KOZÁKY ISTVÁN: A HALÁLTÁNCOK TÖRTÉNETE I. / Bibliotheca Humanitatis Historica - A Magyar Nemzeti Múzeum művelődéstörténeti kiadványai 1. (Budapest, 1936)

ZWEITER TEIL. Entstehungsgeschichte der Grundmotive des Totentanzes

- 82 ­und Beweinungsszene bearbeitet, sondern auch die antike, mythologische Form des Sterbens beibehalten. Es ist nicht von einem „Thanatos" die Rede, der die Menschen als ein „Todesgott" abholt, „tötet" und in die Unterwelt führt, sondern der Tod tritt ein, wenn die Schicksalsgöttin Atropos den Faden des Lebens abschneidet. Und wie auf einen Wink dieser Schicksalsgöttin erscheint Merkur, der „holde Totenführer", dem die Seele des Sterbenden, wie dem Ruf der Schicksalsgöttin selbst, folgen muss. Die Seele widerstrebt der Macht Merkurs, der die See­len nicht einzeln, sondern scharenweise, wie ein Hirt 1 bis ans Ufer des Flusses der Unterwelt treibt, wo sie Aeakus, der Pförtner zählt und Charon mit Klotho gemeinsam übernimmt und auf das andere Ufer hinübersetzt. Der Tyrann bittet umsonst um eine kleine Zeitfrist, um wieder auf die Oberwelt zurückkehren zu dürfen. Er bietet — wie später Everyman — Geld und Reichtümer an, aber vergebens, denn niemand kann seine Seele von der Unterwelt zurückkaufen 2. Weil er in der Welt immer der Erste war, muss er in der Unterwelt sogar dulden, dass man ihm einen Schuster auf die Schulter setzt. Mit furchtba­rer Enttäuschung muss er sehen, dass ihm keine Würde, kein Reichtum hilft. Im Totenbette leblos liegend muss er erfahren, wie sein Totenkörper von den Sklaven verspottet, bespuckt wird. Erst jetzt muss er von Klotho erfahren, wie falsch seine Freunde sind, auf die er so viel gehofft hat, die für ihn scheinbar ihr Leben aufzuopfern bereit gewesen wären. Jetzt muss der Tyrann einsehen — wie später Everyman in der arabischen Freundschafts­probe, — dass ihm kein einziger Freund helfen will und kann. Am anderen Ufer kommen die Toten in Stock­finsternis an, und Micyllus, der Schuster, sowie der in den Zeremonien der „Eleusinischen Mysterien" be­wanderte Cyniskus bemerken, dass diese Finsternis jener der genannten Mysterien ähnlich ist, und ihre Illusion, als würden sie einem jener Mysterien bei­wohnen, wird dadurch gestärkt, dass eine Fackel­trägerin mit furchtbarem Aussehen, eine Erinnys erscheint. Diese Stelle ist also für die Kenntnis des geheimnisvollen Wesens der Eleusinischen Mysterien, sowie für die Quellenforschung der Everyman-Le­gende und Everyman-Todesgestalt sehr bedeutend. In der Finsternis dieser Mysterien musste also auch eine Fackelträgerin, eine Furie mit Flügeln und Schlangen erscheinen, durch die der Sünder gepei­nigt oder sogar getötet wurde. In der späteren My­thologie kommen mehrere Erinnyen vor, die auf der Erde jede Missetat ..mit furchtbaren Schreckensbil­dern verfolgen. In Äschylus' „Eumeniden" verfolgt die Erinnys den Orestes wegen seiner Sünde und erst als ibn der athenische Äreopag vermittelst der Einschreitung der Athene losspricht, wird aus der peinigenden Furie ein guter Geist mit mildem Weibesgesicht. Auf Fresken wird die Erinnys nicht so grausam gezeichnet, wie das die Dichter vorstel­len, sie ist eine ruhig dastehende, langbekleidete Frau mit mildem Ernst, die als Hüterin der Sitte nur die Sünden verfolgt. Wenn sie einen Sünder ver­folgt, so ist sie kurzgeschürzt, fliegt mit ihren grossen Flügeln rasch dahinsausend und trägt als Amazone verkleidet, eine von Schlangen umwun­dene, hell auflodernde Fackel und ist mit Geis­sei, Lanzen oder Schwertern bewaffnet. Sie ist also das Urbild jener „Todesfurie", die mit dem mittelalterlichen und orientalischen Teufelstod ver­1 s. Ps. 48 (49.) is. 2 s. Matth. 