 5. (Budapest, 1944)

Anhang

- XVII ­Beweisführung der Entwicklungsgeschichte der Toten-Tänze aus der Gesamtlegende zu unterstützen, ganz ohne Störung erfüllen. Der ganze Toten-Tanz erstreckt sich auf vier pfeilerartig vorspingende Säulenflächen und auf die zwi­schen diesen Pfeilern befindlichen und übertünchten drei Mauerflächen. Die Pfeilerstreifen sind nicht übertüncht. Sie sind nur in viereckige Felder eingeteilt und der Maler ar­beitete hier auf nackten Steinen. Auf den vier Pfeilerstreifen, welche ich auf der Reproduktion mit den Buchstaben A, B, C und D bezeichne, gestaltete der mittelalterliche Maler selbständige Szenen, währenddessen er die Mauerflächen mit einem fast ununterbrochenen Kettenreigen der Vertreter verschiedener Stände ausfüllte, in welchem Lebende und Tote einander abwechselnd folgen. Die Ursache dieser ver­schiedenartigen Behandlung des Stoffes ist nicht die Ver­schiedenheit der Entstehungszeiten der beiden Bilderflächen oder der ausführenden Maler. Die Weise der Maltechnik, der Darstellung, ja sogar die Farbe sämtlicher Bildflächen ist gleich, und einzelne Gestallen der Pfeilerstreifen greifen in die dazwischen liegende Mauerfläche hinüber oder stellen durch Gebärden oder durch anderwärtige Mittel die Ver­bindung mit den an den Mauerflächen gezeichneten Gestal­ten her. Die einzige Lösungsmöglichkeit der stofflichen Verschiedenheit der Darstellungen beider Bilderflächen liegt in dem Umstände, dass hier die einzelnen Szenen der To­tenlegendenform der Gesamtlegende auf die Vadomorireihe übertragen und auf diese Weise erweitert wurden. Und gerade deswegen ist die einheitliche Deutung der Bilder­reihe schwierig, weil doch die ursprüngliche Gesamtlegende ihren einheitlichen Sinn schon dadurch verloren hat, dass in ihr die Standesvertreter der verschiedenen „Nichtigkei­ten" nach dem Rezept irgendeines Vadomorigedichtes und ganz nach dem Belieben des Malers oder Kompilators vermehrt wurden. Um eine richtige Deutung herbeiführen zu können, muss erstens festgestellt werden, dass die hier abgebildeten skelettierten Leichengestalten nicht „den Tod", sondern Tote personiiizieren wollen. Der Tote nach dem Kinde trägt ja seinen eigenen Sarg auf der Schulter. Dann muss unbedingt zugegeben werden, dass sich diese Toten mit wenig Ausnahme feindlich benehmen. Sie haben Waf­fen, schiessen mit Pfeilen aui einzelne Standesvertreter (vgl. die Szene C), benehmen sich also ganz so, wie die Toten der Trient Basler Totenlegendenform. Obwohl dieser Toten-Tanz von keinem Texte hegleitet wird, kann uns ein Vergleich mit den übrigen Totentanz- und Gesamtlegenden­texlen sehr gute Dienste leisten. Endlich darf nicht ausser Acht gelassen werden, dass der Maler den Totentanz als eine einzige Szene aufgefasst hat. So sehr, dass er sogar die zeitlich voneinander entfernten Szenen der Gesamtlegende in den einen von ihm erfundenen Rahmen gedrängt hat. Vor allem ist nicht zu vergessen, dass sich alles vor der Kanzel des Predigers abspielt. Sämtliche Vorgänge des Bildes sind Szenen einer Geschichte, welche der Prediger auf der Kanzel als „Beispiel" in seine an den Zuschauer gerichtete Predigt flocht. Diese Einheil des Ortes, der Zeit und der Handlung wollte der Maler auch dadurch betonen, dass er den Prediger am Ende der ganzen Bilderreihe, welche das zeitliche Nacheinander der Geschehnisse in ein räumliches Nebeneinander verwandeln musste, noch ein­mal wiederholt hat. Es ist „der visionäre Mann", der nach der ursprünglichen Fassung die Visionen selbst erlebt hat und nun das selbst Erlebte in Schrift und Wort in erster Person erzählt, wie das auch in der Visio Philiberti (Con­flictus animae et corporis) der Fall ist. Der Prediger am Anfang und am Ende des Bildes ist ein und dieselbe Per­son. nur zweimal abgebildet, um dadurch fühlbar zu ma­chen. dass es sich um eine „Rahmenerzählung" handle. Der Prediger ist nach der ursprünglichen Intention der Dichter und Maler der „erweiterten Gesamtlegendenvarian­ten" der „visionäre Eremit", der „bekehrte Mann", bzw. „Everyman" selbst. Nun erzählt aber in La Chaise Dieu dieser „Everyman", dieser Prediger, der am unteren Ende des Bildes aus einem Schriftstücke die Handlung der gan­zen „Visionsgeschichte" vorliest, nicht seine eigene Vi­sion mehr, sondern die Vision eines anderen Mannes, dem der Maler nicht die gleichen Gesichtszüge gab, wie ihm, da er ihn schon als einen bärtigen Mann darstellt (In der Mitte der Szene D). Der Prediger auf der Kanzel und am unteren Ende des Bildes richtet also seine Ermahnungen und Leh­ren an die Zuschauer des Bildes. Was der Inhalt seiner Lehre ist, das lässt sich auch so, ohne Text, in grosser, Allgemeinheit feststellen. Auf der Kanzel zählt er mit der rechten Hand auf den Fingern der linken. Was wollte damit der Maler andeuten ? Sicherlich irgendeinen Ge­danken der Einleitung eines Legendentextes. Von der Kanzel links hat er Adam und Eva mit dem Baume der Erkenntnis dargestellt. Und auf dem Baume die Schlange mit Totenkopf. Im Kampfe der Tugenden und Sünden hat also noch im Paradiese die Sünde gesiegt und durch eine Sünde trat der Tod in die Welt. Die Schlange mit dem Totenkopf ist der Teufel und die „Everyman-Todesgestalt" in einer Person. Ja, wie wir es schon im ersten Bande die­ses Werkes gezeigt haben (vgl. dort GTT Bd. I. Tafel V, Fig. 1—2), galt diese Szene als Illustration des Xlll. Buches aus dem Werke vom hl. Augustinus „De civitate Dei" im Mittelalter als ein Bild des Everyman-Begriffes und dort ist aus dem Leichnam Adams die „Everyman-Todesgestalt" ausgebildet worden. Der Prediger also weist mit seiner zählenden Hand auf diese' eine Sünde hin. Aber auch ein anderer kirchlicher Gedanke kann dahinter stecken : So wie die Sünde durch einen Menschen in die Welt zog und mit ihr der Tod, so wurde die Menschheit wieder durch einen Menschen, Christus, von der Sünde erlöst. Und noch eine dritte Bedeutung kann die zählende Hand des Predigers haben. Am Anfang des Heidelberger vier­zeiligen lateinischen und oberdeutschen Todtentanztextes heisst es, dass wir von zwei Worten beunruhigt werden : Das eine Wort heisst „Kommt 1", das andere aber „Geht !" Beide Worte sagt Christus am Jüngsten Gerichte. Nur das erste gilt den Guten und das zweite den Verdammten. Auch am Toten-Tanz-Bilde zu La Chaise-Dieu spielt sich ein Gericht ab ; das Judicium Particulare. Es ist das Urteil, welches Gott gleich nach dem Tode über einen jeden Menschen hält. Und die Vollstrecker dieses ersten Gerich­tes sind auf dem Legendenbilde in Subiaco und Pisa die apokalyptische, triumphierende Everyman-Todesgestalt und in Clusone die Toten der Trient-Basler Totenlegende, welche dort die Rolle des Todes spielen. Bei diesem Gericht, welches auf den genannten Gesamtlegendenbildern der Tod oder die Toten vollziehen, liegen die soeben sterben­den Vetreter der verschiedenen menschlichen Stände in einem grossen Haufen am Boden, denn diese Szene stand noch unter dem unmittelbaren Einflüsse der Pctrarca-Tri­onfi. Nun vollzieht sich auf dem Bilde zu La Chaise-Dieu ebenfalls ein Gericht. Es ist dies nicht das Jüngste Gericht, sondern nur eine Reihe von sterbenden Vertretern irdischer Stände, Gute und Böse, werden abgeurteilt. Und das Urteil vollziehen die triumphierenden Toten, welche die Rolle des Everyman-Todes spielen. Nur an einer Stelle trägt der Totenleichnam das bekannte Abzeichen dieser Everyman­Todesgestalt : der Tote, welcher dem Papste vorangeht, der noch auf dem Pfeilerstreifen A steht und scheinbar eine Sense in der Hand hält. Viel Sorge bereitet den For­schern noch die vor der Kanzel des Predigers sitzende Gestalt, von der man schwerlich sagen kann, ob sie einen Geistlichen darstellen will und ob das in ihren Händen gehaltene Instrument wirklich eine Dudelsackpfeife sei. Denn an derselben Stelle sitzt auf dem Revaler Todestanz wirklich ein Skelett, das die Dudelsackpfeife bläst. Auch am Anfang des Todestanzes in der Marienkirche zu Berlin spielt ein Teufel dieses „teuflische" Instrument. Sollte diese Gestalt wirklich ein Dudelsackpfeifer sein, so denke man daran, dass der Prediger am Anfange des spanischen Todes-Tanzes ebenfalls auf die furchtbare ..Todesmusik" aufmerksam macht. Wenn aber diese sitzende Gestalt kein Dudelsackpfeifer ist. so muss daran erinnert werden, dass es in den romanischen Ländern auch heute noch liturgi­sche Sitte ist, den Prediger mit einem Teil der Assistenz zur Kanzel zu begleiten und sich dann während der Pre­digt um die Kanzel aufzustellen oder niederzusetzen. Was die Deutung des ganzen Bildes anbelangt, muss noch her­vorgehoben werden, dass die Darstellungen des PEeiler­streifens B nicht lückenlos erhalten blieben. Auch Jubinal hat hier eine Stelle für „zwei Paare" freigelassen, weil hier das Fresko von einer in neuerer Zeit vorgebauten Kanzel­treppe völlig verdeckt wurde (vgl. hier Fig. 1 ). Ja sogar ein Teil der darauf folgenden Mauerlläche ist beschädigt (vgl. hier Fig. 2.) — Die Lösung des wahren Inhalts der auf dem ersten Toten-Tanz in La Chaise-Dieu dargestellten Vorgänge war deswegen nicht möglich, weil man die

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