16, 26. mengt wurde. Die antike Mythologie hat drei Furien fixiert : Tisiphone (die den Mord Rächende), Alekto (die unversöhnlich Grollende) und Megaira (die Neidische). Alle diese Furien aber werden zu wohl­wollenden Geistern, zu „Eumeniden", wenn sich der verfolgte Sünder bekehrt, wie später der den Sündern feindliche (Seelen-) Teufels-Tod den Guten gegenüber freundlich und milde ist (s. z. B. História Josephi fabri lignarii). Die Eleusinischen Mysterien bildeten einen ge­heimen Gottesdienst der Demeter und Persephone. Ursprünglich war dieser Gottesdienst nur ein Ernte­fest. Später unter merklich orientalischem, kretisch­messinischem Einfluss wurde'n die auf den Raub und die Wiederkunft der Persephone bezüglichen, symbolischen Handlungen eines altertümlichen To­tenkultes vorgenommen. Unter der Herrschaft der Pisistratiden wurden sie mit dionysischen Elementen bereichert. Die Feiern fanden im Herbst vom 15. bis 25. Boedromion (September oder Oktober) statt. In die Mysterien konnte jeder freigeborne Grieche eingeweiht werden, nachdem er eine Art von Vor­kursus mitgemacht hat. Ein Jahr nach der Einweihe bekamen die Eingeweihten, die Mysten, die höhere Weihe der Epopten, d. i. Schauenden. Am 19. zo­gen die zur Feier Zugelassenen mit dem Bilde des jugendlichen Bakchos (Jakchos) in einer Prozession nach Eleusis. Am 20. hielten die Teilnehmer eine grosse nächtliche Feier, die mit Tanz und Gesang verbunden war. Es ist nicht unwahr­scheinlich, dass das noch zu besprechende ara­bische „Kirchhofsspiel", „danse macabre", mit ei­nem derartigen nächtlichen Tanz der Eleusinischen oder Orphischen Mysterien zusammenhängt, den auch die Araber übernommen haben. Die Priester haben nach der vollendeten Tanzfeier die Geschichte der Demeter und Persephone, die Verbindung der Persephone mit dem zum Reichtumspender Pluton umgewandelten Hades szenisch aufgeführt. Auch die Qualen des Tartarus und die Freuden des Elysiums wurden dargestellt. Hierauf folgte die Vor­führung des Todes und der Wiedergeburt des Jak­chos-Zagreus, des Sohnes oder Bruders der Per­sephone. Die Handlung wurde von einem Priester, Hierophantes, erklärt und von einem Sängerchor begleitet. Während des Spieles herrschte vollständige Finsternis, um die Zuschauer mysteriöser zu stim­men. Zum Schluss wurden zwei kreisförmige Ge­fässe gefüllt und nach Westen, der Gegend des To­des, sowie nach Osten, der Gegend der Auferste­hung hingegossen. Gerade die Anspielung auf die Finsternis, die während der Mysterien herrscht, und die Be­merkung der Ähnlichkeit der Fackelträgerin Tisi­phone mit einer in jenen Mysterien auftretenden Gestalt Iässt nicht ohne Grund vermuten, dass Luki­anos den Inhalt jener Spiele näher gekannt hat, als wir, und dass er in seinen Totengesprächen, sowie in der Überfahrt des Tyrannen mehrmals aus der reichen Quelle dieser Mysterien schöpfte. Es ist so­gar nicht unmöglich, dass jene „Nichtigkeiten", so­wie die Motive der ausdrücklich orientalischen Everyman-Legende durch die Eleusinischen Mysterien an ihn und an das ganze Mittelalter weitergeleitet wurden. Die Darstellung des Zustandes der Toten in der Unterwelt, sowie die auftretende Todesge­stalt waren gewiss wesentliche Bestandteile jener Mysterien, deren Inhalt hauptsächlich symbolisch war. Die symbolischen Darstellungen jener römischen Intaglien, 3 auf denen ebenfalls eine Fackelträger­3 s. Tal. I. Fig. 17—19.

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